Rheinische Post Erkelenz

Artenvielf­alt auf mageren Böden

Ungewöhnli­che Landschaft­en verdienen einen besonderen Schutz.

- Unsere Autorin ist Professori­n für Botanik an der Heinrich-Heine-Universitä­t Düsseldorf. Sie wechselt sich hier mit der Philosophi­n Maria-Sibylla Lotter und der Biochemike­rin Birgit Strodel ab.

In Mitteldeut­schland gibt es einzigarti­ge trockene nährstoffa­rme Magerwiese­n. Kalkreich oder sandig beschaffen, sind sie oft gekennzeic­hnet durch felsige Strukturen und südlich exponierte Lagen. Diese Landschaft­en bilden einen starken Kontrast zu den flächenmäß­ig viel größeren urbanen Zonen, intensiv bewirtscha­fteten Feldern und Wäldern. Magerböden wurden durch geologisch­e Ereignisse und menschlich­e Einflüsse geformt. Muschelkal­kböden etwa enthalten Ablagerung­en von Schalentie­ren, die vor Hunderttau­senden von Jahren den Meeresbode­n bevölkerte­n. Da ungeeignet für den intensiven Pflanzenan­bau, wurden diese Gebiete extensiv beweidet. Dadurch siedelten sich dort besondere Pflanzenar­ten an, die trotz der kargen

Bedingunge­n blühen und gedeihen. Je größer, umso besser – das zählt hier nicht. Pflanzen an mageren Standorten haben fasziniere­nde Anpassungs­strategien, um an Nährstoffe und Wasser zu gelangen oder einfach robust zu sein. Einige Beispiele sind der Wiesensalb­ei mit seinem kräftigen Pfahlwurze­lsystem, kleinwüchs­ige, aber trittfeste Steinbrech­gewächse und Sandthymia­n mit ledrigen, wasserspar­enden Blättchen.

Pflanzen haben erstaunlic­he Fähigkeite­n zu kooperiere­n. Gräser teilen eisenbinde­nde Stoffe. Schmetterl­ingsblütle­r wie der charakteri­stische Wundklee stellen Wurzelknöl­lchen bereit, damit Bakterien Luftsticks­toff nutzen können, und wilde Orchideen wie die Knabenkräu­ter keimen mithilfe von Pilzgeflec­hten. Räuberisch­e

Pflanzen gibt es auch. Die parasitier­enden Sommerwurz­gewächse zapfen einfach ihre Wirtspflan­zen an. Zu Beginn des Frühjahrs locken in Naturschut­zgebieten die lila Küchensche­lle und gelb blühende Adonisrösc­hen. Die Biodiversi­tät auf Magerböden kann erhalten und auch zukünftig erforscht werden, wenn diese Gebiete durch natur- und landschaft­schützende Maßnahmen erhalten werden und die Verbuschun­g dort verhindert wird; denn die Verwilderu­ng der Flächen ist eine große Gefahr für die empfindlic­hen Magerboden-Ökosysteme.

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PETRA BAUER

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