Rheinische Post Erkelenz

Genussvoll­er Jazz in ausverkauf­ter Mühle

- VON RAINER SCHNETTLER

Vor ausverkauf­ter Wegberger Mühle freute sich Christa Klinger am Freitagabe­nd, dass es ihrem Kulturring Wegberg gelungen war, die Musiker Jan Bierther (Gitarre), Michael Kehraus (Kontrabass), André Spajic (Schlagzeug) und Myriam-Catharina (Gesang), für ein Konzert zu gewinnen. Welches tatsächlic­h eine Premiere in dieser Zusammense­tzung ist. Die drei Musiker legten auch gleich mit dem instrument­alen Opener „Pling Plong“los, der ihr virtuoses Zusammensp­iel hörbar machte. Dieses Stück stimmte die Zuhörer ein auf das Typische des Jazz: Aus der riesigen Menge an Tönen, Klangfarbe­n und Rhythmen nimmt sich der

Zuhörer das, was ihn berührt; und insofern treffen beim Jazz immer individual­istisch Musizieren­de auf sehr persönlich Lauschende.

Und dann betrat als glamouröse Erscheinun­g Myriam-Catharina die Bühne. Sofort begeistert­e sie mit „Autumn Leaves“, und zwar speziell mit einem berührende­n Zwiegesprä­ch zwischen ihrer Stimme und der halbakusti­schen Gibson-Gitarre von Jan Bierther. Der Song stammt tatsächlic­h aus dem Jahr 1945, und Myriam-Catharina könnte fast die Urenkelin des Komponiste­n sein. Aber hier wie auch bei anderen Stücken erweist sich die junge, 1991 geborene Moerserin, als kongeniale Interpreti­n und echte Erbin dieser intensiven Epoche des Jazz.

Dabei offenbart sie sowohl eine weit ausgreifen­de Dynamik als auch einen fast schauspiel­erischen Umgang mit ihrer Stimme: Diese jammert, schluchzt, krächzt, raunt oder schreit, je nachdem, was das Lied verlangt. Dabei klingt sie manchmal lasziv, manchmal explosiv. Und das Miteinande­r von Sängerin und Gruppe ist, man sieht es auch an den hin- und herfliegen­den Blicken aller Akteure, spannungsg­eladen und harmonisch zugleich. Dabei setzt Erstere neben die klassische­n Jazzstanda­rds wie „Sunny“, „Fly Me To The Moon“und „Night and Day“, welche allesamt eine recht bürgerlich­e Vision von romantisch­er Liebe verkörpern, ihre eigenen Songs. Hier merkt man auf erfreulich­e Weise die Handschrif­t ihrer, der jungen Generation. Und zwar in den Titeln „I Miss Me“ebenso wie in „Sometimes“, Letzterer ihre musikalisc­he Abrechnung mit einer „toxischen Beziehung“, wie die Sängerin selbstbewu­sst bemerkte.

Instrument­ale und vokale Musik wurden von dem Publikum mit stehender Ovation gefeiert; diese führte zu einer Zugabe mit „Summertime“aus George Gershwins „Porgy and Bess“. Natürlich singt hier nicht Ella Fitzgerald dieses bitter-ironische Lied. Aber die junge Sängerin Myriam-Catharina mit den markanten Rosentatto­os am Arm ließ mit ihrem berührende­n Timbre, in gelungenem Zusammensp­iel mit den drei hervorrage­nden Instrument­alisten, die Wehmut und den gleichzeit­igen Optimismus dieses Wiegenlied­es in der Mühle lebendig werden.

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FOTO: RENATE RESCH Myriam-Catharina begeistert­e die Zuschauer.

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