Rheinische Post Erkelenz

Die Katze, die niemand wollte

Die Tierheime sind bundesweit hoffnungsl­os überlastet. Viele Tiere gelten dabei als „unvermitte­lbar“– wie Yara, die als „Schreikatz­e“galt. Petra Bungarten hat ein Buch darüber geschriebe­n, warum auch solche Tiere eine Chance verdient haben.

- VON CHRISTOS PASVANTIS

Die Tierheime in ganz Deutschlan­d gelten als hoffnungsl­os überlastet, nicht zuletzt aufgrund des Haustier-Booms während der Coronapand­emie. Und dennoch zahlen viele Menschen lieber viel Geld für einen Hund oder eine Katze vom Züchter, statt einem Tier aus dem Tierheim ein neues Zuhause zu geben. Viele Vierbeiner im Tierheim gelten gar als unvermitte­lbar, weil sie schlimme Dinge erlebt oder sonderbare Charaktere­igenschaft­en haben. Letzteres trifft zweifelsoh­ne auch auf Yara zu. Von ihren ersten fünf Lebensjahr­en hat sie drei im Tierheim verbracht, zwei Halterinne­n kamen nicht mit ihr zurecht. Jetzt wohnt sie bei Petra Bungarten. Die 63-Jährige, die lange in Erkelenz und Rheydt wohnte und mittlerwei­le in Hürth heimisch geworden ist, hat über ihre tollen Erfahrunge­n mit ihrer Katze nun ein Buch geschriebe­n: „Die Katze ist nicht das Problem oder Wie Yara lernte, auf dem Gras zu tanzen“ist vor Kurzem erschienen.

„Ich will mit diesem Buch auch zeigen, dass es sich lohnt, solchen Tieren eine Chance zu geben. Es bricht mir das Herz zu sehen, dass Tiere ihr Leben lang im Tierheim eingesperr­t sein müssen“, sagt Bungarten. So schien auch Yara, die 2022 in der WDR-Show „Tiere suchen ein Zuhause“vorgestell­t wurde, auf den ersten Blick ein sehr spezieller Fall zu sein. „Yara ist ein hochsensit­ives Tier. Wenn etwas überrasche­ndes passiert, und das kann schon ein lauter Ton sein, dann flippt sie komplett aus“, erklärt Bungarten. „Sie legt ihre Ohren nach hinten und fängt richtig an zu schreien. Das ist ein Geräusch, das

man von Katzen kaum kennt, es erinnert eher an einen Tiger“, sagt sie.

Bungarten, die wieder auf der Suche nach einer Katze war, nachdem ihr alter Kater gestorben war, hatte den Beitrag im WDR zwar nicht gesehen, nachträgli­ch aber davon gehört. Schnell war ihr klar, dass sie dem Tier helfen will. „Ich habe ein Faible für sogenannte B-Ware, für Abgegebene, Nichtgewol­lte oder Zugelaufen­e“, sagt sie.

Und die Erfahrunge­n, die sie in knapp anderthalb Jahren mit ihrer neuen Katze gemacht hat, haben sie nicht enttäuscht: „Yara war lieb, hat geschmust.“Und doch waren da natürlich die Schreianfä­lle, zum Beispiel wenn der Wecker klingelte oder die Kaffeemasc­hine zu laut war. Bungarten habe jedoch richtig reagiert und der Katze alle Zeit gegeben: „Yara hat gemerkt, dass ihr hier nichts passiert, wenn sie einen Anfall kriegt. Sie hat gelernt, dass solche überrasche­nden Geräusche

zum Alltag gehören.“Ihr Verhalten habe sich stark verbessert. Erst recht, als sie das erste Mal in den Garten durfte – es war vermutlich das erste Mal seit vielen Jahren, dass die Katze frei war. „Ich habe noch nie erlebt, dass sich ein Tier so über seine Freiheit gefreut hat. Als sie ihre Pfötchen aufs Gras gesetzt hat, war es, als wenn sie wach geworden sei.“Die Katze habe regelrecht

auf dem Gras getanzt – und das sei letztlich auch der Titel ihres Buchs geworden.

Ihrer Schwägerin, die Mönchengla­dbacher Autorin Heidi Hensges, berichtete Bungarten regelmäßig per WhatsApp von den Entwicklun­gen – und zwar so unterhalts­am, dass Hensges sie überzeugte, gleich ein Buch zu schreiben. Das hat Bungarten getan, und zwar

hauptsächl­ich aus Sicht der Katze. Das Buch soll auch Mut machen – und aufzeigen, dass häufig nicht die Katze, sondern der oder die Halterin für Probleme sorgt. „Man sagt das ja auch gerne bei Hunden: Das wahre Problem ist häufig am anderen Ende der Leine“, erklärt die Autorin.

„Ich beschreibe aus Sicht von Yara, wie sie die Situation um sich herum erlebt, zum Beispiel ihre Vermittlun­g“, erklärt Bungarten. Alle Nettoeinna­hmen aus den Verkäufen des Buchs will sie an Tierheime und Katzenschu­tzorganisa­tionen spenden. Denn dort werde eine tolle Arbeit gemacht. Gleichzeit­ig will Bungarten dafür werben, auch älteren Tieren aus dem Tierheim eine Chance zu geben. „Ich habe schon häufig gehört, dass Senioren sich im gehobenen Alter noch eine junge Katze zulegen. Da ist der Weg doch schon vorprogram­miert. Auch an Katzen wie Yara kann man sehr viel Freude haben.“

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FOTO: J. ESSER Die Schreikatz­e Yara auf ihrer Erkundungs­tour im Garten – nun ist sie auch im Buch von Ziehmutter Petra Bungarten verewigt.
 ?? FOTO: BUNGARTEN ?? Autorin Petra Bungarten mit ihrer Katze Yara.
FOTO: BUNGARTEN Autorin Petra Bungarten mit ihrer Katze Yara.

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