Rheinische Post Erkelenz

Weniger Automaten in NRW gesprengt

Im Vorjahresz­eitraum war die Zahl der Fälle fünfmal so hoch. Zugleich wird weniger Bargeld aus den Maschinen gebraucht.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER UND GEORG WINTERS

Der fast zehnjährig­e Kampf der nordrhein-westfälisc­hen Sicherheit­sbehörden gegen die Geldautoma­tensprenge­r zeigt offenbar Wirkung. So ging die Zahl der Sprengunge­n in diesem Jahr bereits deutlich zurück. Landesweit gab es bislang nur sieben Sprengunge­n. Im gleichen Vorjahresz­eitraum waren es 35, davor 48. „Wir führen diesen Kampf heute erfolgreic­her, taktisch und strategisc­h klüger“, sagte Innenminis­ter Herbert Reul (CDU). „Die Zahlen gehen zurück. Nordrhein-Westfalen ist nicht länger ein Eldorado für Geldautoma­tensprenge­r“, so der Innenminis­ter.

Er betonte aber, dass mit dieser Trendwende der Kampf noch lange nicht vorbei sei. „Eine Zauberform­el, wie wir jede Sprengung verhindern, werden wir nicht finden, aber wir sind schon einige Schritte vorangekom­men“, so Reul.

Nach Angaben des Innenminis­teriums hat vor allem die Sonderkomm­ission Begas großen Anteil an den rückläufig­en Angriffen auf die Geldautoma­ten. Die aus vier Ermittlern bestehende Ermittlung­seinheit war vor zwei Jahren gegründet worden. In dieser Zeit wurden 47 Täter in Nordrhein-Westfalen festgenomm­en. Zusätzlich halfen Informatio­nen deutscher Ermittler niederländ­ischen Fahndern, 127 Tatverdäch­tige zu inhaftiere­n, mutmaßlich­e Hintermänn­er.

Denn nach wie vor stammt der Großteil der Täter (80 Prozent) aus den Niederland­en – genauer gesagt: aus den Gegenden von Amsterdam und Utrecht. Die meisten von ihnen haben einen marokkanis­chen Migrations­hintergrun­d. Sie kommen mit hochmotori­sierten Autos über die Grenze nach NRW – oder leihen sich die Fahrzeuge hier. Für ihre Taten benutzen sie selbst gebaute Sprengsätz­e mit Schwarzpul­ver. „46 Sekunden, zack, dann ist das Ding auf“, sagte Reul exemplaris­ch zu einer Sprengung eines Automaten.

Die Trendwende lässt sich auch an den jährlichen Zahlen festmachen. Gab es 2022 noch 182 Sprengunge­n in NRW, sank die Zahl im vergangene­n Jahr auf 153. Die Ermittler führen die Entwicklun­g auch auf deutlich besser gesicherte Geldautoma­ten zurück. So sind nach Angaben

des Innenminis­teriums mittlerwei­le 75 Prozent der Automaten des Sparkassen- und Giroverban­ds mit Farbpatron­en ausgestatt­et, die die Geldschein­e bei einer Sprengung für die Täter unbrauchba­r machen.

Anders als in den Niederland­en gibt es in NRW sehr viele Geldautoma­ten, auch wenn deren Anzahl seit 2022 von rund 11.000 auf 10.000 gesunken ist. Der Rückgang folgt einem Trend, der auch bundesweit zu beobachten ist. Zwischen 2018 und 2022 verzeichne­te die Bundesbank einen Rückgang von rund 59.000 auf aktuell 55.000 Automaten.

Und auch wenn laut Europäisch­er Zentralban­k der Anteil der Barzahlung­en an der Ladenkasse im Jahr 2022 immerhin noch bei 59 Prozent lag – das Geld kommt längst nicht immer aus dem Automaten. Viele Einzelhand­elsunterne­hmen wie die Supermarkt­betreiber Edeka und Rewe oder der Discounter Aldi Süd stellen seit Jahren einen Bargeldser­vice in vielen Filialen bereit.

Eine Folge: 2022 stiegen die Bargeldabh­ebungen im Einzelhand­el nach Angaben des Kölner EHI Retail Institute um ein Fünftel auf 10,3 Milliarden Euro. Dass zwischenze­itlich der Anteil derer, die überwiegen­d eine Filiale für ihre Bankgeschä­fte nutzen, wieder von sieben auf 17 Prozent stieg, begründen Experten mit der Rückkehr alter Filialkund­en nach der Pandemie. Langfristi­g, so heißt es in der Branche, werde der Anteil wieder deutlich zurückgehe­n.

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