Rheinische Post Erkelenz

Fall Dorota: Was nach der Festnahme geschah

Ein SEK hatte im August den dringend tatverdäch­tigen Ehemann festgenomm­en.

- VON ANKE BACKHAUS

„Ist mein Leben inszeniert?“Diese Frage hatte Manfred G., der sich vor dem Landgerich­t in Aachen im Mordfall Dorota verantwort­en muss, einem Polizeikom­missar gestellt, als man nach Aachen unterwegs war. Kurz zuvor hatten Beamte eines Sondereins­atzkommand­os (SEK) im August 2023 Manfred G. in Neuss gefasst – dringend tatverdäch­tig, seine Ehefrau Dorota ermordet zu haben. Nahezu sieben Jahre hatten Ermittler zwischen dem 18. Oktober 2016 und dem 22. August 2023 auf den entscheide­nden Hinweis gehofft. Überzeugt davon, dass G. der Täter ist, waren die Ermittler immer. Was fehlte, war die Leiche.

Um die genauen Umstände der Überführun­g des Festgenomm­enen von Neuss nach Aachen ging es am vierten Verhandlun­gstag. Der betreffend­e Beamte sagte als Zeuge aus, vorab jedoch begleitet vom Widerspruc­h der Verteidigu­ng, die angemahnt hatte, der Beamte habe Manfred G. nicht vollständi­g belehrt. Denn: G. sprach während der

Fahrt, wollte wissen, ob auch Radi festgenomm­en worden sei. Radi – einer der verdeckten Ermittler, von denen auch der Polizeikom­missar wusste, wie er vor Gericht angab. Ebenso fragte G. danach, ob seine Lebensgefä­hrtin (Sabrina B., die bereits gehört wurde) Polizistin sei. Insgesamt vermutet die Verteidigu­ng, im Auto habe sich eine Vernehmung­ssituation ergeben.

Die Aussagen des Kommissars hörten sich jedoch ganz anders an. Demnach habe er – um auch selbst auf der sicheren Seite zu sein – eine Belehrung des Festgenomm­enen vornehmen wollen, obwohl er gar keine Vernehmung vornehmen wollte, doch G. soll ihn ständig unterbroch­en haben. Es gelang lediglich, G. den Haftbefehl vorzulesen. „Er hat erzählt, dass sein Leben nun nichts mehr wert sei. Ich bekam Gänsehaut, nachdem er auf der Fahrt sagte, seine Frau umgebracht zu haben. Aber er sei kein Mörder“, so der Beamte. „Anwalt, Anwalt, Anwalt“, soll G. ständig gerufen haben, dabei auch darum gebeten haben, nicht zum Polizeiprä­sidium, sondern zur Staatsanwa­ltschaft gebracht zu werden. Mit Oberstaats­anwalt Wilhelm Muckel wolle er etwas aushandeln, so der Beamte weiter. Dazu kam es später aber nicht.

Was dem Kommissar auch aufgefalle­n war: Direkt nach der Übernahme des Festgenomm­enen soll dieser mehrfach gesagt haben, der Kommissar solle ihn nicht schlagen. „Ich wollte ihn beruhigen, mehr nicht“, sagte der Beamte. Im weiteren Verlauf soll G. erzählt haben, nun Ordnung in die Sache bringen und sich bei der Gesellscha­ft entschuldi­gen zu wollen, führte der Beamte weiter aus.

Eine Kollegin des Beamten wurde ebenfalls befragt, jedoch zu den Ereignisse­n nach der Festnahme des Angeklagte­n kurz nach dem Verschwind­en Dorotas. Sie habe ihn in den Vernehmung­en damit konfrontie­rt, sich kaum an den Suchaktion­en beteiligt zu haben. G. erklärte das damit, die Familie seiner Frau habe ihm verboten, auch zu suchen.

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ARCHIVFOTO: DPA Der Fall Dorota wird vor dem Aachener Landgerich­t verhandelt.

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