Wo Jordan nicht weit weg ist von Harry Kane
Borussias Mittelstürmer Jordan Siebatcheu war beim 5:2 gegen den VfL Bochum ein wichtiger Faktor – als Wandspieler und auch Torschütze. Als solcher hat er einen Wert, der nah dran ist an den besten Torschützen der Bundesliga.
Jordan Siebatcheu ist auf dem Platz eine beeindruckende Erscheinung. Wenn er seinen Körper vor den Ball bringt, ist das für den Gegenspieler hinter ihm, als stehe er hinter einer Wand. „Wandspieler“heißen Typen wie er dann auch im modernen Fußball, das sind die Herren, die einen Ball vorn festmachen und dann mit dem Rücken zum Tor verteilen.
Wie es Jordan kurz vor der Pause gegen den VfL Bochum tat, bei Borussias 5:2-Sieg. Indes mit etwas zu viel Körpereinsatz, sein Zupfen an des Gegenspielers Dienstkleidung ließ Schiedsrichter Sven Jablonski dem auf Jordans Ablage folgenden Tor von Florian Neuhaus die Anerkennung versagen.
Somit wurde die ästhetisch wertvollste Aktion der Borussen in diesem „wilden Spiel“, wie es Gladbachs Trainer Gerardo Seoane nannte, nicht gekrönt. Gleichwohl war Neuhaus sehr angetan vom Ablauf der Geschichte, genau das ist ein wichtiges Element im Gladbacher Offensivspiel. „Wir kennen die Stärken von Jordan, er macht das super: Mit dem Rücken zum gegnerischen Tor die Bälle ablegen. Das hat in der Situation sehr gut geklappt“, sagte Neuhaus.
Jordan ist dann in gewisser Weise ein Spielmacher. Wenn er den Ball abschirmt, gibt er den Kollegen Zeit, um nachzurücken – Jordan ist aber in diesen Szenen der Herr der Bälle, er kontrolliert und temperiert das Spiel der Borussen. Der, der das bisher in Gladbach am besten konnte, war wohl der Schwede Martin Dahlin, der weniger kantig war wie Jordan, aber doch ähnlich schwer vom Ball zu trennen.
Was Jordan noch mit Dahlin gemeinsam hat: Er hat einen guten Torinstinkt in Tornähe, vier seiner sieben Tore in Liga und Pokal erzielte er von innerhalb des Fünfmeterraums, auch das zeigte er gegen Bochum. Da wuchtete er seinen Körper nach der Flanke von Franck Honorat durch die Luft und dann den Ball per Kopf ins Tor, Bochums Torwart Manuel Riemann stand zwar recht
gut, konnte den Ball aber nicht abwehren.
Es war Jordans fünftes Liga-Tor, dazu kommen zwei im DFB-Pokal gegen den 1. FC Heidenheim. Er könnte sogar noch besser dastehen, der US-Amerikaner, denn laut seiner Expected-Goals-Bilanz ist er mit einem Tor im Minus. Doch im Grunde sind Jordans Werte stark: Nur Bayerns Harry Kane (0,81 Expected
Goals pro 90 Minuten, Elfmeter ausgenommen), Leverkusens Victor Boniface (0,79), die Stuttgarter Serhou Guirassy (0,76) und Deniz Undav (0,70) sowie Leipzigs Loïs Openda (0,59) sind in dieser Statistik besser als der Borusse, der auf einen Wert von 0,53 kommt.
Die These ist erlaubt: Hätte Jordan nicht wegen einiger Verletzungen nur eine Spielzeit-Quote von 50
Prozent, hätte er womöglich schon zweistellig getroffen. Zumal sich die Gladbacher auf sein Spiel schon weit besser hätten einstellen können.
Denn: Einen Stürmer-Typ wie Jordan, um es frei nach dem scheidenden Bayern-Trainer Thomas Tuchel zu sagen, eine „Holding Nine“, gab es so lange nicht bei Borussia, einen, der ein Zielpunkt ist im Strafraum, dort, wo es dem Gegner richtig wehtun
kann, wenn Bälle kommen.
Auch die Alternative zu Jordan, Tomas Cvancara, ist keiner dieser Art, er ist eher der Tiefengänger, der gern auch mal auf den Flügel ausweicht, um sich Räume zu verschaffen. Jordan hingegen macht sich Raum, wo keiner ist. Wie nun gegen Bochum zu besichtigen war.
Gerade in Spielen gegen robuste Teams wie Bochum oder nun Mainz und Köln ist Jordan wichtig, denn er macht Eindruck auf den Gegner mit seiner Statur und seiner Art zu spielen. Kein Wunder, dass er zwischenzeitlich für Union Berlin spielte, wo es zum Prinzip gehört, körperlich und unangenehm zu sein.
Doch gab es für Jordans Geschmack im strickten Lang-undWeit-Ansatz der Köpenicker zu wenig fußballerische Elemente, die wiederum Gladbach ihm durchaus zu bieten hat – und sie gegen Bochum auch mal auf den Rasen brachte. So konnte sich Jordan richtig entfalten.
Auch am Samstag (15.30 Uhr, Sky) in Mainz wird es auf ihn ankommen, oder besser: auf beide Jordans. Den Wandspieler sowie den Abschlussspieler. Den einen, um das von Teams wie Mainz gern hektisch gemachte Spiel auch mal zu beruhigen und Ballbesitz in des Gegners Hälfte zu ermöglichen, den anderen, um die nötigen Tore zu machen.
Fußball-Trainer sprechen gern von einem „Gesamtpaket“. Jordan hat da einiges zu bieten, mehr und mehr entwickelt er sich zum TopTransfer des vergangenen Sommers. Dass aus der Leihe gern eine langfristige Liaison werden darf, ist längst beiderseitig kommuniziert. Jordan soll und will eine Erscheinung im Gladbacher Spiel bleiben.