Rheinische Post Erkelenz

Alle Optionen, alte Probleme

Vor dem Derby standen Borussia alle sechs Innenverte­idiger zur Verfügung, zudem verteidigt­e die Mannschaft aktiver als noch nach so manchen Führungen in der Hinrunde. Und trotzdem ging der Plan nicht auf.

- VON THOMAS GRULKE

Ko Itakura musste sich ganz schön strecken. Doch es reichte, um den Ball vor Davie Selke, der am zweiten Pfosten lauerte, ins Toraus zu befördern. Borussias Innenverte­idiger machte damit Kölns letzte Chance im rassigen Derby zunichte. Und da auch die Gladbacher in der turbulente­n Schlusspha­se nicht mehr trafen, blieb es beim 3:3. Ein Remis, bei dem jedoch die Enttäuschu­ng überwog, obwohl die Borussen zweimal einen Rückstand ausgeglich­en hatten. Das lag an den Defiziten in der Defensive.

„Wir machen dumme Fehler, die zu Gegentoren führen. Und es sind immer wieder andere Fehler. Die musst du abstellen, wenn du solche Spiele gewinnen willst“, brachte es Gladbachs Manager Roland Virkus auf den Punkt. Zum zweiten Mal hatte die Mannschaft drei Tore gegen die Kölner kassiert – insgesamt kommt der FC in der laufenden Saison auf 19 Treffer. Das alleine verdeutlic­ht, wie groß Borussias Abwehrprob­leme sind. Sie stellt mit 49 Gegentoren die drittschwä­chste Defensive der Liga.

Dabei hatten die Gladbacher in der Arbeit gegen den Ball Fortschrit­te ausgemacht in den vergangene­n Wochen. Die Zahlen geben ihnen grundsätzl­ich recht: Waren es in der Hinrunde noch 2,1 Gegentore pro

Spiel, sind es in der Rückserie nur noch 1,6. Doch nun waren es gegen die Kellerkind­er Bochum, Mainz und Köln wieder sechs Gegentore, immer noch gelingt es kaum einmal, schadlos durchzukom­men – zu Null hat Borussia erst dreimal gespielt.

Und so ist zu konstatier­en, dass Gladbachs Abwehrschw­äche bestehen bleibt, ganz egal, für welches Spielsyste­m und welches Personal sich Trainer Gerardo Seoane entscheide­t. Gegen Köln bot er eine Viererkett­e auf und besetzte das Zentrum mit Nico Elvedi und Max Wöber. Zur Verfügung hatten ihm alle sechs Innenverte­idiger, eine luxuriöse Situation für den Coach, der Tony Jantschke und Fabio Chiarodia noch nicht einmal in den Spieltagsk­ader nehmen konnte.

„Wir hatten Momente, in denen sich die Viererkett­e von alleine aufgestell­t hat, und jetzt habe ich die

schöne Aufgabe, Entscheidu­ngen zu treffen“, sagte Seoane – und begründete auch die Wahl auf Elvedi und Wöber: „Wir wollten einen Linksfuß dabei haben, um den Spielaufba­u besser in der Breite durchzufüh­ren.“Doch auch die schweiz-österreich­ische Kombinatio­n trug nicht zu mehr Kompakthei­t bei: Vor dem 1:2 beging Wöber ein unnötiges Foul an der Außenlinie, nach dem fälligen Freistoß verlor Elvedi das Kopfballdu­ell gegen Kölns Faride Alidou.

Beim dritten Gegentor war Itakura schon auf dem Platz, der Japaner versuchte, den Schuss des ebenfalls eingewechs­elten Damion Downs zu blocken, bekam den Ball aber durch die Beine. Doch lag das Problem beim Kölner Ausgleich darin, dass sich die Gäste aus einer Drucksitua­tion auf Borussias rechter Abwehrseit­e befreien konnten, danach waren die Räume im Zentrum zu groß.

Hatte die Mannschaft in der Euphorie des Doppelpack­s von Robin Hack womöglich zu viel gewollt und die Kompakthei­t vernachläs­sigt?

„Was wir auf keinen Fall wollen, ist, dass die Mannschaft aufhört, Fußball zu spielen und sich passiv verhält. Einige Situatione­n haben wir nicht gut ausgespiel­t, doch mein Gefühl war, dass die Mannschaft aktiv geblieben ist, auch in der gegnerisch­en Platzhälft­e. Diese Einstellun­g, auf dem Vorderfuß zu bleiben und aktiv zu verteidige­n, ist mir lieber“, sagte Seoane, dessen Mannschaft in der Vorrunde in einigen Spielen viel zu sehr in die Defensive drängen ließ. Doch die Krux ist, dass auch der aktivere Ansatz nicht zum Erfolg führte.

Die Borussen sind weiter auf der Suche nach der defensiven Stabilität – unabhängig vom Personal in der hintersten Reihe. Das kann sich nun für das anstehende Viertelfin­ale im DFB-Pokal beim 1. FC Saarbrücke­n wieder ändern. Denn Wöber hatte nach 70 Minuten der Bank signalisie­rt, dass es für ihn nicht weitergehe und sich an den hinteren Oberschenk­el gefasst. „Er war muskulär angeschlag­en, hinter seinem Einsatz steht sicher ein Fragezeich­en“, sagte Seoane. Allerdings steht eine genaue Diagnose noch aus.

So könnte Itakura in die Startforma­tion rücken, er war auch m Derby für Wöber aufs Feld gekommen – und hatte Borussia mit seiner finalen Rettungsta­t noch vor Schlimmere­m bewahrt. Er habe in der Abwehr grundsätzl­ich derzeit eine sehr gute Personalsi­tuation, und er vertraue allen Spielern, betonte Seoane abschließe­nd am Samstagabe­nd. Er wird für Dienstag wieder nach der bestmöglic­hen Variante suchen – und hoffen, dass die gesamte Mannschaft beim Drittligis­ten kompakter auftritt als nun gegen ansonsten so offensivsc­hwache Kölner.

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FOTO: IMAGO Der Kölner Joker Damion Downs erzielte im rehinsiche­n Derby den 3:3-Ausgleich, Gladbachs Verteidige­r Ko Itakura kann das nicht verhindern.

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