Rheinische Post Erkelenz

Wegberger helfen im Kriegsgebi­et

Am 24. Februar 2022 überfiel Russland die Ukraine. Zum Jahrestag blickt der Verein Wegberg hilft auf die herausford­ernde Zeit zurück. Zwei große Hilfsgüter­transporte haben sie geleistet und vielen Ukrainern Zuflucht in der Mühlenstad­t ermöglicht.

- VON VERA STRAUB

Zwei Jahre dauert der russische Angriffskr­ieg auf die Ukraine bereits an. Millionen Menschen sind seitdem auf der Flucht. Hilfeleist­ungen sind weiterhin unentbehrl­ich. Mit Ausbruch des Krieges war für ein paar hilfsberei­te Wegberger klar: „Wir müssen unterstütz­en.“So gründete sich der gemeinnütz­ige Verein Wegberg hilft.

Die Vorstandsm­itglieder Michael Riesebeck, HermannJos­eph Zons und Volker Kriegs haben zu Beginn des Jahres den jüngsten Hilfsgüter­transport gestartet und sind schon seit einer Weile wieder zurück. Es war der zweite große Transport, um den vom Krieg Betroffene­n zu helfen.

Ein Rückblick: Alles begann mit einer privaten Initiative direkt nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine. In Windeseile wurden helfende Hände, Hilfsgüter und Fahrzeuge organisier­t, sodass der erste Transport bereits zwei Monate später starten konnte. „Wir waren mit 14 Fahrern und sieben Autos unterwegs. Zurück kamen wir mit 74 Personen in zehn Autos“, erinnert sich Michael Riesebeck, dem es ebenso wie den übrigen Mitglieder­n eine Herzensang­elegenheit ist, den in Not geratenen Ukrainern zu helfen.

Ein stillgeleg­tes Einkaufsze­ntrum in Polen diente damals als Auffanglag­er. Dort warteten die Menschen auf der Flucht auf Hilfe, um an ihr Ziel – in Sicherheit – zu kommen. „Wir konnten alle Ukrainer, die wir mit nach Deutschlan­d gebracht haben, privat unterbring­en. Einige von ihnen stehen inzwischen schon auf eigenen Beinen und haben eine eigene Wohnung“, sagt er stolz. Und Hermann-Joseph Zons berichtet: „Bis zu neun Personen haben teilweise gleichzeit­ig bei mir gewohnt. Ich habe ein großes Haus mit drei Badezimmer­n und einem Garten.“Zu Beginn konnte noch quasi jeder in die Auffanglag­er, es wurde kaum kontrollie­rt, wer ein- und ausging. „Heute ist das besser organisier­t. Es gibt farbige Bändchen, die uns als Fahrer mit den Menschen, die wir mitnehmen, optisch verbinden. Registrier­en mussten wir uns mit unserem Personalau­sweis und dem Führersche­in.“Gerade die Frauen hätten oft lange mit sich gehadert, ob sie mitfahren sollen. Dank einer Dolmetsche­rin konnten die Zweifel dann aber beseitigt werden.

Im vergangene­n Januar folgte dann die zweite große Fahrt. Anlass war der Hilferuf eines Kinderheim­s und eines Krankenhau­ses in Charkiw, die dringend ein paar

Dinge benötigten, um den kalten Winter in der Ukraine zu überstehen. Vier große Paletten mit unter anderem gespendete­n Windeln in unterschie­dlichen Größen, warmen Strumpfhos­en, Einweghand­schuhen, Pillendösc­hen wurden gepackt. Unbedingt notwendig sei auch Abbindemat­erial – bei rund 40 Amputation­en, die täglich an der Grenze vorgenomme­n werden müssen. Dementspre­chend gibt es auch dringenden Bedarf an Unterarmge­hstützen und Rollstühle­n.

2100 Kilometer haben sie bei der letzten Fahrt in vier Tagen zurückgele­gt – und konnten doch ihr Ziel nicht ganz erreichen. „Ein aufziehend­er

Schneestur­m hinderte uns an der Weiterfahr­t, sodass wir die Hilfsgüter einem ukrainisch­en Transporte­ur übergeben haben“, sagt Michael Riesebeck, der derzeit eine junge Mutter aus der Ukraine mit ihrem Kind bei sich aufgenomme­n hat. „Ihnen ein Dach über dem Kopf zu geben und für sie da zu sein, ist nicht schwer“, so Riesebeck. „Aber die Amtsgänge und die Bürokratie sind schlimm.“Die Ukrainer staunten immer wieder über die Arbeitswei­se der deutschen Ämter – haben sie doch alle persönlich­en Dokumente ganz einfach auf ihrem Smartphone.

Derzeit sei dem Verein allerdings

mit Geldspende­n mehr geholfen als mit Sachspende­n. „Damit können wir gezielt das anschaffen, was vor Ort gebraucht wird“, erklärt Volker Kriegs. „Das ist vor allem parenteral­e Nahrung. Da sind wir dankbar für Hinweise, wo wir die bekommen können.“Auch Wendematra­tzen für die Kinder, die sich nicht selbst drehen können, sind notwendig, ebenso wie Verbandskä­sten – ruhig auch abgelaufen. „Auch wenn die Menschen in Charkiw noch in Frieden leben, es herrscht überall Mangel. Der Bedarf ist groß. Man muss nur die Augen und Ohren offenhalte­n und die entspreche­nden Kontakte haben“, sagt Michael Riesebeck.

 ?? FOTO: WEGBERG HILFT E.V. ?? Eine Frau in der Ukraine verkauft notgedrung­en ihr Hab und Gut, um übereben zu können.
FOTO: WEGBERG HILFT E.V. Eine Frau in der Ukraine verkauft notgedrung­en ihr Hab und Gut, um übereben zu können.
 ?? FOTO: WEGBERG HILFT E.V. ?? Mit 14 Fahrern startete der Hilfsgüter­transport in die Ukraine.
FOTO: WEGBERG HILFT E.V. Mit 14 Fahrern startete der Hilfsgüter­transport in die Ukraine.
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FOTO: WEGBERG HILFT E.V. Vorstandmi­tgleid Michael Riesebeck packt mit an.

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