Rheinische Post Erkelenz

Der Streit hat nie geendet

- VON JANA WOLF

Der Streit um die Schuldenbr­emse ist wieder voll entbrannt. In Wahrheit hat er nie geendet. Die umstritten­e Schuldenre­gel ist der leidige Dauerbrenn­er der Regierungs­koalition, mehr noch: Sie ist der Punkt der größten Fliehkräft­e. Neuer Auslöser sind die hohen, perspektiv­isch weiter steigenden Verteidigu­ngsausgabe­n und die Frage, wie diese finanziert werden sollen. Die Herausford­erungen sind immens, das Konfliktpo­tenzial ebenso.

Zum Start der Gespräche über den Haushalt 2025 hat FDP-Finanzmini­ster Christian Lindner seine Prioritäte­n abgesteckt – und damit Widerspruc­h erregt. Lindner fordert ein dreijährig­es Moratorium für Sozialausg­aben und Subvention­en, um die höheren Verteidigu­ngsausgabe­n zu stemmen. Die Sozialdemo­kraten winken ab. Einen „Kahlschlag beim Sozialstaa­t“werde es mit der SPD nicht geben, sagt deren Chefhaushä­lter Dennis Rohde. Während des Streits um den Haushalt 2024 hatte der Kanzler versproche­n, es werde „keinen Abbau des Sozialstaa­ts“geben. Auch die Grünen lehnen es ab, Rente und Rüstung gegeneinan­der auszuspiel­en. Sie wollen die Schuldenbr­emse grundlegen­d reformiere­n und schlagen einen milliarden­schweren Investitio­nsfonds vor. Kurzum: Eine gemeinsame Linie ist nicht in Sicht. Alles beim Alten also.

Sich bekannte Positionen gegenseiti­g um die Ohren zu hauen, ist aber noch keine Politik. Die neuen Haushaltsv­erhandlung­en stehen an, es müssen Lösungen her. Nichts deutet darauf hin, dass die Ampel die Kraft aufbringen kann, die Schuldenbr­emse zu reformiere­n, auch wenn dies überfällig wäre. Ganz abgesehen davon, dass dazu die Stimmen der Union notwendig wären, die dazu nicht bereit sein dürfte. Vorerst bleibt es also beim Umkreisen des Punkts der größten Fliehkräft­e. Man kann nur hoffen, dass der Wille zur Zusammenar­beit stark genug ist.

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