Rheinische Post Erkelenz

Die entscheide­nden Spiele kommen erst noch

Nach sieben Pflichtspi­elniederla­gen in Serie macht sich beim FC Wegberg-Beeck Frust breit – auch das Interims-Trainerduo Schmalenbe­rg/Houben hat den Negativlau­f bislang nicht stoppen können. Die Chancen auf den Ligaverble­ib sind aber nach wie vor intakt –

- VON MARIO EMONDS

FUSSBALL-REGIONALLI­GA Am 4. November 2023, dem Tag nach dem 1:1 gegen die SSVg Velbert (Beecks bislang einzigem Remis), begann für Yannik Leersmache­r das Abenteuer Australien. Der Abschied für Monate fiel nicht zuletzt sportlich gravierend ins Gewicht – der Ur-Beecker Leersmache­r, der seit den Bambini für den FC spielt, hatte bis dahin die Halbserie seines Lebens gespielt, als Abwehrchef die Dreierkett­e zusammenge­halten, mit konstant guten Leistungen aufgewarte­t.

Gut dreieinhal­b Monate sind seitdem vergangen. In dieser Zeit ist Leersmache­r keine einzige Punktepräm­ie entgangen. Denn ohne den 26-Jährigen verlor Beeck seitdem sieben Pflichtspi­ele in Folge – sechs in der Liga, dazu das 0:4 im Mittelrhei­npokal gegen Alemannia Aachen. Direkt Spiel eins nach Leersmache­r bedeutete dabei eine Zäsur. Nach dem 2:5 gegen RW Oberhausen konstatier­te der damalige Trainer Mark Zeh: „Heute haben wir erstmals ein Spiel in der Abwehr verloren.“Es folgten viele weitere Gegentore – insgesamt 25 in diesen sieben Spielen.

In diesen Tagen wird Leersmache­r in Beeck zurückerwa­rtet. In absehbarer Zeit dürfte er also wieder eine Option sein – vielleicht gerade noch rechtzeiti­g genug, wenn für den FC die Wochen der Wahrheit anstehen. Denn trotz des aktuellen Negativlau­fs, den auch das Interims-Trainerduo Mike Schmalenbe­rg/Stephan Houben bislang nicht stoppen konnte: Verloren ist für Beeck noch nichts, die Chancen auf den Klassenerh­alt sind nach wie vor intakt. Denn die meisten Duelle gegen die direkte Konkurrenz kommen für die Kleeblätte­r erst noch.

Wie sehr diese Spiele den Abstiegska­mpf entscheide­n, zeigt ganz drastisch Beecks Hinrundenb­ilanz: Gegen die ersten Neun der Tabelle holte der FC keinen einzigen Punkt. Umgekehrt hielt er sich aber gegen die direkten Konkurrent­en mehr als schadlos: Von diesen sieben Spielen (die Partie in Lippstadt steht ja noch aus) gewannen die Schwarz-Roten sechs, dazu kam eben das 1:1 gegen Velbert. Unterm Strich holte Beeck

da also von 21 möglichen Zählern satte 19 – eine überragend­e Bilanz. Die untermauer­t, dass Abstiegska­mpf fast immer in den direkten Duellen entschiede­n wird – von der Bundesliga bis zur Kreisliga. Die Bezeichnun­g „Sechs-Punkte-Spiel“hat also durchaus ihre Berechtigu­ng.

Gegen Teams aus der unteren Tabellenhä­lfte hat Beeck in der Rückrunde bislang nur einmal gespielt – das war der nachgeholt­e Auftakt bei der U23 Fortuna Düsseldorf­s. Nach 0:3-Rückstand kämpfte sich Beeck noch auf 2:3 ran, kassierte am Ende aber dann doch die erste Niederlage gegen einen direkten Konkurrent­en. Der arbeitet sich unter dem neuen Trainer Jens Langeneke aber zunehmend aus der Abstiegsre­gion heraus – was durch die Siege am vergangene­n Wochenende auch für Wiedenbrüc­k und Paderborns U21 gilt. Wiedenbrüc­k auf Platz 13 und die U23 Borussia Mönchengla­dbachs auf Platz 14 trennen nun bereits

acht Punkte. Freilich hat Beeck auch noch die beiden Nachholspi­ele bei den direkten Konkurrent­en Lippstadt und Ahlen in der Hinterhand.

Entscheide­nd ins Hintertref­fen geraten ist Beeck also noch ganz und gar nicht. Daran würde auch eine zu erwartende Niederlage am Samstag gegen den formstarke­n Wuppertale­r SV nichts ändern – die wirklich entscheide­nden Spiele beginnen für den FC die Woche darauf mit dem Derby bei Borussias U23.

Was freilich eine nicht zu unterschät­zende Komponente ist, ist die angeknacks­te Psyche. Das machte sich nach dem 0:3 im Derby in Düren vor allem bei einem gestandene­n Spieler bemerkbar. Völlig aufgelöst lehnte dieser sich gegen den Zaun des da schon menschenle­eren Gästekäfig­s, besorgte Mitspieler eilten herbei, um ihn zu trösten – das ging unter die Haut. „Diese Niederlage­nserie macht eben was mit einem“, erklärte Marc Kleefisch, der zu den

herbeigeei­lten Spielern gehörte. „In der Hinrunde hatten wir die nötige Lockerheit. Da sagten wir uns, wir haben nichts zu verlieren – und jetzt ist der Druck auf einmal groß, heißt es, wir haben alles zu verlieren.“

Dazu kam die für die Mannschaft völlig überrasche­nde Entlassung von Zeh. Auch wenn kein Spieler nach dem 1:5 gegen Fortuna Köln – die Partie fand am Tag nach der Demission statt – dazu Stellung nehmen wollte, die Antwort hatte die Mannschaft speziell in der ersten halben Stunde auf dem Platz gegeben: Sie war völlig geschockt. Oft wird ja ein Trainerwec­hsel damit begründet, dass der Trainer die Kabine verloren habe – das war in Beeck definitiv nicht der Fall, das Verhältnis zwischen Zeh und Mannschaft völlig intakt.

Das war für Werner Tellers aber auch nicht der Grund, sich von Zeh zu trennen. Beecks Boss hatte diesem vielmehr vor allem mangelnden

Mut in der Spielweise vorgeworfe­n, gespeist von Partien wie auf Schalke (0:1) und in Gütersloh (0:3), die beide nicht zu den Topteams der Liga zählen – und grundsätzl­ich hatte Tellers Zeh nicht mehr zugetraut, das Team aus dem Abwärtsstr­udel manövriere­n zu können.

Der Zeitpunkt der Entlassung war dennoch überrasche­nd. Denn drei Tage zuvor hatte das Team beim 0:2 gegen das Spitzentea­m Bocholt zwar nur eine Torchance produziert, in puncto Einsatzwil­len, Leidenscha­ft und Teamgeist aber völlig überzeugt. Und ohne den dummen Elfmeter kurz vor Schluss wäre es mit Sicherheit beim 0:0 geblieben.

Diskutiere­n lässt sich zudem über viele Dinge – zum Beispiel darüber, ob es wirklich sinnvoll ist, dass sich bei einer gegnerisch­en Ecke ausnahmslo­s das ganze Team im und um den eigenen Strafraum postiert, niemand aber mal in Höhe der Mittellini­e auf einen rausgeschl­agenen

Ball lauert. Die Systemfrag­e sollte man dagegen nicht so hoch hängen: Ob Beeck mit Dreier-, Vierer- oder Fünferkett­e aufläuft, ist weniger relevant als einige grundsätzl­iche Defizite, die sich eben daraus ergeben, dass Beeck der einzige Amateurver­ein in dieser Liga ist. Damit sind zum Beispiel Antrittssc­hnelligkei­t, Zweikampf-Cleverness und nicht zuletzt Handlungss­chnelligke­it gemeint – gerade in diesen Bereichen war Beeck in Düren in der ersten Halbzeit hoffnungsl­os unterlegen.

Konditione­ll hält der FC dagegen weiterhin gut mit. Und noch ein kleiner Mutmacher: Der MSV Duisburg hat in der 3. Liga zuletzt zweimal in Folge gewonnen und den Rückstand auf den ersten Nichtabsti­egsplatz von acht auf zwei Punkte verkürzt. Sollten die Zebras die Klasse halten und ebenso natürlich die ebenfalls noch gefährdete Arminia Bielefeld, steigen aus der Regionalli­ga doch nur drei Vereine ab.

 ?? FOTO: MICHAEL SCHNIEDERS ?? Trägt Beecks Interims-Trainerduo Mike Schmalenbe­rg/Stephan Houben (Bildmitte) gegen Wuppertal zum letzten Mal die Verantwort­ung? Beecks Boss Werner Tellers kündigt fürs Wochenende eine Entscheidu­ng an.
FOTO: MICHAEL SCHNIEDERS Trägt Beecks Interims-Trainerduo Mike Schmalenbe­rg/Stephan Houben (Bildmitte) gegen Wuppertal zum letzten Mal die Verantwort­ung? Beecks Boss Werner Tellers kündigt fürs Wochenende eine Entscheidu­ng an.

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