„Mönchengladbach hat kein Parkplatz-Problem“
Der Chef der Stadttochter Parken MG und Betreiber der Tiefgarage Rheydt spricht über wegfallende Stellplätze für Autos, die Lage in Parkhäusern, Borussias Stellplätze, die Höhe von Gebühren und unterschiedliche Kosten für Anwohnerparkausweise.
LARS RANDERATH Ehrlicherweise meistens das Auto, jedenfalls wenn ich innerhalb von Mönchengladbach mehrere aufeinanderfolgende Termine habe. Ich wohne in Hehn auf dem Land, von da aus dauert es mit dem ÖPNV oft lange. Ich mache aber inzwischen viel mehr mit dem Rad. Wenn ich im Nordpark zu tun habe, und das kommt häufig vor, dann steige ich auf das Fahrrad. Ich habe es 2023 aber auch geschafft, alle Dienstreisen außerhalb Mönchengladbachs mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu bestreiten.
Haben Sie auch mal Probleme, einen Parkplatz zu finden?
RANDERATH Nein, nicht nur aufgrund meiner Berufserfahrung, sondern auch als ortskundiger Mönchengladbacher finde ich immer eine akzeptable Möglichkeit. Mönchengladbach hat kein Parkplatz-Problem.
Parkplätze sind immer ein emotionales Streitthema, vor allem wenn sie für andere Nutzungen entfallen sollen. Ist der Parkraum da nicht doch eng in der Stadt?
RANDERATH Ganzheitlich und objektiv gesehen, nein. Allerdings wird ein Parkerlebnis ja subjektiv wahrgenommen. Für das kostenpflichtige Parken in den Innenstadtlagen haben wir circa 150 Parkscheinautomaten, die 3000 Parkplätze bewirtschaften. Und wir haben rund 7000 Parkplätze in Parkhäusern unterschiedlicher Betreiber, davon etwa 4500 in der Gladbacher und 2500 in der Rheydter Innenstadt. Darin ist zu jeder Tageszeit genügend Platz. Ich kann emotional natürlich verstehen, dass wenn ich Jahrzehnte vor meinem Haus oder Lieblingsbäcker gratis parke und dann jemand sagt, jetzt nicht mehr, oder das kostet – das ist schwierig. Auch wenn es kein Gewohnheitsrecht gibt. Parken ist kein Selbstzweck, sondern für die meisten ein lästiges Übel. Man gibt zwar 100 Euro für eine Konzertkarte aus, aber wenn der Parkplatz daneben fünf Euro kostet, missfällt einem das. Die Bereitstellung von Parkraum muss als Mobilitätsdienstleistung angesehen werden und kostet deshalb Geld.
Wie werden die Parkhäuser denn angenommen? Sind sie gut ausgelastet, oder fährt man lieber in Seitenstraßen, wo man vielleicht noch gratis parken kann?
RANDERATH Solange es kostenfreie Parkmöglichkeiten gibt, machen genau das viele Autofahrer. Es liegt in der Natur des Menschen, dass wenn es irgendwie die Chance gibt, gratis zu parken – wie an der Gracht oder an der Kaiser-Friedrich-Halle –, dann wird das auch versucht. Natürlich parkt auch nicht jeder gerne in Parkhäusern oder Tiefgaragen. So entstehen die Parksuchverkehre: Man fährt lieber dreimal um den Block und sucht einen Parkplatz draußen, als in die Tiefgarage zu fahren und zu bezahlen. Man will ja fürs Shoppen Geld ausgeben, und nicht auch noch fürs Parken.
Ist das Parken draußen dann zu günstig? Sie leeren ja die Parkscheinautomaten.
RANDERATH Es ist jedenfalls günstiger am Parkscheinautomaten als in den allermeisten innerstädtischen Parkobjekten.
Was muss man denn tun, um die Parkhäuser attraktiver zu machen?
RANDERATH Zuerst einmal müssen die Betreiber von Parkobjekten dafür Sorge tragen, dass selbige den Grundanforderungen ihrer Kundschaft entsprechen. Sicherheit, Sauberkeit, gute Wegeführung sowie einfache Zufahrts- und Bezahlvorgänge sind hier die Kriterien. Die uncharmantere, aber meines Erachtens zusätzlich notwendige Methode ist, das straßenseitige Parken nach und nach weiter zu reduzieren oder zumindest kostspieliger
und somit einfach unattraktiver machen.
In vielen Tiefgaragen und Parkhäusern sind die geplanten Parkplätze für große Autos doch inzwischen zu klein geworden.
RANDERATH Das ist definitiv so. Die Autos sind seit dem Boom der Parkbauten in den 1960er- bis 1980er-Jahren um 20 Zentimeter breiter geworden, die Parkplätze sind aber nicht mitgewachsen. Die Stellplatzbreiten von damals mit 2,10 bis 2,30 Meter sind zu klein. 2,50 Meter ist schon der Standard in Parkhäusern. Man geht jetzt schon über zur Empfehlung von einer Breite von 2,75 Meter.
Also müsste man umbauen?
RANDERATH Müsste man. Aber das ist im Bestand meist gar nicht so einfach. Bei gut frequentierten Häusern kann Umsatz wegbrechen, da bei größeren Stellplätzen auch die Gesamtkapazität sinkt. Zudem zieht das einen Rattenschwanz nach sich. Das Ummarkieren am Boden ist noch das Einfachste. In einer Tiefgarage gibt es oft mittig über jedem Parkplatz einen Sprenklerkopf. Eine Brandschutzanlage umzubauen kostet wahnsinnig viel Geld. Außerdem stehen in einem Parkhaus meist viele Stützpfeiler, welche bei veränderten Breiten im Wege sind. Wenn man eine Garage kernsaniert oder neu baut, dann beachtet man diese neuen Breiten beziehungsweise ist dazu auch verpflichtet.
Wenn breitere Fahrzeuge mehr Parkraum brauchen und in einem Parkhaus folglich weniger Platz ist, müssten Halter dann für breitere Autos nicht mehr bezahlen? In Paris werden jetzt die Parkgebühren für SUVs drastisch erhöht. Auch ein Modell für Mönchengladbach?
RANDERATH Mönchengladbach und Paris sind da nicht ganz eine Liga. Das Pariser Modell hat einen gewissen Charme, ist meines Erachtens aber kaum kontrollierbar und birgt das Risiko, ungerechte Maßstäbe anzusetzen. Warum soll die Audi A8 Limousine für 100.000 Euro weniger fürs Parken bezahlen als ein Dacia SUV für 30.000 Euro? Ja, wer mehr Parkraum benötigt, der sollte auch mehr zahlen. Wir haben auch schon überlegt, wie man das in einem Parkhaus abbilden kann, etwa mit einem Fahrzeug-Scanner bei der Einfahrt. Am Flughafen Düsseldorf haben wir schon 2014, als Weltneuheit, die Fahrzeuge digital vermessen und von
Robotern der Größe nach sortiert einparken lassen. Mit diesem Blockparken lässt sich auch eine Menge Raum sparen. Auch gab es Smart-Parkplätze in Lücken, wo nichts anderes hinpasst. An der Straße aber ist vieles davon abhängig, wie platzsparend der Autofahrer parkt. Da kann der schlecht geparkte Smart zwei Plätze blockieren.
Und gäbe es in den Parkhäusern die Möglichkeit, die Preise zu senken? In Rheydt kostet eine Stunde 1,50 Euro. RANDERATH Nein, da sind wir an der Schmerzgrenze. Eigentlich müsste man mehr nehmen, aber wir haben als städtische Tiefgarage ja auch einen Auftrag für die Bevölkerung. Das funktioniert nur mit geschickter Kapazitätssteuerung, wenn man einen Parkplatz mehrmals am Tag vermieten kann. Deshalb haben wir auch unterschiedliche Tarife: für den Arbeitnehmer, der fünf Tage in der Woche tagsüber parkt, für den Anwohner, der abends von der Arbeit nach Hause kommt und morgens aber wieder rausfährt – warum soll der Parkplatz dann den ganzen Tag leer stehen? Anders lässt sich kein Parkplatz wirtschaftlich betreiben. Man kommt mit zwei bis drei Stellplätzen aus, wo fünf Leute einen Parkplatz haben wollen. Man muss nur wissen, wann sie parken wollen. Das wäre auch eine digital abbildbare Parklösung für Quartiere mit höherem Parkdruck.
In vielen Kommunen werden die Gebühren für Anwohnerparkausweise deutlich angehoben. In Neuss sind es 120 Euro im Jahr, in Münster 260 Euro, in Mönchengladbach noch 30 Euro. Ist das noch zeitgemäß? RANDERATH Nein, das sehen wir im Bundesverband Parken deutlich und diskutieren das auch. 30 Euro für einen Stellplatz und das im Jahr– auch wenn man hier und da vielleicht etwas suchen muss – das ist schon sehr günstig. Aber es kann auch nicht so viel kosten wie ein Parkplatz in einer Garage.
In Rheydt gibt es die KennzeichenErfassung bereits, auch wenn es noch immer Papiertickets gibt. Können Sie Vorbehalte nachvollziehen?
RANDERATH Bei den Vorbehalten sind wir in Deutschland international führend. Ich kann versichern, dass alles datenschutzkonform abläuft. Das Kennzeichen wird binnen 24 Stunden gelöscht und darf auch nicht dem Nutzer zugeordnet werden. Die gesetzlichen Regeln sind streng, deshalb kann ich die Vorbehalte als Fachmann nicht nachvollziehen. Jeder Handynutzer gibt viel mehr von sich preis.
Wann fallen die Schranken ganz weg?
RANDERATH Das ist eine Frage der Kundenakzeptanz und letztlich des Geldes. Wir haben die Tiefgarage Rheydt umgestellt auf KennzeichenErfassung, haben aber die Schranke gelassen und geben weiter Papiertickets aus. Für den Anfang ist das charmant, langsam an das Thema heranzuführen. Das Ticket macht aber auch viele Probleme, wenn es zerknickt ist, nass wird oder verloren geht – das macht Unmut beim Kunden und verursacht viele Wartungen und Reparaturarbeiten. Ich würde das Ticket gerne ganz abschaffen. Das kostet aber Geld, weil wir eine Generation neuer Kassenautomaten brauchen. Die Dauerparker verwalten wir übrigens schon komplett digital über das Kennzeichen. Wer Kunde bei einem Mobilitäts-Provider wie Easypark ist, bekommt auch kein Ticket mehr. Da öffnet sich die Schranke automatisch, abgerechnet wird über den Provider. So vernetzt muss Mobilität sein.
Wie wäre denn noch ein vernetztes Angebot für Parker mit dem ÖPNV?
RANDERATH Mein Ziel ist, irgendwann die gesamte Tiefgarage komplett kontakt- und bargeldlos betreiben zu können, auch wenn es mit Rücksicht auf die ältere Generation noch länger die Möglichkeit geben wird, auch noch mit Münzen zu bezahlen. Und dann kann ich mit dem Gedanken spielen, die Schranken ganz wegzunehmen. Das gibt zwar erst einmal Probleme, aber das ist die auch gar nicht mehr so ferne Zukunft.
Wird es das auch bei Heimspielen von Borussia geben? Sie sind ja über die gemeinsame Parkplatzgesellschaft PPG mit Borussia auch dort involviert.
RANDERATH Bei Borussia auf dem P4 haben wir inzwischen auch eine moderne Anlage und probieren das aus. Bei Heimspielen steht dort aber noch immer ein Ticketverkäufer an der Einfahrt, weil der Verkehrsdruck einfach zu groß ist. Aber wir testen bereits seit einigen Spieltagen die Onlinebezahlung. Wenn 9000 Fahrzeuge parken und bei irgendwem funktioniert das nicht, und der Abwicklungsvorgang dauert drei Minuten, dann gibt es direkt einen Rückstau bis zur Autobahn. Deshalb müssen wir da sehr vorsichtig sein. Aber dennoch wird auch hier die bargeldlose, digitale Bezahlung die Zukunft sein.
Wie entwickelt sich denn der Parkverkehr bei Borussia im 20. Jahr ohne Bahn-Anschluss?
RANDERATH Es ist jedes Mal aufs Neue eine Herausforderung, da arbeiten wir eng mit der Polizei, mit der Verkehrsleitung, der Stadtverwaltung und Borussia zusammen. Jeden Spieltag aufs Neue sind wir abgestimmt, weil jede noch so kleine Störung riesige Auswirkungen haben kann. Und mit dem Bau des P8 an der Belgrader Straße erhoffen wir uns eine neue Entlastungsmöglichkeit bei Verkehrsspitzen am Spieltag. Dort bauen wir ja 500 Stellplätze und zusammen mit Aral Pulse einen Ladepark mit 14 Ultraschnell-Ladesäulen für Elektrofahrzeuge. Es gibt natürlich diese Pokalspiele abends unter der Woche, wo nach Abpfiff keine S-Bahn mehr fährt. Das wird weiter schwierig bleiben – wie auch Doppelveranstaltungen. Auch wenn alle Veranstalter im Nordpark das vermeiden wollen, es kommt vor, wie zuletzt 2023 mit Borussia und Hockey-EM. Um das abzuwickeln, sind wir Monate im Voraus in der Planung, wo man noch Wiesen anmieten oder Shuttleverkehre organisieren kann.
Die Tiefgarage Abteiberg gehört der
Stadt, ist aber seit Jahren zu. Warum geht es nicht voran?
RANDERATH Die Garage ist im aktuellen Zustand nicht mehr betriebssicher. Auch so lässt sich die Garage im Vergleich mit den benachbarten Parkhäusern an der Stepgesstraße oder am Minto, die massiv investiert haben, nicht wirtschaftlich betreiben. In der Oberstadt soll viel Positives geschehen. Da sind Parkplätze, über die die Stadt frei bestimmen kann, Gold wert. Stellen Sie sich vor, eine Hochzeitsgesellschaft im Haus Erholung bucht Parkplätze für die Gäste und will dazu einen Pförtner mit Kappe und rotem Teppich haben – kein Problem. Fahrradparken, E-Laden, 24/7 Öffnungszeiten, Park-Special beim Museums-Sonntag oder Stadtschützenfest – alles wäre möglich. Zusammen mit der Tiefgarage Rheydt könnte man Kombi-Angebote machen mit zusätzlichem ShoppingPendel-Bustarif.
Wo ist das Problem?
RANDERATH Man muss alles neu machen. Damit meine ich Parkierungsanlage, Markierungen, Stellplatzbreiten, vermutlich auch Brandschutz – da muss komplett kernsaniert werden. Dann kann man mit einer sicheren und wettbewerbsfähigen Garage an den Markt gehen. Das erfordert eine größere Investition, ist aber dann auch ein riesiges Pfund.
Die Einfahrt soll verlegt werden ... RANDERATH Rein auf den Betrieb der Garage bezogen ist das nicht notwendig. Stadtplanerisch, gesehen auf die Umgestaltung des gesamten JohannPeter-Boelling-Platzes, ist das anders zu betrachten. Diese Zuständigkeit liegt im Dezernat VI.
Parken kann man nicht nur Autos, sondern auch Fahrräder. Wann eröffnet Parken MG die ersten FahrradParkhäuser?
RANDERATH Keiner plant heute mehr ein neues Parkhaus ohne FahrradStellplätze. Deshalb erwägen wir dies nachträglich ebenfalls für die Tiefgarage in Rheydt. Dort gibt es leider einige Hürden. Das fängt anscheinend bei der Neigung der Einfahrtsrampe an. An den Bahnhöfen läuft es mit den Radstationen ja schon sehr gut. Wir hoffen aber darüber hinaus, in diesem Jahr noch ein Radparkangebot in der Stadt pilotieren zu können.