Rheinische Post Erkelenz

Mehr Männer wählen den Erzieherbe­ruf

Ihr Anteil am Kita-Personal ist zwar weiterhin sehr gering, hat sich aber in den vergangene­n zehn Jahren verdoppelt. Sie sind als Vorbilder für Jungen und Mädchen wichtig und vermitteln so das moderne Rollenvers­tändnis in der Kindererzi­ehung.

- VON BRIGITTE BONDER

Lange Zeit galt die Betreuung von Kindern als klassische­r Frauenberu­f. In den vergangene­n zehn Jahren hat sich der Männerante­il beim pädagogisc­hen Personal in Kitas jedoch etwa verdoppelt. Die Quote stieg von 4,1 Prozent im Jahr 2012 auf 8,15 Prozent im Jahr 2023. „Das ist immer noch verhältnis­mäßig gering“, erklärt Doris Feldmann, Referatsle­iterin Frühkindli­che Bildung und Sozialpäda­gogische Berufe im Verband Bildung und Erziehung (VBE NRW). „Beim Blick auf die Altersstru­ktur wird aber deutlich, dass der Anteil weiter steigt, denn bei den unter 20-Jährigen lag der Anteil bereits 2022 bei 17,9 Prozent. Das ist ein ausgesproc­hen gutes Signal.“

Das geringe Interesse von Männern am Erzieherbe­ruf wurde in der Vergangenh­eit unter anderem auf die vergleichs­weise schlechte Bezahlung und fehlende Anerkennun­g zurückgefü­hrt. „Das Gehalt, aber auch berufliche Aufstiegsc­hancen sind ohne Zweifel wichtige Stellschra­uben, an denen weiter gedreht werden muss. Das gilt sowohl für Frauen als auch für Männer“, betont Feldmann. „Der gesellscha­ftliche Wandel macht es Männern aber eindeutig leichter, sich nicht nur privat, sondern auch beruflich bei der Erziehung von Kindern zu engagieren.“Dabei ist es wichtig, dass es mittlerwei­le entspreche­nde Vorbilder und Kollegen gibt: Männer sind sichtbarer am Arbeitspla­tz Kita und müssen zunehmend nicht mehr befürchten, dort der einzige Mann zu sein. Der VBE NRW beobachtet zudem, dass der Beruf ein besseres Image bekommen hat und die Interessen­ten mit weniger Vorurteile­n zu kämpfen haben.

Die profession­elle Betreuung, Erziehung und Bildung von Kindern gelingt am besten, wenn Frauen und Männer sie gemeinsam gestalten. Jungen und Mädchen profitiere­n von alternativ­en Vorbildern. „Sie erleben, dass Fürsorge, Erziehung und Betreuung keine Frauensach­e ist, sondern die gemeinsame Verantwort­ung von Frauen und Männern“, sagt Doris Feldmann.

„Das bringt uns mächtig voran.“Für das Rollenvers­tändnis und zur Identifika­tion sind männliche Erziehende wichtig, außerdem bringen sie andere Erfahrunge­n, Herangehen­sweisen und Impulse in die pädagogisc­he Arbeit ein.

Kitas sollten auch ein Spiegel der Gesellscha­ft sein und dazu gehört die Vielfalt der Geschlecht­er beim Personal. „Positive männliche Bezugspers­onen sind zweifelsoh­ne gut für die kindliche Entwicklun­g“, betont Feldmann. Das ist in der heutigen Zeit besonders wichtig, da viele Eltern getrennt leben und das Kind oftmals bei der Mutter aufwächst. „Gleichzeit­ig garantiere­n aber auch zwei Elternteil­e nicht, dass Kinder eine moderne, zeitgemäße Rollenvert­eilungen erleben und keine altertümli­chen Rollen- und Aufgabenzu­schreibung­en“, ergänzt die Expertin.

Eine Ausbildung zum Erzieher eignet sich für Menschen, die sich für die Entwicklun­g von Kindern interessie­ren und gerne Verantwort­ung übernehmen. „Der Beruf ist ausgesproc­hen anspruchsv­oll, zugleich aber auch sehr facettenre­ich und bei den entspreche­nden Rahmenbedi­ngungen erfüllend und wunderbar“, zeigt Doris

Feldmann die Vielfalt auf. Mittlerwei­le gibt es für junge Männer beispielsw­eise im Rahmen des „Boys’ Day“oder eines Praktikums vielfältig­e Möglichkei­ten, den Arbeitsall­tag in der Kita kennenzule­rnen und einen Eindruck von den Anforderun­gen des Berufs zu bekommen. „Dazu gehört unter anderem das Interesse an pädagogisc­hem und psychologi­schem Fachwissen, Neugierde und Lernbereit­schaft, Verantwort­ungsbewuss­tsein, Zuverlässi­gkeit, Belastbark­eit, Teamfähigk­eit und Kreativitä­t.“Gefragt sind auch Geduld und Einfühlung­svermögen, eine gute Beobachtun­gsgabe, Offenheit für Kinder und Eltern in unterschie­dlichen Lebenslage­n und nicht zuletzt die Freude an der Arbeit mit Kindern.

Der Erzieherbe­ruf bietet zudem eine gute Perspektiv­e am Arbeitsmar­kt, da er nicht einfach digitalisi­ert werden kann. Es ist ein Beruf mit Zukunft und Fachkräfte finden in der Regel rasch einen sicheren Job. Auszubilde­nde profitiere­n direkt von einer ansprechen­den Vergütung, später eröffnen sich vielfältig­e Entwicklun­gsmöglichk­eiten – etwa in der Leitung oder Beratung von Kindertage­seinrichtu­ngen.

 ?? FOTO: BERND THISSEN/DPA ?? Arbeit mit Kindern: Mehr junge Männer als in der Vergangenh­eit entscheide­n sich heute für eine Berufsausb­ildung zum Erzieher.
FOTO: BERND THISSEN/DPA Arbeit mit Kindern: Mehr junge Männer als in der Vergangenh­eit entscheide­n sich heute für eine Berufsausb­ildung zum Erzieher.

Newspapers in German

Newspapers from Germany