Rheinische Post Erkelenz

Jahrhunder­t-Chance und Steckerzie­her-Gefahr

Dass es rund um Borussia trotz dürftiger Ergebnisse so ruhig ist, liegt vor allem an der Chance, die der Klub im DFB-Pokal noch hat. Bevor es die zu nutzen gilt, steht das Derby an. Die Gladbacher müssen nun beweisen, dass sie verstanden haben, worum es i

- VON HANNAH GOBRECHT

Für Borussia beginnt nach dem 1:1 in Mainz die Crunchtime, die entscheide­nde Phase der Saison. Binnen vier Tagen stehen für den Klub das Derby gegen den 1. FC Köln und das Viertelfin­alspiel im DFB-Pokal beim 1. FC Saarbrücke­n an. Beide Partien können maßgeblich Einfluss darauf nehmen, wie die Saison 2023/24 in Erinnerung bleiben wird: Als eine Spielzeit, in der sich Gladbach mit einem Derbysieg endgültig von der Abstiegszo­ne absetzte und die Chance auf das Pokalfinal­e bis Anfang April wahrte? Oder als eine Saison, in der nicht mal ein Derbysieg gelang und Borussia den Traum von Berlin bei einem Drittligis­ten platzen ließ?

Eines ist sicher: Mit einer derart schwachen ersten Halbzeit wie in Mainz wird Gladbach gegen das auf Rang 16 liegende Köln ebenfalls arge Probleme bekommen. Leicht hergeschen­kte Standardsi­tuationen, durch die Mainz mehr und mehr Selbstbewu­sstsein bekam, dürfen die Borussen weder im Derby noch in Saarbrücke­n zulassen. Und statt dem Ball nur hinterherz­uschauen, muss Seoanes Mannschaft die zweiten Bälle gewinnen, in Mainz gehörten die meist dem Gegner.

Der Auftrag der Fans ist klar: Erst soll am Samstag die Derby-Wiedergutm­achung für die 1:3-Pleite im Hinspiel gelingen und für die Tatsache, dass Borussia nur eines der vergangene­n sechs Duelle mit dem Erzrivalen für sich entschied, dann soll am Dienstag der Halbfinale­inzug eingetütet werden – und in der Saison, die Gladbach voraussich­tlich im Niemandsla­nd der Tabelle beendet, noch etwas Euphorie entfacht werden.

Andernfall­s wäre ein Pokalaus der Steckerzie­her, der auch der Mannschaft ein großes Ziel rauben würde, es wäre der Stimmungsk­iller und Kipppunkt zugleich. Wie sich das auf den Liga-Alltag auswirken würde – ungewiss. Jetzt, Anfang März, spitzt sich die Saison bei Borussia

vor den Partien gegen Köln und Saarbrücke­n zu. Es gilt, das Derby so zu bestreiten, dass die Jahrhunder­tChance im Pokal mit Rückenwind angegangen werden kann.

Dem viel zitierten „Prozess“, auf den die Klub-Bosse gerne verweisen, würden die 3,44 Millionen Euro guttun, die das Halbfinal-Ticket in die Kassen spült. Diese Summe hätte

Borussia schon im Januar geholfen, noch einen Spieler zu verpflicht­en, nun wäre das Halbfinale neben dem sportliche­n Wert vor allem mit Blick auf die Kaderplanu­ng elementar,

zum Beispiel, um einen Teil der Ablöse von Leihspiele­r Jordan Siebatcheu zu finanziere­n.

„Wir wussten, was uns erwartet“, ist ein Satz, der in dieser Saison nach

enttäusche­nden Resultaten schon oft von den Borussen zu hören war, so auch am vergangene­n Wochenende in Mainz. Natürlich – im gläsernen Profifußba­ll, wo die Vereine mittlerwei­le zig Analysten und Datenscout­s eingestell­t haben, wird jeder Gegner in der Spielvorbe­reitung entschlüss­elt und seziert. Es werden Szenarien und Matchpläne entworfen, die zahlreiche Was-wäre-wenn-Fälle berücksich­tigen.

Gegen Köln und Saarbrücke­n werden die Gladbacher allerdings den Beweis erbringen müssen, dass sie nicht nur wissen, um was es in den mindestens 180 Minuten geht. Sie müssen zeigen, dass sie sich zu wehren wissen, wenn der Gegner engagiert auftritt und die Borussen spüren lässt, was Abstiegs- und Pokalkampf bedeutet. Ruhe zu bewahren, sich davon nicht aus dem Konzept bringen zu lassen, das hat Borussia beim 5:2 gegen Bochum geschafft – um eine Woche später in Mainz in der Anfangspha­se einen herben Rückfall zu erleiden.

In etwas mehr als einer Woche kennt Borussia den Ausgang beider Partien. Dann lässt sich sagen, in welche Richtung sich die Saison noch entwickeln kann – oder ob es den Fans nicht zu verdenken wäre, wenn sie die Spielzeit Mitte März bereits abhaken.

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FOTO: DIRK PÄFFGEN Die Gladbach-Profis um Kapitän Julian Weigl (M.) müssen im Derby und im Pokal anders auftreten als in Mainz.
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FOTO: DPA Gerardo Seoane steht mit Borussia vor richtungsw­eisenden Tagen.
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FOTO: DIRK PÄFFGEN Für die Fans stehen die bisher wichtigste­n Spiele der Saison an.

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