„Kapazitäten in Sammelzellen voll ausgeschöpft“
205 „Problemfans“wurden vor dem Derby in Gewahrsam genommen. Die Polizei schlüsselt auf, wie das organisiert wurde.
MÖNCHENGLADBACH Am Vorabend des Derbys Gladbach gegen Köln hat es Verletzte und Festnahmen beim Aufeinandertreffen von Fans gegeben. Kölner Ultras hatten versucht, eine vorbereitete Choreo der Gladbacher zu zerstören.
Was ist konkret passiert? Bei dem Einsatz am Borussia-Park sind laut Polizei zwei Beamte und eine Beamtin verletzt worden. 131 Kölner und 74 Mönchengladbacher „Problemfans“wurden in Gewahrsam genommen. Polizeikräfte in dreistelliger Zahl waren im Einsatz.
Gibt es Zellen in Stadien? Ja. Dort können Randalierer und sonstige Störer, von denen eine Gefahr ausgehen könnte, während des Spiels festgesetzt werden. Sie werden in der Regel entlassen, sobald alle anderen das Stadion verlassen haben. In Köln wurde zum Beispiel erst im vergangenen August eine neue Polizeiwache mit Zellblock im Stadion eröffnet. Dort gibt es Zellen für maximal drei Personen und eine große Sammelzelle.
Warum kamen die Problemfans
nicht in der Stadion-Zelle unter?
Platz für so viele Ingewahrsamnahmen wie jetzt beim Derby bietet eine solche Zelle im Stadion nicht. Deshalb mussten die Personen auf mehrere Dienststellen verteilt werden. Die Kapazitäten in den einzelnen Städten weichen teils stark voneinander ab, sagte eine Mönchengladbacher Polizeisprecherin. Bei der Verteilung wurde darauf geachtet, dass die rivalisierenden Fangruppen getrennt wurden.
Wie sind die Kapazitäten in Mönchengladbach?
Das Polizeigewahrsam verfügt über vier Sammelzellen und 14 Einzelzellen. In den Sammelzellen können bis zu zwölf Personen untergebracht werden. „Die Kapazitäten in den Sammelzellen wurden voll ausgeschöpft“, so die Polizeisprecherin. Das heißt, es wurden 48 Personen ins Gewahrsam ins Polizeipräsidium an der Krefelder Straße gebracht. Eine Person erwies sich laut Polizei aus gesundheitlichen Gründen als „nicht gewahrsamsfähig“und wurde vorzeitig entlassen. Durch die freibleibenden Einzelzellen gab es Kapazitäten für mögliche weitere Ingewahrsamnahmen.
Wie sah die genaue Verteilung auf
die anderen Behörden aus?
31 Personen kamen nach Essen, 23 nach Dortmund, neun nach Neuss, sechs nach Düsseldorf, sechs nach Düren, fünf nach Heinsberg, vier nach Wuppertal, drei nach Duisburg, jeweils zusätzliche drei nach Oberhausen und Aachen sowie zwei Personen nach Bonn.
Was ist eine Ingewahrsamnahme?
Laut NRW-Innenministerium versteht man unter „Gewahrsam“die Gefangennahme einer Person durch die Polizei. Die Polizei ist demnach dazu unter bestimmten, eng begrenzten Voraussetzungen auch dann befugt, wenn noch gar keine Straftat begangen worden ist. Dazu
zählen die Abwehr von Gefahren und die Verhinderung von zukünftigen Straftaten. Auch im vorliegenden Fall ging es um Gefahrenabwehr, nicht um Strafverfolgung.
Wie lange darf eine Ingewahrsamnahme dauern?
Wenn die Gewahrsamsdauer 48 Stunden überschreitet, muss laut NRW-Innenministerium immer ein Richter hinzuzugezogen werden. Er entscheidet, ob und wie lange der Gewahrsam fortgesetzt wird. Dabei gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Der besagt, dass eine Person nur so lange im Gewahrsam gehalten werden darf, wie unbedingt erforderlich. Bei den 205 Fans, die vor dem Derby festgesetzt wurden, erfolgte
die Entlassung zum Spielende.
Was sagt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) nach den Vorkommnissen?
Er fordert die Fußballclubs zu konsequentem Handeln auf. Solche Typen dürften gar nicht erst in die Stadien reinkommen. „Diese Verrückten kriegen von uns keine Sonderbehandlung“, sagte der Minister. Wer sich nicht benehmen könne, bekomme Ärger. Das gelte auch für die „durchgeknallten Problemfans“, sagte Reul. „Es ist ein starkes Stück, dass sich schon wieder fußballvernarrte Gewalttäter im Schutz der Dunkelheit die Köpfe einschlagen wollten.“
Wurden „Problemfans“auch verhört?
Ja. Alle in Gewahrsam genommenen Personen wurden laut Polizei auch verhört. 49 FC-Fans wurden für eine persönliche richterliche Anhörung zum Präsidium nach Gladbach gebracht. Für sie waren Gewahrsamsplätze in Köln (29) und Aachen (20) vorgesehen. Das Gleiche geschah mit zwölf Anhängern der Borussia. Für diese war ebenfalls eine Unterbringung in umliegenden Behörden vorbereitet, die nicht mehr zum Tragen kam, da die Anhörungen länger dauerten.