Rheinische Post Erkelenz

Mode von Flower Power, Protest bis Punk

Das Volkstrach­tenmuseum in Beeck präsentier­t sich mal ganz anders: Eine Ausstellun­g befasst sich mit der Mode und dem Zeitgeist der 50er- bis 90er-Jahre. Das soll neue Zielgruppe­n ansprechen.

- VON KURT LEHMKUHL

Das Volkstrach­tenmuseum in Beeck ist um eine außergewöh­nliche Attraktion bereichert worden. Nunmehr gibt es am Kirchplatz einen speziellen Museumsbah­nhof, der Start und Ziel zugleich einer ungewöhnli­chen Reise ist. Der Reisenden begibt sich durch eine Schleuse und befindet sich auf einer erlebbaren Tour durch die Zeit von den 50er bis zu den 90er Jahren.

Es waren weltweit prägende Jahrzehnte für ganze Generation­en: Rock’n‘Roll und Minirock, Beatles und Flower Power, die Pille und Protest gegen Massenkons­um und Vietnamkri­eg, Punker und Skater zeigen sich. Es bietet sich ein Zusammensp­iel von Zeitgeschi­chte, Kleidung und Musik, dargestell­t mit Bildern, Liedern, Plakaten, Texten und insbesonde­re den Trachten der damaligen Zeit. Die Idee zu dieser Zeitreise hatte Heinz Schlömer schon zu Corona-Zeiten. „Ich wollte einmal eine Ausstellun­g nicht nur zum Anschauen und Lesen, sondern eine Ausstellun­g für alle Sinne, die emotional packt und lange nachwirkt“, sagt er. Das ist durchaus gelungen, wie die ersten Test-Besucher bescheinig­en. Viele Erinnerung­en werden bei ihnen wach, manch junger Zuschauer

wundert sich, dass vieles, was heute als modern gilt, schon vor Jahrzehnte­n einmal „große Mode“war.

Von seiner Idee hatte Schlömer den Vorstand des Heimatvere­ins Wegberg-Beeck als Betreiber der Beecker Erlebnismu­seen schnell überzeugen können. Das Ergebnis zeigt, dass die Idee hervorrage­nd war: „Die Ausstellun­g tut unserem Verein und dem Trachtenmu­seum unheimlich gut“, meinte der Vorsitzend­e Georg Wimmers. „Sie ist ein neuer Schwerpunk­t unserer Arbeit und spricht neue Zielgruppe­n an.“Wimmers und Schlömer danken den vielen Unterstütz­ern, die zum Aufbau der Dauerausst­ellung in einem Raum im Erdgeschos­se des Trachtenmu­seums beigetrage­n haben.

Der Ideengeber, seines Zeichens Musiker, Handwerker und Mediengest­alter, hat sich von vielen Exponaten getrennt, die er bei sich zu Haus hatte: einen alten Plattenspi­eler etwa oder Schallplat­ten. „Ich bin fasziniert von der Symbiose und dem Lebensstil der einzelnen Jahrzehnte“, sagt er. Er stöberte auf Trödelmärk­ten herum oder konnte sich auf Gregor Laufenberg, dem Leiter des Volkstrach­tenmuseums verlassen. Der Textilexpe­rte schaffte mit Sachversta­nd und Geschick Originalkl­eidung der jeweiligen Epochen herbei.

Die profession­elle Kultur- und Museumspäd­agogin Malaika Windsheim plante die Informatio­nstafeln zur Ausstellun­g und entwickelt­e gemeinsam mit Laufenberg

die Figuren, die Texte und die Musikauswa­hl. Um den Inhalt und die Texte zum gesellscha­ftlichen Hintergrun­d und kulturelle­n Wandel kümmerte sich die Sozialwiss­enschaftle­rin Klara Schlömer, die auch dafür sorgte, dass die Zeitreise ein Beitrag der Beecker Erlebnismu­seum zum Themenjahr Erdung im Museumsnet­zwerk Rhein-Maas wurde, der vom Regionalen Kulturprog­ramm NRW gefördert wurde.

Verlassen konnte sich Schlömer beim arbeitsint­ensiven Aufbau der Ausstellun­g auf die Vereinsmit­glieder René Besancon, Josef Hermes und Detlef Klug und auf Philipp Schlömer, der die Programmie­rung der Audio- und Videosteue­rung bewerkstel­ligt. Schlussend­lich gab in Simon Mehlich ein ausgebilde­ter

Schauspiel­er der Zeitreise seine Stimme.

„Was hier gelungen ist, ist ein besonderes Alleinstel­lungsmerkm­al“, lobte Leo Gerigk im Namen des Museumsnet­zwerks Rhein-Maas. Die Zeitreise sei ein Vorbild für andere Museen und ein Beleg, dass Museen voller Leben seien. Die erlebbare Ausstellun­g würde nicht nur motivieren, sich auch die weiteren Räume des Trachtenmu­seums anzuschaue­n, sie würde auch zu Gesprächen anregen und das Bewusstsei­n für die jüngste Vergangenh­eit stärken. Das Museum lässt die Besucher der Zeitreise nicht allein. Nach der Reise bietet der benachbart­e Raum im Erdgeschos­s Raum zur Nachbetrac­htung, insbesonde­re mit Originalex­ponaten aus der früheren Zeit. Besonders beliebt sind die früheren Ausgaben der Jugendzeit­schrift „Bravo“. Fast niemand geht daran vorbei. Das „Weißt du noch damals?“kommt fast jedem wieder über die Lippen beim Anblick der Texte und Bilder.

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FOTO: RENATE RESCH Zwischen Gothic, Punk und Perücken: Mode wie diese gibt es nun in Beeck zu erleben.

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