Schloss Rheydt zeigt „Gesichtspunkte“
Das Museum verfügt über viele Porträts. Eine Auswahl aus dem Bestand, ergänzt um Leihgaben, gibt Einblicke in die Porträtmalerei. In der Sonderausstellung „Gesichtspunkte. Porträts und ihr Nutzen“sind sie zu sehen, sie läuft noch bis zum 16. Juni.
Der Rittersaal mit der Ahnengalerie der von Bylandts bot den perfekten Rahmen für die Eröffnungsfeier. Er gibt einen ersten Einblick in die Kunst der Porträtmalerei und deren Wandel unter dem Einfluss des Zeitgeistes. Aktuell sind in der Dauerausstellung an diesem Ort einige wenige Leerstellen auszumachen. Denn die Sonderschau „Gesichtspunkte. Porträts und ihr Nutzen“ist im Wesentlichen gespeist aus dem Bestand des Museums. Ergänzt um einige Mönchengladbacher Leihgaben gibt die Auswahl in der Kabinettausstellung der Vorburg und beim Torbogen eindrucksvoll Einblick in die Porträtmalerei von der Renaissance bis hin zur Düsseldorfer Malerschule. Sie zeigt Vertreterinnen und Vertreter von Adel, Unternehmer, Bürgermeister und Bürgerinnen.
Im voll besetzten Rittersaal betonte Oberbürgermeister Felix Heinrichs seine Freude, dass über die Sonderausstellung auch verborgene Schätze ans Tageslicht kämen. Hausherr Karlheinz Wiegmann bekannte in der Begrüßung, ihm sei erst im Rahmen
der Ausstellungsvorbereitung bewusst geworden, wie viele Porträtdarstellungen das Museum birgt. Der Museumsleiter hob hervor, dass erst in der Renaissance das Individuum mit seinen persönlichen Attributen in den Mittelpunkt der Betrachtung rückte. Er dankte insbesondere der wissenschaftlichen Volontärin Maike Rahe, die die Ausstellung kundig kuratiert habe.
Rahe verband die Einführung in die Ausstellung mit einem Einblick in die Entwicklungsgeschichte des Porträts. Auch sie bezeichnete die Epoche der Renaissance als Schlüsselmoment für die Entwicklung hin zum naturgetreuen und persönlichen Abbild. Anders als noch im Mittelalter wurden nun nicht nur
Adelige und besondere Würdenträger mit stereotypischen Statusmerkmalen gemalt. Ausschlaggebend für die Entwicklung sei die Geisteshaltung des Humanismus gewesen, die das Individuum in den Mittelpunkt stellte. Als Beispiele für den Wandel empfahl sie das von einem anonymen Künstler gemalte Porträt eines Kaufmanns mit Geldbeutel und das Selbstbildnis eines ebenfalls unbekannten Malers mit Pinsel und Palette im Ausstellungsbereich der Vorburg.
Bei Ausführungen zur Düsseldorfer Malerschule betonte Rahe, bewusst nicht von Künstlerinnen zu sprechen, da es Frauen seinerzeit noch verboten war, zu studieren. Sie wies darauf hin, dass Sarah
Schäfers, Mit-Autorin des Katalogs, angeregt habe, im Zusammenhang mit der Düsseldorfer Malerschule auch ein Landschaftsbild und ein Historiengemälde auszustellen. Die hervorragenden Arbeiten sollen dokumentieren, dass der Akademiedirektor Wilhelm von Schadow das Porträt nur als Vorarbeit zu der von ihm wesentlich höher geschätzten Historienmalerei gesehen habe. Die 1898 geborene Mönchengladbacher Künstlerin Helene Beckers war keine Schülerin der Düsseldorfer Kunstakademie. Sie fand über den Besuch der von Akademieprofessor Willy Spatz geführten Damenmalschule zur Porträtmalerei.
Zu den Bildnissen der von Bylandts zählt ein Porträt der Sophia
Freifräulein, um 1612 dargestellt als Kind im roten Kleid. Mit der Hand scheint das Mädchen nach einem Blumenstrauß zu greifen, der einige Blüten verloren hat. Im Bildkontext sind sie Zeichen der Vergänglichkeit. Auf dem 1642 gemalten Bildnis der Neuwerker Nonne Sofia Hogen auf dem Totenbett verweisen Totenkopf und erloschene Kerze auf das Sterben. Beispielhaft für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts ist ein Bildnis der Maria Theresia Goertz, ehemalige Besitzerin der Rheydter Schlossmühle, zu sehen. Die im Dreiviertelprofil dargestellte Frau trägt eine Brosche mit dem Porträt ihres Mannes Carl Caspar Goertz, der ebenfalls über ein Bildnis präsent ist.
In Selbstporträt sowie über eine Auswahl seiner Studien ist der Rheydter Stillebenmaler Johann Wilhelm Preyer vertreten. Um 1902 porträtierte Laurenz Schäfer Louise Gueury, Stifterin der Klinik im Hardter Wald, in einer Parkarchitektur. Das Großformat strahlt Selbstbewusstsein aus.