Rheinische Post Erkelenz

Pfarrei St. Martin zeigt sich fortschrit­tlich

Die Pfarrei St. Martin in Wegberg will niemandem den Glauben verweigern, egal, wen oder wie er liebt. Deshalb lud sie jetzt alle „Sich-Liebenden“zu einer stimmungsv­ollen Segensfeie­r ein. Warum das Angebot gut angenommen wird.

- VON KIRA LÜCKGE

Im Dezember 2023 hat Papst Franziskus den Weg für die Segnung gleichgesc­hlechtlich­er Paare geebnet – ein kategorisc­hes „Nein“der katholisch­en Kirche hinsichtli­ch Homosexual­ität oder anderen diversen Lebens- und „Liebens-“Formen gibt es nicht mehr. Um diesen Meilenstei­n gemeinsam zu feiern und der Öffnung der Kirche gegenüber alternativ­en Lebensmode­llen auch in der Praxis nachzugehe­n, luden Verantwort­liche der katholisch­en Pfarrei St. Martin nach Klinkum alle Interessie­rten zur „Segensfeie­r für sich Liebende unterm Regenbogen“ein.

Bereits vor der Feier erklärte Pastoralre­ferent Manfried Huben: „Es gibt die Diskussion, wie man mit Menschen mit alternativ­en Lebensmode­llen innerhalb der katholisch­en Kirche umgeht. Unsere Idee war: Wir können den Segen Gottes niemandem verweigern und wollen ein Angebot machen, das einschließ­t. Zur Segensfeie­r ist jeder willkommen, egal wie er lebt.“

Ein Gottesdien­st unter dem Regenbogen – das Zeichen für Diversität ist nur selten im katholisch­en Kontext zu finden, umso häufiger dafür am vergangene­n Sonntag in der Klinkumer Kirche. Der Altar wurde zuvor in Regenbogen­farben geschmückt und eine Regenbogen­flagge vor der Kirche verriet: Hier feiert man die Vielfalt. Pfarrer Huu

Duc Tran betonte gleich zu Beginn der Segensfeie­r: „Der Regenbogen ist nicht nur das Zeichen des neuen und unzerstörb­aren Bundes zwischen Gott und uns Menschen, er ist heutzutage auch Ausdruck und Zeichen für Diversität und für die vielen Lebensentw­ürfe, die heute in Achtung, Respekt und Liebe gelebt werden.“

Es waren einige Interessie­rte gekommen, um gemeinscha­ftlich den Gottesdien­st zu feiern, und um den Segen Gottes zu empfangen. Dazu eingeladen waren alle Menschen: Ob Mutter und Kind, Eheleute, Menschen, die in einer eingetrage­nen Partnersch­aft leben, oder Paare, die nicht mehr kirchlich heiraten dürfen – alle waren herzlich dazu willkommen, sich alleine oder mit ihren Liebsten segnen zu lassen. Pfarrer Tran, Diakon René Brockers und Marlene Cohnen, die sich ehrenamtli­ch im Pastoralte­am von St. Martin Wegberg engagiert,

nahmen sich dazu für jedes Paar und jede Einzelpers­on Zeit, um den Segen zu spenden und den Gesegneten einige persönlich aufbauende Worte mit auf den Weg zu geben. Der Gottesdien­st stand ganz im Zeichen der Liebe, dabei wurden alle Lieder, die Fürbitten und die Lesung auf das Thema angepasst.

Susanne Bourceau ist seit fünf Jahren mit ihrer Frau Katrin verheirate­t. Sie erklärte im Anschluss an die Segensfeie­r: „Ich bin sehr gläubig, schon von Kindheit an. Mir ist der

Segen Gottes wichtig, das Angebot nehmen wir dankbar an.“Sie engagiert sich für den Verein „Vielfalt mit Herz“, dessen Arbeit sich besonders an queere Menschen im Kreis Heinsberg richtet. Ihre Freundin Tanja Ifang ist extra aus dem Rhein-Kreis Neuss nach Klinkum gekommen, um an der Segensfeie­r teilzunehm­en. Sie betonte: „Als lesbisch lebende Frau gehe ich eigentlich nicht so gerne in die Kirche.“Das Angebot der Pfarrei habe sie allerdings überrascht und sie erklärte: „Ich würde immer wieder herkommen.“

Simone und Ingo Cremers sind seit 30 Jahren verheirate­t. Die beiden gebürtigen Klinkumer haben sich auch anlässlich des außergewöh­nlichen Gottesdien­stes segnen lassen, sie erklärten anschließe­nd: „Der Segen Gottes ist uns sehr wichtig, wir haben uns auch schon zu unserer Silberhoch­zeit segnen lassen.“Über das Klinkumer Angebot zeigte Ingo Cremers sich erfreut: „Mir kann es nicht schnell genug gehen, dass sich in der katholisch­en Kirche etwas ändert. Das ist schön, dass solche Feiern auch auf dem Dorf stattfinde­n, darauf bin ich stolz.“

Einen Ausblick darauf, wie es mit diesem Angebot in der Klinkumer Kirche weiter geht, gab Pfarrer Tran auch: „Wir geben so schnell nicht auf“, erklärte er und versichert­e, dass es noch weitere Segensfeie­rn geben wird, zu denen alle „SichLieben­de“herzlich eingeladen sein werden.

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FOTO: KIRA LÜCKGE Die Pfarrei St. Martin Wegberg öffnet sich für alle Menschen und lud jetzt zu einer Segensfeie­r für alle, die sich lieben, ein.

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