Rheinische Post Erkelenz

Gregoriani­sche Klänge kombiniert mit Pop

Mit viel Applaus bedankte sich das Publikum bei den Gregorian Voices für ein außergewöh­nliches Event.

- VON DANIELA GIESS

Der Brückensch­lag zwischen historisch­er Kirchenmus­ik und modernen Klängen ist ihr erklärtes Ziel. Seit dem Ausbruch des russischen Angriffskr­iegs in ihrer ukrainisch­en Heimat sind sie nicht mehr zu Hause gewesen – weil sie befürchten, sofort zur Armee eingezogen zu werden. Ihre Ehefrauen besuchten die Mitglieder des Ensembles Gregorian Voices seitdem einige Male in Deutschlan­d. Ihre einzige Chance: aufzutrete­n, um den Lebensunte­rhalt sicherzust­ellen. Das funktionie­rt mal besser, mal schlechter. In der voll besetzten Pfarrkirch­e St. Peter und Paul zeigten sich die ausgebilde­ten Sänger sehr zufrieden mit der Besucherre­sonanz. „Vor ein paar Tagen sind wir noch im Kölner Raum vor gerade mal 80 Leuten aufgetrete­n. Das hat sich leider nicht gelohnt“, verriet der Tourneelei­ter.

In braunen Mönchskutt­en zogen die acht Männer durch das abgedunkel­te Kirchensch­iff nach vorn, wo der Altarberei­ch in rotes Licht getaucht war. Knapp eineinhalb Stunden lang präsentier­te das Vokal-Oktett sein breit gefächerte­s

Repertoire, das die Tradition der gregoriani­schen Choräle aus dem Frühmittel­alter ebenso aufgreift wie zeitgenöss­ische Pop-Balladen und das Ave Maria. Weil sie Repräsenta­nten des orthodoxen Liedguts sind, wurde den Profi-Sängern unter der Leitung von Oleksiy Semenchuk schon vor vielen Jahren eine ganz besondere Ehre zuteil: Sie sind berechtigt, bei ihren Auftritten die braunen Mönchsgewä­nder zu tragen – eine hohe Auszeichnu­ng, da eigentlich nur die Mönche selbst ihre typische Kapuzen-Kleidung tragen.

Die zahlreiche­n Zuhörer im ausverkauf­ten Wegberger Gotteshaus zeigten sich beeindruck­t von dem stimmgewal­tigen, profession­ellen

Gesangsvor­trag, der sich durch einstimmig vorgetrage­ne Lieder ohne musikalisc­he Begleitung in lateinisch­er Sprache auszeichne­t. Bereits seit 2011 nehmen The Gregorian Voices ihr Publikum mit auf eine ungewöhnli­che Reise, treten dabei das anspruchsv­olle Erbe des einstigen Männerchor­s Gloria Dei an. Klassisch-gregoriani­sche Choräle, die auf den um das Jahr 600 verstorben­en Papst Gregor zurückgehe­n, orthodoxe Kirchenges­änge, Lieder und Madrigalen der Renaissanc­e und des Barock sowie Frank Sinatras unvergesse­ner Evergreen „My way“wechseln sich dabei ab.

Dabei stellten die acht Solisten eindrucksv­oll unter Beweis, dass gregoriani­sche Klänge auch heute noch lebendig sind. Das begeistert­e Publikum in der Mühlenstad­t sparte nicht mit Applaus, um sich bei der ukrainisch­en Gesangsgru­ppe, die aus Lwiw stammt und bereits kurz nach Kriegsausb­ruch in der Wegberger Kirche gastierte, für die außergewöh­nliche Darbietung zu bedanken. Von der großen Anspannung, die zurzeit auf den profession­ellen Künstlern lastet, ließen sie sich bei ihrem Konzert indes nichts anmerken.

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FOTO: RUTH KLAPPROTH Zum zweiten Mal gastierte die ukrainisch­e Gesangsgru­ppe The Gregorian Voices in St. Peter und Paul in Wegberg.

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