Frauengold – Mixtur aus Witz und Ernst
In den 1950er Jahren galt „Frauengold“als Elixier für erschöpfte Frau. Auf der Studiobühne des Theaters thematisiert die Uraufführung „Frauengold“entlang der Werbung von einst Fragen zur Gleichberechtigung.
Vor der Uraufführung von „Frauengold“huscht ein Prinz mit goldener Krone durch den oberen Flur des Theaters. Die Rolle vertrauter Kekse mit Schokoladenfüllung in seinen Händen lässt an eine bekannte Werbung denken. Weniger bekannt dürfte Frauen von heute das in den 1950er Jahren beworbene, alkoholhaltige „Frauengold“als angeblich unübertroffenes Konstitutions-Tonikum sein. Das einst als Elixier für erschöpfte Frauen gepriesene Getränk gibt nun seinen Namen her für einen Abend mit Musik, Quiz und Protest, und ist bei der Aufführung zugleich präsent in Werbefilmeinspielungen von anno dazumal. Die Filmchen wirken aus heutiger Sicht befremdlich, lassen schmunzeln und doch auch innehalten. Sie katapultieren zurück in eine Zeit, als Frausein vor allem den Mann und die Kinder glücklich machen sollte. Und wie sieht es heute aus mit der Gleichberechtigung?
Mit dem von ihnen entwickelten Theaterstück „Frauengold“entfalten Cornelius Gebert, Esther Keil, Carolin Schupa und Anne Spaeter viele Facetten zum Thema. Das ist in der Mischung von Schauspiel und Liedern
vorwiegend erfrischend witzig, satirisch und keck gemacht. Doch ebenso werden ungeschminkt unhaltbare Zustände auf den Punkt gebracht, wie die Genitalverstümmelung an Frauen. Zu Tammy Wynettes soft klingendem Lied „Stand by your Man“werden Schrifttafeln mit Zahlen zu Tötungsdelikten in der Partnerschaft und häuslicher Gewalt emporgehalten.
In Anne Spaeters Inszenierung eröffnen Keil und Schupa das Schauspiel in Art einer Show. Männern mit Angst vor menstruierenden Frauen geben sie die Chance, noch bei Zeiten zu fliehen. Doch die zahlenmäßig stark unterrepräsentierten männlichen Vertreter sind mutig genug zu bleiben.
Sie erleben den Entschuldigungsparcours der Frauen, die sich augenscheinlich sogar für die schlechte Parksituation vorm Haus verantwortlich fühlen. Sie sehen vorwurfsvolle Blicke auf angebliche Rabenmütter, die ihre Kinder bestehlen, da sie sich dem Vergnügen der Aufführung hingeben. Eine Stimme aus dem Off macht die Frau verantwortlich für die Vertreibung aus dem Paradies. Keil und Schupa verwandeln sich zu goldhaarigen Prinzessinnen mit erstaunlichen Erkenntnissen: Unter ihresgleichen gibt es keine Verbündeten, und Prinzen kommen oft erst zum Küssen, wenn die Schöne bereits gestorben ist. Schneewittchen wird bei ihnen zur Hardcore-Version einer Frau, die sich eher vergiften lässt als die Selbstbestimmung in die Hand zu nehmen. Die Darstellerinnen werden bei der Entdeckung der Vagina zu mutigen Forscherinnen der weiblichen Lust. Zur gemütlich anmutenden alpenländischen Musik thematisieren beide im Lied sexuelle Belästigung. In Anlehnung an alte Showformate wird das Publikum über Fragen einbezogen. Lustig servierte Ergebnisse spiegeln tatsächlich ernstzunehmende Missverhältnisse, etwa bei Einkommensunterschieden.
Cornelius Gebert gibt in dem 80 Minuten dauernden Stück überdrehten Tänzen den durchgeknallten Prinzen, verwandelt sich schon bald in einen Frosch. Während des Abends wird er übrigens nicht durch einen Kuss zurückverwandelt. Der Schauspieler persifliert Männertypen wie den Moderator, der Frauen neben sich allenfalls als Assistentinnen duldet.
Die von dem Quartett Gebert, Keil, Schupa und Spaeter entworfene Kulisse ist eine Bühne mit Vorhang auf der Bühne. Über die Beleuchtung wechselnde Farben unterstreichen Emotionen, assoziieren den Geschlechtern zugedachte Farben. Am Ende untermauern Frauen wie auch Männer des Premierenpublikums den begeisterten Schlussapplaus mit lautem Trampeln. Danach gab es an der Theaterbar ein Schnäpschen für alle nach Art von „Frauengold“– wahlweise mit oder ohne Alkohol.