Wie Endometriose zu Unfruchtbarkeit führt
Die Erkrankung ist verbreitet und verursacht unter anderem starke Regelschmerzen, Beschwerden beim Wasserlassen und beim Geschlechtsverkehr. Welche Therapien helfen können.
MÖNCHENGLADBACH Bundesweit erkranken jährlich rund 40.000 Frauen zwischen der Pubertät und den Wechseljahren neu an Endometriose. Damit ist die Krankheit nach dem Myom die zweithäufigste Erkrankung der Frau. Die verschiedenen Theorien zur Entstehung von Endometriose könnten bislang noch nicht wissenschaftlich bestätigt werden, sagt Privat-Dozent und Chefarzt Darius Salehin. Er ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Evangelischen Krankenhaus Bethesda und Leiter des dortigen Endometriosezentrums. Obwohl Endometriose nicht vererbbar sei, gebe es doch eine familiäre Häufung, so Salehin.
Die Erkrankung äußert sich sehr unterschiedlich. Anzeichen sind chronische Unterbauchschmerzen, starke Regelschmerzen, Schmerzen beim Stuhlgang, beim Wasserlassen, beim Geschlechtsverkehr. „Wir arbeiten mit Schmerzskalen von eins bis zehn, so können wir visualisieren, was nicht mehr einem normalen Regelschmerz entspricht“, sagt der Arzt. Eine weit verbreitete Folge der Endometriose ist die eingeschränkte Fruchtbarkeit.
Was ist Endometriose überhaupt? „Eine gängige Erklärung ist, dass Endometriose-Gewebe außerhalb der Gebärmutter wie die Gebärmutterschleimhaut auf bestimmte Hormone reagieren kann und sich mit dem Menstruationszyklus periodisch auf- und wieder abbaut und blutet“, erklärt Salehin. Allerdings kann das mit der Blutung abgestoßene Gewebe den Körper nicht verlassen. Es staut sich im Körper, zum Beispiel in der Bauchhöhle, in Form von Endometriose-Herden.
Endometriose-Gewebe an den Eierstöcken zeigt sich in der Bildung von Zysten. Die Prozesse führen zu chronischen Entzündungen, Vernarbungen und Verwachsungen der betroffenen Gewebe. Endometriose-Herde können, obwohl sie als gutartig kategorisiert werden, in anderes Gewebe hineinwachsen und so bleibende Schäden an
Organen wie dem Darm oder den Eileitern verursachen. Viele Endometriose-Spezialisten können die Erkrankung mittlerweile mit bildgebenden Verfahren, per Ultraschall und/oder MRT diagnostizieren – mit Ausnahme einer Endometriose am Bauchfell. Das hat sich im Laufe der Jahre geändert. Früher konnte die Endometriose nur über eine Bauchspiegelung festgestellt werden.
„Die Gleichung ‚Viel Endometriose macht viele Beschwerden, wenig Endometriose macht wenige Beschwerden’“, erklärt Darius Salehin,
„die stimmt nicht. Das Ausmaß der Schmerzen ist allein durch die Lage der Endometriose bestimmt und ob Nervenstränge involviert sind.“
Vom Auftreten der ersten Symptome bis zur Diagnosestellung vergehen im Durchschnitt sieben Jahre. Bei Patientinnen mit unerfülltem Kinderwunsch sind es etwa drei Jahre, bei Schmerzpatientinnen dauert es bis zu zehn Jahre, bis die Diagnose gestellt wird. Die Erkrankung verläuft chronisch.
Es gibt zwei Behandlungswege: die operative und die medikamentöse Therapie. „Die Behandlung ist sehr speziell und individuell“, sagt Salehin.
„So wird eine Schmerzpatientin anders beraten und behandelt als eine Patientin mit unerfülltem Kinderwunsch.“Die meisten Operationen sind minimalinvasiv – eine schonende Operation mit weniger Blutverlust, schneller Rekonvaleszenz und einem kürzeren Krankenhausaufenthalt. Bei komplexen Eingriffen wird robotisch assistiert operiert, um weiterhin einen Bauchschnitt zu vermeiden.
Neben einer möglichen Operation ist die hormonelle Therapie eine Art der Behandlung. „Wir versuchen, die Erkrankung ganzheitlich zu betrachten“, sagt Salehin. Die Klinik bietet psychosomatische und psychotherapeutische Behandlungen an, arbeitet mit Homöopathie und Akupunktur, bietet auch eine Ernährungsberatung an, um den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen zu können.
Bis zu 50 Prozent der Frauen mit einem unerfüllten Kinderwunsch haben Endometriose. In diesen Fällen findet eine Konferenz mit einem lokalen Kinderwunschzentrum statt, um ein individuelles Therapiekonzept zu erstellen. Die Behandlung hängt davon ab, welche Form der Endometriose und welcher Organbefall in welcher Lebenssituation vorliegt.