„Ich habe passende Lieder für Klimaaktivisten“
Der Kabarettist Jürgen Becker stellt bei seinem Auftritt in Mönchengladbach politische Bewegungen und Kraft von Musik ins Zentrum. Warum der passende Soundtrack für ihn viel verändern kann, ob er die Demokratie in Gefahr sieht und was der Kölner über die
Herr Becker, in Ihrem Programm „Deine Disco – Geschichten in Scheiben“beschäftigen Sie sich mit Musik im Kontext politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen. Warum? JÜRGEN BECKER Erfolgreiche Bewegungen hatten immer ihren eigenen und großartigen Soundtrack, der sie begleitete. Jimi Hendrix begeisterte die 68er, Hippies hörten Janis Joplin und viele andere. Der Einfluss von Musik auf Politik hat mich immer fasziniert. Vor diesem Hintergrund möchte ich meine Zuschauer mit auf eine Zeitreise nehmen – und gleichzeitig eine Vision für die Zukunft aufzeigen.
Die Klimabewegung hat zum Beispiel bislang keinen eigenen Soundtrack. Woran liegt das?
BECKER Die Aktivisten stellen wissenschaftliche Argumente in den Vordergrund und das ist auch wichtig. Bei Bewegungen geht es aber auch immer um Emotionen und da spielt Musik eine entscheidende Rolle. Sie reißt die Menschen mit, schafft Identifikation. Joseph Beuys hat gesagt, dass man nur mit Kunst die Welt verändern kann. Und da hatte er recht. Ich habe auch für das Programm passende Lieder für die Klimaaktivisten vorbereitet. Welche das sind, verrate ich aber erst auf der Bühne.
In den vergangenen Wochen sind auch Millionen Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen Fremdenfeindlichkeit und Hass zu demonstrieren. Stimmt Sie das zuversichtlich, oder ist die Demokratie konkret in Gefahr?
BECKER Eine Gefahr besteht immer. Aber viele Menschen haben verstanden, dass sie etwas tun müssen, um die Demokratie zu stärken, und das macht Hoffnung. Der Höhenflug der AfD ist erstmal beendet, denke ich.
Wie sich das konkret auf die Wahlergebnisse auswirkt, muss sich noch zeigen. Aber diese Protestbewegung hat übrigens ihr eigenes Lied: ‚Für immer Frühling‘ von Soffie. Und das finde ich großartig.
Früher gab es Friedensbewegungen, die lautstark den Krieg kritisiert haben – auch über passende Lieder. Beim Ukraine-Konflikt wird aber in Deutschland vor allem über mehr
Waffenlieferungen gesprochen. Stört Sie das?
BECKER Nein. Zwar wären mir Verhandlungen sehr recht, aber so weit ist die Situation dort noch lange nicht. Wir müssen die Ukraine deswegen unterstützen, wo es nur geht. Freiheit muss oft erkämpft werden und das ist in diesem Fall auch so. Da gibt es keine Alternative.
Die Menschen müssen sich aktuell
mit vielen Krisen auseinandersetzen. Macht es das schwieriger, sie zum Lachen zu bringen?
BECKER Im Gegenteil. Ich merke, dass sich die Zuschauer danach sehnen, für ein paar Stunden in eine andere Welt abzutauchen. Dass ich bei diesem Programm viel Musik einfließen lasse, unterstützt das zusätzlich und eröffnet neue Perspektiven. Das Stichwort lautet auch hier wieder: Emotionalität.
Sie sind Kölner und die Karnevalszeit ist vor Kurzem zu Ende gegangen. Auch das ist eine Massenveranstaltung. Geht es dabei nur noch um Kölsch und Kamelle, wie teils kritisiert wird, oder hat das Ganze auch eine gesellschaftliche Strahlkraft? BECKER Der Karneval ermöglicht es jedem, in eine Kneipe zu gehen, einfach mit dabei zu sein und sich wohl zu fühlen. Das steht für mich im Vordergrund und hat automatisch eine gesellschaftliche
Dimension. Es tut den Menschen einfach gut, zusammenzukommen. Ob das nun bei einer Kabarett-Show ist, oder bei einer Sitzung.
Mönchengladbach verbinden viele Kölner wohl vor allem mit der Borussia. Geht Ihnen das auch so? BECKER Dietmar Jacobs, ein enger Freund und genialer Autor, kommt gebürtig aus Mönchengladbach und sein Vater war Präsident der Borussia. Dietmar hat mir unzählige Geschichten über die Stadt und ihre prägenden Persönlichkeiten wie Günter Netzer erzählt, die er kennenlernen konnte. Dadurch habe ich einen unterhaltsamen und spannenden Einblick in die Stadt bekommen. Gleichzeitig hat Mönchengladbach eine sehr bewegte Historie und so etwas begeistert mich immer. Deswegen freut es mich jedes Mal, in die Stadt zu kommen.