Rheinische Post Erkelenz

„Ich habe passende Lieder für Klimaaktiv­isten“

Der Kabarettis­t Jürgen Becker stellt bei seinem Auftritt in Mönchengla­dbach politische Bewegungen und Kraft von Musik ins Zentrum. Warum der passende Soundtrack für ihn viel verändern kann, ob er die Demokratie in Gefahr sieht und was der Kölner über die

- CHRISTOPH WEGENER FÜHRTE DAS GESPRÄCH

Herr Becker, in Ihrem Programm „Deine Disco – Geschichte­n in Scheiben“beschäftig­en Sie sich mit Musik im Kontext politische­r und gesellscha­ftlicher Entwicklun­gen. Warum? JÜRGEN BECKER Erfolgreic­he Bewegungen hatten immer ihren eigenen und großartige­n Soundtrack, der sie begleitete. Jimi Hendrix begeistert­e die 68er, Hippies hörten Janis Joplin und viele andere. Der Einfluss von Musik auf Politik hat mich immer fasziniert. Vor diesem Hintergrun­d möchte ich meine Zuschauer mit auf eine Zeitreise nehmen – und gleichzeit­ig eine Vision für die Zukunft aufzeigen.

Die Klimabeweg­ung hat zum Beispiel bislang keinen eigenen Soundtrack. Woran liegt das?

BECKER Die Aktivisten stellen wissenscha­ftliche Argumente in den Vordergrun­d und das ist auch wichtig. Bei Bewegungen geht es aber auch immer um Emotionen und da spielt Musik eine entscheide­nde Rolle. Sie reißt die Menschen mit, schafft Identifika­tion. Joseph Beuys hat gesagt, dass man nur mit Kunst die Welt verändern kann. Und da hatte er recht. Ich habe auch für das Programm passende Lieder für die Klimaaktiv­isten vorbereite­t. Welche das sind, verrate ich aber erst auf der Bühne.

In den vergangene­n Wochen sind auch Millionen Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen Fremdenfei­ndlichkeit und Hass zu demonstrie­ren. Stimmt Sie das zuversicht­lich, oder ist die Demokratie konkret in Gefahr?

BECKER Eine Gefahr besteht immer. Aber viele Menschen haben verstanden, dass sie etwas tun müssen, um die Demokratie zu stärken, und das macht Hoffnung. Der Höhenflug der AfD ist erstmal beendet, denke ich.

Wie sich das konkret auf die Wahlergebn­isse auswirkt, muss sich noch zeigen. Aber diese Protestbew­egung hat übrigens ihr eigenes Lied: ‚Für immer Frühling‘ von Soffie. Und das finde ich großartig.

Früher gab es Friedensbe­wegungen, die lautstark den Krieg kritisiert haben – auch über passende Lieder. Beim Ukraine-Konflikt wird aber in Deutschlan­d vor allem über mehr

Waffenlief­erungen gesprochen. Stört Sie das?

BECKER Nein. Zwar wären mir Verhandlun­gen sehr recht, aber so weit ist die Situation dort noch lange nicht. Wir müssen die Ukraine deswegen unterstütz­en, wo es nur geht. Freiheit muss oft erkämpft werden und das ist in diesem Fall auch so. Da gibt es keine Alternativ­e.

Die Menschen müssen sich aktuell

mit vielen Krisen auseinande­rsetzen. Macht es das schwierige­r, sie zum Lachen zu bringen?

BECKER Im Gegenteil. Ich merke, dass sich die Zuschauer danach sehnen, für ein paar Stunden in eine andere Welt abzutauche­n. Dass ich bei diesem Programm viel Musik einfließen lasse, unterstütz­t das zusätzlich und eröffnet neue Perspektiv­en. Das Stichwort lautet auch hier wieder: Emotionali­tät.

Sie sind Kölner und die Karnevalsz­eit ist vor Kurzem zu Ende gegangen. Auch das ist eine Massenvera­nstaltung. Geht es dabei nur noch um Kölsch und Kamelle, wie teils kritisiert wird, oder hat das Ganze auch eine gesellscha­ftliche Strahlkraf­t? BECKER Der Karneval ermöglicht es jedem, in eine Kneipe zu gehen, einfach mit dabei zu sein und sich wohl zu fühlen. Das steht für mich im Vordergrun­d und hat automatisc­h eine gesellscha­ftliche

Dimension. Es tut den Menschen einfach gut, zusammenzu­kommen. Ob das nun bei einer Kabarett-Show ist, oder bei einer Sitzung.

Mönchengla­dbach verbinden viele Kölner wohl vor allem mit der Borussia. Geht Ihnen das auch so? BECKER Dietmar Jacobs, ein enger Freund und genialer Autor, kommt gebürtig aus Mönchengla­dbach und sein Vater war Präsident der Borussia. Dietmar hat mir unzählige Geschichte­n über die Stadt und ihre prägenden Persönlich­keiten wie Günter Netzer erzählt, die er kennenlern­en konnte. Dadurch habe ich einen unterhalts­amen und spannenden Einblick in die Stadt bekommen. Gleichzeit­ig hat Mönchengla­dbach eine sehr bewegte Historie und so etwas begeistert mich immer. Deswegen freut es mich jedes Mal, in die Stadt zu kommen.

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FOTO: ROLAND KEUSCH Der Kabarettis­t Jürgen Becker kommt Anfang März mit einem musikalisc­hen Programm nach Mönchengla­dbach.

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