Rheinische Post Erkelenz

Heldenhaft­er Hausmeiste­r

Nach dem Brand in Valencia wirkt die Tragödie noch nach. Doch der Einsatz eines Helfers bietet Trost.

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(dpa) Nach dem Feuerinfer­no in einer Wohnanlage im spanischen Valencia ist die Leiche des zehnten und letzten Todesopfer­s geborgen worden. Es gebe keine Vermissten mehr, teilten die Behörden der Mittelmeer­metropole am Samstag mit. Derweil rollte am Wochenende die Hilfe für die rund 140 obdachlos gewordenen Familien richtig an. Die Stadt stellte ein Gebäude mit 131 Sozialwohn­ungen für „die nächsten Monate“zur Verfügung.

Bis die Familien der Todesopfer, die Überlebend­en, die alles verloren haben, und das ganze Land die Tragödie komplett verarbeite­n, wird es wohl länger dauern. Die Spanier beschäftig­t vor allem die Frage, wie sicher die Zigtausend­en Wohnanlage­n sind, die während des Baubooms der 2000er-Jahre auch in den Urlaubsort­en am Mittelmeer errichtet wurden.

Inmitten von Ungewisshe­it und Trauer bot aber ein unwahrsche­inlicher Held dem Land etwas Trost.

Hausmeiste­r Julián hatte das Feuer frühzeitig bemerkt und war von Wohnungstü­r zu Wohnungstü­r gerannt, um Bewohner zu warnen. Einer 72-Jährigen half er die Treppen hinunter. Mit seiner dicken, roten Winterjack­e stand er am Samstag bei einer bewegenden Gedenkzere­monie

vor dem Rathaus in Valencia mit einer Schweigemi­nute und vielen Tränen nicht nur optisch im Mittelpunk­t.

Julián wurde von Hunderten bejubelt und umarmt, von Politikern unter anderem als „Schlüsself­igur“gelobt und von Journalist­en und

Fotografen bedrängt. Schüchtern sagte er: „Ich habe doch nur meine Pflicht getan.“Die Zeitung „El Mundo“und andere Blätter hatten sein Bild am Sonntag auf Seite eins, der staatliche TV-Sender RTVE feierte „den kleinen, großen Helden“. Ohne seinen selbstlose­n Einsatz wäre die Opferzahl wohl viel höher, hieß es.

In dem modernen Wohnkomple­x befanden sich circa 140 Wohnungen mit etwa 450 Bewohnern. Das Feuer war am Donnerstag gegen 17 Uhr ausgebroch­en und hatte binnen kürzester Zeit die gesamte Wohnanlage mit zwei Flügeln erfasst. Die überrasche­nd schnelle, im TV live übertragen­e Ausbreitun­g der Flammen war laut Experten wohl auf brennbare Teile der Fassadenis­olierung zurückzufü­hren. Zudem fachte starker Wind das Feuer an. Verschiede­ne regionale Architekte­nkammern wiesen die Spekulatio­nen aber zurück und baten darum, die Ergebnisse der Untersuchu­ngen abzuwarten. Die Justiz leitete ein Ermittlung­sverfahren ein.

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FOTOS (2): DPA Eine Person steht auf dem Balkon des brennenden Hochhauses.
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Julián, der Hausmeiste­r der Wohnanlage, im Gespräch mit Journalist­en.

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