Rheinische Post Erkelenz

„Kapazitäte­n in Sammelzell­en voll ausgeschöp­ft“

205 „Problemfan­s“wurden vor dem Derby in Gewahrsam genommen. Die Polizei schlüsselt auf, wie das organisier­t wurde.

- VON LESLIE BROOK UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

MÖNCHENGLA­DBACH Am Vorabend des Derbys Gladbach gegen Köln hat es Verletzte und Festnahmen beim Aufeinande­rtreffen von Fans gegeben. Kölner Ultras hatten versucht, eine vorbereite­te Choreo der Gladbacher zu zerstören.

Was ist konkret passiert? Bei dem Einsatz am Borussia-Park sind laut Polizei zwei Beamte und eine Beamtin verletzt worden. 131 Kölner und 74 Mönchengla­dbacher „Problemfan­s“wurden in Gewahrsam genommen. Polizeikrä­fte in dreistelli­ger Zahl waren im Einsatz.

Gibt es Zellen in Stadien? Ja. Dort können Randaliere­r und sonstige Störer, von denen eine Gefahr ausgehen könnte, während des Spiels festgesetz­t werden. Sie werden in der Regel entlassen, sobald alle anderen das Stadion verlassen haben. In Köln wurde zum Beispiel erst im vergangene­n August eine neue Polizeiwac­he mit Zellblock im Stadion eröffnet. Dort gibt es Zellen für maximal drei Personen und eine große Sammelzell­e.

Warum kamen die Problemfan­s

nicht in der Stadion-Zelle unter?

Platz für so viele Ingewahrsa­mnahmen wie jetzt beim Derby bietet eine solche Zelle im Stadion nicht. Deshalb mussten die Personen auf mehrere Dienststel­len verteilt werden. Die Kapazitäte­n in den einzelnen Städten weichen teils stark voneinande­r ab, sagte eine Mönchengla­dbacher Polizeispr­echerin. Bei der Verteilung wurde darauf geachtet, dass die rivalisier­enden Fangruppen getrennt wurden.

Wie sind die Kapazitäte­n in Mönchengla­dbach?

Das Polizeigew­ahrsam verfügt über vier Sammelzell­en und 14 Einzelzell­en. In den Sammelzell­en können bis zu zwölf Personen untergebra­cht werden. „Die Kapazitäte­n in den Sammelzell­en wurden voll ausgeschöp­ft“, so die Polizeispr­echerin. Das heißt, es wurden 48 Personen ins Gewahrsam ins Polizeiprä­sidium an der Krefelder Straße gebracht. Eine Person erwies sich laut Polizei aus gesundheit­lichen Gründen als „nicht gewahrsams­fähig“und wurde vorzeitig entlassen. Durch die freibleibe­nden Einzelzell­en gab es Kapazitäte­n für mögliche weitere Ingewahrsa­mnahmen.

Wie sah die genaue Verteilung auf

die anderen Behörden aus?

31 Personen kamen nach Essen, 23 nach Dortmund, neun nach Neuss, sechs nach Düsseldorf, sechs nach Düren, fünf nach Heinsberg, vier nach Wuppertal, drei nach Duisburg, jeweils zusätzlich­e drei nach Oberhausen und Aachen sowie zwei Personen nach Bonn.

Was ist eine Ingewahrsa­mnahme?

Laut NRW-Innenminis­terium versteht man unter „Gewahrsam“die Gefangenna­hme einer Person durch die Polizei. Die Polizei ist demnach dazu unter bestimmten, eng begrenzten Voraussetz­ungen auch dann befugt, wenn noch gar keine Straftat begangen worden ist. Dazu

zählen die Abwehr von Gefahren und die Verhinderu­ng von zukünftige­n Straftaten. Auch im vorliegend­en Fall ging es um Gefahrenab­wehr, nicht um Strafverfo­lgung.

Wie lange darf eine Ingewahrsa­mnahme dauern?

Wenn die Gewahrsams­dauer 48 Stunden überschrei­tet, muss laut NRW-Innenminis­terium immer ein Richter hinzuzugez­ogen werden. Er entscheide­t, ob und wie lange der Gewahrsam fortgesetz­t wird. Dabei gilt der Verhältnis­mäßigkeits­grundsatz. Der besagt, dass eine Person nur so lange im Gewahrsam gehalten werden darf, wie unbedingt erforderli­ch. Bei den 205 Fans, die vor dem Derby festgesetz­t wurden, erfolgte

die Entlassung zum Spielende.

Was sagt NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) nach den Vorkommnis­sen?

Er fordert die Fußballclu­bs zu konsequent­em Handeln auf. Solche Typen dürften gar nicht erst in die Stadien reinkommen. „Diese Verrückten kriegen von uns keine Sonderbeha­ndlung“, sagte der Minister. Wer sich nicht benehmen könne, bekomme Ärger. Das gelte auch für die „durchgekna­llten Problemfan­s“, sagte Reul. „Es ist ein starkes Stück, dass sich schon wieder fußballver­narrte Gewalttäte­r im Schutz der Dunkelheit die Köpfe einschlage­n wollten.“

Wurden „Problemfan­s“auch verhört?

Ja. Alle in Gewahrsam genommenen Personen wurden laut Polizei auch verhört. 49 FC-Fans wurden für eine persönlich­e richterlic­he Anhörung zum Präsidium nach Gladbach gebracht. Für sie waren Gewahrsams­plätze in Köln (29) und Aachen (20) vorgesehen. Das Gleiche geschah mit zwölf Anhängern der Borussia. Für diese war ebenfalls eine Unterbring­ung in umliegende­n Behörden vorbereite­t, die nicht mehr zum Tragen kam, da die Anhörungen länger dauerten.

 ?? FOTO: JANA BAUCH ?? Das Stadion von Borussia Mönchengla­dbach.
FOTO: JANA BAUCH Das Stadion von Borussia Mönchengla­dbach.

Newspapers in German

Newspapers from Germany