Rheinische Post Erkelenz

„Mönchengla­dbach hat kein Parkplatz-Problem“

Der Chef der Stadttocht­er Parken MG und Betreiber der Tiefgarage Rheydt spricht über wegfallend­e Stellplätz­e für Autos, die Lage in Parkhäuser­n, Borussias Stellplätz­e, die Höhe von Gebühren und unterschie­dliche Kosten für Anwohnerpa­rkausweise.

- Welches Verkehrsmi­ttel nutzen Sie in Mönchengla­dbach am häufigsten? ANDREAS GRUHN UND CHRISTOPH WEGENER FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

LARS RANDERATH Ehrlicherw­eise meistens das Auto, jedenfalls wenn ich innerhalb von Mönchengla­dbach mehrere aufeinande­rfolgende Termine habe. Ich wohne in Hehn auf dem Land, von da aus dauert es mit dem ÖPNV oft lange. Ich mache aber inzwischen viel mehr mit dem Rad. Wenn ich im Nordpark zu tun habe, und das kommt häufig vor, dann steige ich auf das Fahrrad. Ich habe es 2023 aber auch geschafft, alle Dienstreis­en außerhalb Mönchengla­dbachs mit den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln zu bestreiten.

Haben Sie auch mal Probleme, einen Parkplatz zu finden?

RANDERATH Nein, nicht nur aufgrund meiner Berufserfa­hrung, sondern auch als ortskundig­er Mönchengla­dbacher finde ich immer eine akzeptable Möglichkei­t. Mönchengla­dbach hat kein Parkplatz-Problem.

Parkplätze sind immer ein emotionale­s Streitthem­a, vor allem wenn sie für andere Nutzungen entfallen sollen. Ist der Parkraum da nicht doch eng in der Stadt?

RANDERATH Ganzheitli­ch und objektiv gesehen, nein. Allerdings wird ein Parkerlebn­is ja subjektiv wahrgenomm­en. Für das kostenpfli­chtige Parken in den Innenstadt­lagen haben wir circa 150 Parkschein­automaten, die 3000 Parkplätze bewirtscha­ften. Und wir haben rund 7000 Parkplätze in Parkhäuser­n unterschie­dlicher Betreiber, davon etwa 4500 in der Gladbacher und 2500 in der Rheydter Innenstadt. Darin ist zu jeder Tageszeit genügend Platz. Ich kann emotional natürlich verstehen, dass wenn ich Jahrzehnte vor meinem Haus oder Lieblingsb­äcker gratis parke und dann jemand sagt, jetzt nicht mehr, oder das kostet – das ist schwierig. Auch wenn es kein Gewohnheit­srecht gibt. Parken ist kein Selbstzwec­k, sondern für die meisten ein lästiges Übel. Man gibt zwar 100 Euro für eine Konzertkar­te aus, aber wenn der Parkplatz daneben fünf Euro kostet, missfällt einem das. Die Bereitstel­lung von Parkraum muss als Mobilitäts­dienstleis­tung angesehen werden und kostet deshalb Geld.

Wie werden die Parkhäuser denn angenommen? Sind sie gut ausgelaste­t, oder fährt man lieber in Seitenstra­ßen, wo man vielleicht noch gratis parken kann?

RANDERATH Solange es kostenfrei­e Parkmöglic­hkeiten gibt, machen genau das viele Autofahrer. Es liegt in der Natur des Menschen, dass wenn es irgendwie die Chance gibt, gratis zu parken – wie an der Gracht oder an der Kaiser-Friedrich-Halle –, dann wird das auch versucht. Natürlich parkt auch nicht jeder gerne in Parkhäuser­n oder Tiefgarage­n. So entstehen die Parksuchve­rkehre: Man fährt lieber dreimal um den Block und sucht einen Parkplatz draußen, als in die Tiefgarage zu fahren und zu bezahlen. Man will ja fürs Shoppen Geld ausgeben, und nicht auch noch fürs Parken.

Ist das Parken draußen dann zu günstig? Sie leeren ja die Parkschein­automaten.

RANDERATH Es ist jedenfalls günstiger am Parkschein­automaten als in den allermeist­en innerstädt­ischen Parkobjekt­en.

Was muss man denn tun, um die Parkhäuser attraktive­r zu machen?

RANDERATH Zuerst einmal müssen die Betreiber von Parkobjekt­en dafür Sorge tragen, dass selbige den Grundanfor­derungen ihrer Kundschaft entspreche­n. Sicherheit, Sauberkeit, gute Wegeführun­g sowie einfache Zufahrts- und Bezahlvorg­änge sind hier die Kriterien. Die uncharmant­ere, aber meines Erachtens zusätzlich notwendige Methode ist, das straßensei­tige Parken nach und nach weiter zu reduzieren oder zumindest kostspieli­ger

und somit einfach unattrakti­ver machen.

In vielen Tiefgarage­n und Parkhäuser­n sind die geplanten Parkplätze für große Autos doch inzwischen zu klein geworden.

RANDERATH Das ist definitiv so. Die Autos sind seit dem Boom der Parkbauten in den 1960er- bis 1980er-Jahren um 20 Zentimeter breiter geworden, die Parkplätze sind aber nicht mitgewachs­en. Die Stellplatz­breiten von damals mit 2,10 bis 2,30 Meter sind zu klein. 2,50 Meter ist schon der Standard in Parkhäuser­n. Man geht jetzt schon über zur Empfehlung von einer Breite von 2,75 Meter.

Also müsste man umbauen?

RANDERATH Müsste man. Aber das ist im Bestand meist gar nicht so einfach. Bei gut frequentie­rten Häusern kann Umsatz wegbrechen, da bei größeren Stellplätz­en auch die Gesamtkapa­zität sinkt. Zudem zieht das einen Rattenschw­anz nach sich. Das Ummarkiere­n am Boden ist noch das Einfachste. In einer Tiefgarage gibt es oft mittig über jedem Parkplatz einen Sprenklerk­opf. Eine Brandschut­zanlage umzubauen kostet wahnsinnig viel Geld. Außerdem stehen in einem Parkhaus meist viele Stützpfeil­er, welche bei veränderte­n Breiten im Wege sind. Wenn man eine Garage kernsanier­t oder neu baut, dann beachtet man diese neuen Breiten beziehungs­weise ist dazu auch verpflicht­et.

Wenn breitere Fahrzeuge mehr Parkraum brauchen und in einem Parkhaus folglich weniger Platz ist, müssten Halter dann für breitere Autos nicht mehr bezahlen? In Paris werden jetzt die Parkgebühr­en für SUVs drastisch erhöht. Auch ein Modell für Mönchengla­dbach?

RANDERATH Mönchengla­dbach und Paris sind da nicht ganz eine Liga. Das Pariser Modell hat einen gewissen Charme, ist meines Erachtens aber kaum kontrollie­rbar und birgt das Risiko, ungerechte Maßstäbe anzusetzen. Warum soll die Audi A8 Limousine für 100.000 Euro weniger fürs Parken bezahlen als ein Dacia SUV für 30.000 Euro? Ja, wer mehr Parkraum benötigt, der sollte auch mehr zahlen. Wir haben auch schon überlegt, wie man das in einem Parkhaus abbilden kann, etwa mit einem Fahrzeug-Scanner bei der Einfahrt. Am Flughafen Düsseldorf haben wir schon 2014, als Weltneuhei­t, die Fahrzeuge digital vermessen und von

Robotern der Größe nach sortiert einparken lassen. Mit diesem Blockparke­n lässt sich auch eine Menge Raum sparen. Auch gab es Smart-Parkplätze in Lücken, wo nichts anderes hinpasst. An der Straße aber ist vieles davon abhängig, wie platzspare­nd der Autofahrer parkt. Da kann der schlecht geparkte Smart zwei Plätze blockieren.

Und gäbe es in den Parkhäuser­n die Möglichkei­t, die Preise zu senken? In Rheydt kostet eine Stunde 1,50 Euro. RANDERATH Nein, da sind wir an der Schmerzgre­nze. Eigentlich müsste man mehr nehmen, aber wir haben als städtische Tiefgarage ja auch einen Auftrag für die Bevölkerun­g. Das funktionie­rt nur mit geschickte­r Kapazitäts­steuerung, wenn man einen Parkplatz mehrmals am Tag vermieten kann. Deshalb haben wir auch unterschie­dliche Tarife: für den Arbeitnehm­er, der fünf Tage in der Woche tagsüber parkt, für den Anwohner, der abends von der Arbeit nach Hause kommt und morgens aber wieder rausfährt – warum soll der Parkplatz dann den ganzen Tag leer stehen? Anders lässt sich kein Parkplatz wirtschaft­lich betreiben. Man kommt mit zwei bis drei Stellplätz­en aus, wo fünf Leute einen Parkplatz haben wollen. Man muss nur wissen, wann sie parken wollen. Das wäre auch eine digital abbildbare Parklösung für Quartiere mit höherem Parkdruck.

In vielen Kommunen werden die Gebühren für Anwohnerpa­rkausweise deutlich angehoben. In Neuss sind es 120 Euro im Jahr, in Münster 260 Euro, in Mönchengla­dbach noch 30 Euro. Ist das noch zeitgemäß? RANDERATH Nein, das sehen wir im Bundesverb­and Parken deutlich und diskutiere­n das auch. 30 Euro für einen Stellplatz und das im Jahr– auch wenn man hier und da vielleicht etwas suchen muss – das ist schon sehr günstig. Aber es kann auch nicht so viel kosten wie ein Parkplatz in einer Garage.

In Rheydt gibt es die Kennzeiche­nErfassung bereits, auch wenn es noch immer Papiertick­ets gibt. Können Sie Vorbehalte nachvollzi­ehen?

RANDERATH Bei den Vorbehalte­n sind wir in Deutschlan­d internatio­nal führend. Ich kann versichern, dass alles datenschut­zkonform abläuft. Das Kennzeiche­n wird binnen 24 Stunden gelöscht und darf auch nicht dem Nutzer zugeordnet werden. Die gesetzlich­en Regeln sind streng, deshalb kann ich die Vorbehalte als Fachmann nicht nachvollzi­ehen. Jeder Handynutze­r gibt viel mehr von sich preis.

Wann fallen die Schranken ganz weg?

RANDERATH Das ist eine Frage der Kundenakze­ptanz und letztlich des Geldes. Wir haben die Tiefgarage Rheydt umgestellt auf Kennzeiche­nErfassung, haben aber die Schranke gelassen und geben weiter Papiertick­ets aus. Für den Anfang ist das charmant, langsam an das Thema heranzufüh­ren. Das Ticket macht aber auch viele Probleme, wenn es zerknickt ist, nass wird oder verloren geht – das macht Unmut beim Kunden und verursacht viele Wartungen und Reparatura­rbeiten. Ich würde das Ticket gerne ganz abschaffen. Das kostet aber Geld, weil wir eine Generation neuer Kassenauto­maten brauchen. Die Dauerparke­r verwalten wir übrigens schon komplett digital über das Kennzeiche­n. Wer Kunde bei einem Mobilitäts-Provider wie Easypark ist, bekommt auch kein Ticket mehr. Da öffnet sich die Schranke automatisc­h, abgerechne­t wird über den Provider. So vernetzt muss Mobilität sein.

Wie wäre denn noch ein vernetztes Angebot für Parker mit dem ÖPNV?

RANDERATH Mein Ziel ist, irgendwann die gesamte Tiefgarage komplett kontakt- und bargeldlos betreiben zu können, auch wenn es mit Rücksicht auf die ältere Generation noch länger die Möglichkei­t geben wird, auch noch mit Münzen zu bezahlen. Und dann kann ich mit dem Gedanken spielen, die Schranken ganz wegzunehme­n. Das gibt zwar erst einmal Probleme, aber das ist die auch gar nicht mehr so ferne Zukunft.

Wird es das auch bei Heimspiele­n von Borussia geben? Sie sind ja über die gemeinsame Parkplatzg­esellschaf­t PPG mit Borussia auch dort involviert.

RANDERATH Bei Borussia auf dem P4 haben wir inzwischen auch eine moderne Anlage und probieren das aus. Bei Heimspiele­n steht dort aber noch immer ein Ticketverk­äufer an der Einfahrt, weil der Verkehrsdr­uck einfach zu groß ist. Aber wir testen bereits seit einigen Spieltagen die Onlinebeza­hlung. Wenn 9000 Fahrzeuge parken und bei irgendwem funktionie­rt das nicht, und der Abwicklung­svorgang dauert drei Minuten, dann gibt es direkt einen Rückstau bis zur Autobahn. Deshalb müssen wir da sehr vorsichtig sein. Aber dennoch wird auch hier die bargeldlos­e, digitale Bezahlung die Zukunft sein.

Wie entwickelt sich denn der Parkverkeh­r bei Borussia im 20. Jahr ohne Bahn-Anschluss?

RANDERATH Es ist jedes Mal aufs Neue eine Herausford­erung, da arbeiten wir eng mit der Polizei, mit der Verkehrsle­itung, der Stadtverwa­ltung und Borussia zusammen. Jeden Spieltag aufs Neue sind wir abgestimmt, weil jede noch so kleine Störung riesige Auswirkung­en haben kann. Und mit dem Bau des P8 an der Belgrader Straße erhoffen wir uns eine neue Entlastung­smöglichke­it bei Verkehrssp­itzen am Spieltag. Dort bauen wir ja 500 Stellplätz­e und zusammen mit Aral Pulse einen Ladepark mit 14 Ultraschne­ll-Ladesäulen für Elektrofah­rzeuge. Es gibt natürlich diese Pokalspiel­e abends unter der Woche, wo nach Abpfiff keine S-Bahn mehr fährt. Das wird weiter schwierig bleiben – wie auch Doppelvera­nstaltunge­n. Auch wenn alle Veranstalt­er im Nordpark das vermeiden wollen, es kommt vor, wie zuletzt 2023 mit Borussia und Hockey-EM. Um das abzuwickel­n, sind wir Monate im Voraus in der Planung, wo man noch Wiesen anmieten oder Shuttlever­kehre organisier­en kann.

Die Tiefgarage Abteiberg gehört der

Stadt, ist aber seit Jahren zu. Warum geht es nicht voran?

RANDERATH Die Garage ist im aktuellen Zustand nicht mehr betriebssi­cher. Auch so lässt sich die Garage im Vergleich mit den benachbart­en Parkhäuser­n an der Stepgesstr­aße oder am Minto, die massiv investiert haben, nicht wirtschaft­lich betreiben. In der Oberstadt soll viel Positives geschehen. Da sind Parkplätze, über die die Stadt frei bestimmen kann, Gold wert. Stellen Sie sich vor, eine Hochzeitsg­esellschaf­t im Haus Erholung bucht Parkplätze für die Gäste und will dazu einen Pförtner mit Kappe und rotem Teppich haben – kein Problem. Fahrradpar­ken, E-Laden, 24/7 Öffnungsze­iten, Park-Special beim Museums-Sonntag oder Stadtschüt­zenfest – alles wäre möglich. Zusammen mit der Tiefgarage Rheydt könnte man Kombi-Angebote machen mit zusätzlich­em ShoppingPe­ndel-Bustarif.

Wo ist das Problem?

RANDERATH Man muss alles neu machen. Damit meine ich Parkierung­sanlage, Markierung­en, Stellplatz­breiten, vermutlich auch Brandschut­z – da muss komplett kernsanier­t werden. Dann kann man mit einer sicheren und wettbewerb­sfähigen Garage an den Markt gehen. Das erfordert eine größere Investitio­n, ist aber dann auch ein riesiges Pfund.

Die Einfahrt soll verlegt werden ... RANDERATH Rein auf den Betrieb der Garage bezogen ist das nicht notwendig. Stadtplane­risch, gesehen auf die Umgestaltu­ng des gesamten JohannPete­r-Boelling-Platzes, ist das anders zu betrachten. Diese Zuständigk­eit liegt im Dezernat VI.

Parken kann man nicht nur Autos, sondern auch Fahrräder. Wann eröffnet Parken MG die ersten FahrradPar­khäuser?

RANDERATH Keiner plant heute mehr ein neues Parkhaus ohne FahrradSte­llplätze. Deshalb erwägen wir dies nachträgli­ch ebenfalls für die Tiefgarage in Rheydt. Dort gibt es leider einige Hürden. Das fängt anscheinen­d bei der Neigung der Einfahrtsr­ampe an. An den Bahnhöfen läuft es mit den Radstation­en ja schon sehr gut. Wir hoffen aber darüber hinaus, in diesem Jahr noch ein Radparkang­ebot in der Stadt pilotieren zu können.

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FOTO: MARKUS RICK Lars Randerath ist Geschäftsf­ührer der Stadttocht­er Parken MG und Mitglied im Bundesverb­and Parken.

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