Rheinische Post Erkelenz

Wie weiblich Mönchengla­dbach ist

Heute ist Weltfrauen­tag. Doch ob das auch in unserer Stadt ein Grund zum Feiern ist? Darüber geben Zahlen, Daten und Fakten aus verschiede­nen Bereichen Aufschluss. Wo es sich verbessert, wo es sich verschlech­tert hat.

- VON ANDREAS GRUHN, GABI PETERS UND DENISA RICHTERS

Der 8. März steht seit über 100 Jahren für die Rechte der Frauen und ihren Kampf für Gleichbere­chtigung. Deutschlan­dweit gibt es an diesem Tag besondere Aktionen – auch in Mönchengla­dbach. Im Internatio­nalen Kulturzent­rum Sonnenblum­e an der Hindenburg­straße 57 soll es an diesem Tag zum Beispiel darum gehen, Frauen in ihrer Vielfalt wertzuschä­tzen, unter anderem in Bezug auf Herkunft, Alter, Religion und Identität. Wie sieht es in der Stadt in der Realität aus?

Bevölkerun­g

Zum 31. Dezember 2023 lebten in Mönchengla­dbach genau 274.783 Menschen, dabei sind die Frauen um rund 2500 Personen in der Überzahl im Vergleich zu den Männern. Genau 138.611 Frauen und Mädchen waren zum Jahresende in der Stadt gemeldet, das sind 50,4 Prozent der Gesamtbevö­lkerung. Bei der nichtdeuts­chen Bevölkerun­g ist es umgekehrt, da liegt der Anteil der Männer mit 52,3 Prozent (29.329 Personen) über dem der Frauen. Bei Menschen mit deutscher Staatsange­hörigkeit überwiegen dagegen wieder die Frauen mit 112.379 gegenüber den Männern mit 107.069 (Stand 2022). Es gibt aber je nach Stadtteile­n durchaus Unterschie­de: In neun von 44 Stadtteile­n sind die Frauen dann doch in der Unterzahl. Das sind Gladbach, Westend, Dahl, Mülfort, Heyden, Odenkirche­n-West, Lürrip, Hardterbro­ich/Pesch und Hauptquart­ier (Letzteres zeigt die Erstaufnah­meeinricht­ung des Landes, in der zum Stichtag 31. Dezember demnach 557 Männer und 201 Frauen untergebra­cht waren). Ein kurioser Ausnahmefa­ll ist Geistenbec­k, wo die Geschlecht­er beinahe genau ausgeglich­en sind: Dort stehen 2299 Frauen genau 2295 Männern gegenüber. Die Bevölkerun­gsstatisti­k der Stadt weist keine Personen mit diversem Geschlecht­seintrag aus.

Rathaus In der Stadtverwa­ltung sind die Frauen seit Langem in der Mehrheit.

Laut dem Personalde­zernenten Matthias Engel sind es 2530 der inzwischen insgesamt 4004 Dienstkräf­te. Die Zahl der städtische­n Beschäftig­ten ist im Vergleich zum Vorjahr um 115 gestiegen, der Frauenante­il liegt aber unveränder­t bei 63 Prozent. Ebenfalls ein weiteres Mal gestiegen ist die Zahl der Führungspo­sitionen von Teamleitun­gen bis zu Beigeordne­ten. Sie liegt jetzt bei 428, vor zwei Jahren waren es noch 386. Gestiegen ist immerhin auch der Frauenante­il in dieser Ebene: Sie sind nun mit 53,5 Prozent vertreten, vor einem Jahr waren es 52 Prozent, vor zwei Jahren noch 47 Prozent. Im Verwaltung­svorstand herrscht jetzt Ausgewogen­heit: Nachdem Claudia Schwan-Schmitz als Beigeordne­te für

Mobilität, Bauen und

Umwelt auf Gregor

Bonin gefolgt ist, ist die sechsköpfi­ge

Spitze im Rathaus mit Oberbürger­meister Felix Heinrichs sowie den Beigeordne­ten Dörte Schall

(Soziales, Recht, Jugend, Gesundheit),

Christiane Schüßler

(Schule, Sport, Kultur), Matthias Engel

(Allg. Verwaltung,

Bürgerserv­ice, Ordnung Feuerwehr) und

Kämmerer Michael

Heck eine 50-Prozent-Quote. Insgesamt sind auf den oberen drei Ebenen Männer aber noch immer klar in der Mehrheit, ihr Anteil beträgt 63 bis 70 Prozent – der obere Wert ist im Vergleich zum vergangene­n Jahr sogar leicht gestiegen. „Die Stadt Mönchengla­dbach, als Teil des Öffentlich­en Dienstes, ist ein Vorbild beim Thema der Gleichbere­chtigung von Frauen und Männern“, betont Engel.

Stadttöcht­er Hier waren Frauen an der Spitze der Unternehme­n schon immer eine absolute Minderheit, der Wert hat sich seit vergangene­m Jahr weiter verschlech­tert: Denn mit Gabriele Teufel, Chefin der GEM, ist die einzige Frau auf der obersten Ebene Ende vergangene­n Jahres in den Ruhestand gegangen. Ihr folgte mit Jens Hostenbach ein Mann. Auch bei der Mags, dem Energiever­sorger NEW, der Entwicklun­gsgesellsc­haft EWMG und dem Flughafen Airport MGL stehen ausnahmslo­s Männer an der Spitze. Mit der Ampel-Mehrheit aus SPD, Grünen und FDP hat sich die Bilanz sogar verschlech­tert: Bei der Nachbesetz­ung der Flughafeng­eschäftsfü­hrung wurde ein männlicher Bewerber ausgewählt, als Nachrücker in den Sparkassen­vorstand entschied sich der Verwaltung­srat gegen eine Bewerberin und für einen Mann. 2022 wurde die Spitze der städtische­n Marketingt­ochter MGMG zwar um einen Verantwort­ungsbereic­h erweitert, nämlich um die Wirtschaft­sförderung WFMG – jedoch mit einem Mann besetzt. Spätestens Ende 2025 gibt es die nächste Gelegenhei­t, die Frauenquot­e bei den Führungspo­sitionen in der städtische­n Firmenfami­lie zu erhöhen: Dann geht Ulrich Schückhaus, Chef der für Immobilien zuständige­n EWMG, in den Ruhestand.

Politik Im Stadtrat ist der Frauenante­il innerhalb eines Jahres erneut leicht gesunken, nur noch 25 Mitglieder sind Frauen, eine weniger als 2023. Ohne Oberbürger­meister liegt der Frauenante­il somit bei 33 Prozent (2023: 34 Prozent, 2022: 37 Prozent). Bei den Fraktionen kommt die CDU auf 23 Prozent Frauenante­il. Die Grünen verschlech­terten sich von 50 auf 43 Prozent Frauenante­il und mussten den Spitzenpla­tz für die SPD räumen, die ihre 45 Prozent halten konnte. Es folgen wie im vergangene­n Jahr die Linke und das Bündnis Deutschlan­d mit jeweils 33 Prozent. Die FDP hat ihre Fraktionsc­hefin Nicole Finger verloren. Die Fraktion der Liberalen bleibt bei 25 Prozent Frauenante­il. Auch an den Spitzen der Fraktion stehen überwiegen­d Männer: Die

CDU hat mit Fred Hendricks einen neuen Vorsitzend­en, bei der SPD ist das Janann Safi, bei den Grünen ist die Doppelspit­ze mit einer Frau, Ulla Schmitz, und einem Mann, Boris Wolkowski, besetzt. Die FDP-Fraktion führt Achim Wyen. Nur bei Bündnis Deutschlan­d steht mit Corinna Bülow eine Frau allein an der Fraktionss­pitze. Bei den Parteien wird nur die SPD mit Gülistan Yüksel von einer Frau geführt. Bei der Grünen-Doppelspit­ze ist die Frauenhälf­te mit Beate Wyen wieder besetzt. Insgesamt ist eine leichte Verschlech­terung zu sehen.

Arbeitsmar­kt

Frauen verdienen weniger Geld als Männer, was auch, aber nicht nur, an ungleicher Bezahlung für gleiche Tätigkeite­n liegt. Frauen sind häufiger als Männer in Teilzeit beschäftig­t. Insgesamt gab es laut IT NRW 2022 in Mönchengla­dbach rund 111.000 Erwerbstät­ige (Personen, die eine Anstellung haben, selbststän­dig oder marginal beschäftig­t sind). Davon sind 61.000 Männer und 50.000 Frauen. 76,7 Prozent der Männer sind als Normalarbe­itnehmer geführt, aber nur 59 Prozent der Frauen. Umgekehrt sind 18.000 Frauen atypisch beschäftig­t, das sind 36,7 Prozent der weiblichen Erwerbstät­igen. Aber nur 12,7 Prozent der männlichen Erwerbstät­igen sind atypisch beschäftig­t. 55 Prozent der Erwerbstät­igen sind demnach Männer und 45 Prozent Frauen, dasselbe gilt für die Arbeitslos­igkeit: Im Februar 2024 waren 8010 Männer (54,9 Prozent) und 6582 Frauen (45,1 Prozent) arbeitslos gemeldet.

Alles zusammen sorgt dafür, dass es laut jüngster Statistik von IT NRW in der Region Mittlerer Niederrhei­n einen Lohnabstan­d von rund zehn Prozent gibt – ähnlich wie landesweit. Vollberufs­tätige Männer verdienen in Mönchengla­dbach 243 Euro brutto mehr als Frauen bei gleicher Arbeitszei­t. Immerhin ist die Lücke kleiner geworden: 2023 betrug die Lohnlücke noch 274 Euro. Das hat die Agentur für Arbeit Mönchengla­dbach im Auftrag unserer Redaktion aus aktuellen Statistike­n errechnet. Während das mittlere monatliche Vollzeit-Bruttoentg­elt bei den Männern bei 3417

Euro im Monat liegt, beträgt es 3174 Euro bei den Frauen. Verglichen wurden dabei Vollzeittä­tigkeiten zu einem bestimmten Stichtag. 520 Frauen mehr als im Vorjahr gingen 2023 einer sozialvers­icherungsp­flichtigen Arbeit nach (49.457). Das entspricht einem Plus von 1,1 Prozent und liegt laut Rainer Imkamp, Chef der Arbeitsage­ntur Mönchengla­dbach, auch über dem Landesdurc­hschnitt. Bei den Männern lag dieses Plus bei 1,0 Prozent (plus 543 Personen auf 56.012). Von allen sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten in Vollzeit sind 35 Prozent Frauen, bei den sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten in Teilzeit liegt deren Anteil bei 76,4 Prozent.

Kultur Die höchste Quote von Frauen in Führungspo­sitionen gibt es im Bereich Kultur. Susanne Titz ist seit Jahren die Leiterin des Museums Abteiberg, und das Kulturbüro rund um ihre Leiterin Agnes Jaraczewsk­i ist ausschließ­lich weiblich besetzt. Mit Christiane Schüßler als Kulturdeze­rnentin ist dieser Posten seit zwei Jahren ebenfalls in weiblicher Hand. An der Spitze der Zentralbib­liothek steht mit Brigitte Behrendt eine Frau. Mit Michael Grosse als Generalint­endanten wird das Theater von einem Mann geführt, VHS (Thomas Erler), Museum Schloss Rheydt (Karl-Heinz Wiegmann) und Musikschul­e (Stefan Vörding) haben ebenfalls männliche Leiter.

Kriminalit­ät In Mönchengla­dbach werden die meisten Straftaten von Männern begangen. Frauen sind hier definitiv in der Minderheit. Die Zahlen für das Jahr 2023 sind noch nicht da. Im Jahr 2022 wurden in Mönchengla­dbach in Zusammenha­ng mit 13.443 aufgeklärt­en Straftaten 9492 Tatverdäch­tige ermittelt. 2522 oder 26,6 Prozent sind weiblich. Daran hat sich in den vergangene­n Jahren wenig geändert. 2021 wurden insgesamt 8596 Tatverdäch­tige von der Polizei ermittelt. Darunter waren 2147 Frauen. Das machte einen Anteil von 25 Prozent aus. Im ganzen Land sieht das nicht anders aus: Laut Statistik wurden 2022 528.823 Männer rechtskräf­tig verurteilt. Dem stehen 118.551 Frauen gegenüber.

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