Alle Optionen, alte Probleme
Vor dem Derby standen Borussia alle sechs Innenverteidiger zur Verfügung, zudem verteidigte die Mannschaft aktiver als noch nach so manchen Führungen in der Hinrunde. Und trotzdem ging der Plan nicht auf.
Ko Itakura musste sich ganz schön strecken. Doch es reichte, um den Ball vor Davie Selke, der am zweiten Pfosten lauerte, ins Toraus zu befördern. Borussias Innenverteidiger machte damit Kölns letzte Chance im rassigen Derby zunichte. Und da auch die Gladbacher in der turbulenten Schlussphase nicht mehr trafen, blieb es beim 3:3. Ein Remis, bei dem jedoch die Enttäuschung überwog, obwohl die Borussen zweimal einen Rückstand ausgeglichen hatten. Das lag an den Defiziten in der Defensive.
„Wir machen dumme Fehler, die zu Gegentoren führen. Und es sind immer wieder andere Fehler. Die musst du abstellen, wenn du solche Spiele gewinnen willst“, brachte es Gladbachs Manager Roland Virkus auf den Punkt. Zum zweiten Mal hatte die Mannschaft drei Tore gegen die Kölner kassiert – insgesamt kommt der FC in der laufenden Saison auf 19 Treffer. Das alleine verdeutlicht, wie groß Borussias Abwehrprobleme sind. Sie stellt mit 49 Gegentoren die drittschwächste Defensive der Liga.
Dabei hatten die Gladbacher in der Arbeit gegen den Ball Fortschritte ausgemacht in den vergangenen Wochen. Die Zahlen geben ihnen grundsätzlich recht: Waren es in der Hinrunde noch 2,1 Gegentore pro
Spiel, sind es in der Rückserie nur noch 1,6. Doch nun waren es gegen die Kellerkinder Bochum, Mainz und Köln wieder sechs Gegentore, immer noch gelingt es kaum einmal, schadlos durchzukommen – zu Null hat Borussia erst dreimal gespielt.
Und so ist zu konstatieren, dass Gladbachs Abwehrschwäche bestehen bleibt, ganz egal, für welches Spielsystem und welches Personal sich Trainer Gerardo Seoane entscheidet. Gegen Köln bot er eine Viererkette auf und besetzte das Zentrum mit Nico Elvedi und Max Wöber. Zur Verfügung hatten ihm alle sechs Innenverteidiger, eine luxuriöse Situation für den Coach, der Tony Jantschke und Fabio Chiarodia noch nicht einmal in den Spieltagskader nehmen konnte.
„Wir hatten Momente, in denen sich die Viererkette von alleine aufgestellt hat, und jetzt habe ich die
schöne Aufgabe, Entscheidungen zu treffen“, sagte Seoane – und begründete auch die Wahl auf Elvedi und Wöber: „Wir wollten einen Linksfuß dabei haben, um den Spielaufbau besser in der Breite durchzuführen.“Doch auch die schweiz-österreichische Kombination trug nicht zu mehr Kompaktheit bei: Vor dem 1:2 beging Wöber ein unnötiges Foul an der Außenlinie, nach dem fälligen Freistoß verlor Elvedi das Kopfballduell gegen Kölns Faride Alidou.
Beim dritten Gegentor war Itakura schon auf dem Platz, der Japaner versuchte, den Schuss des ebenfalls eingewechselten Damion Downs zu blocken, bekam den Ball aber durch die Beine. Doch lag das Problem beim Kölner Ausgleich darin, dass sich die Gäste aus einer Drucksituation auf Borussias rechter Abwehrseite befreien konnten, danach waren die Räume im Zentrum zu groß.
Hatte die Mannschaft in der Euphorie des Doppelpacks von Robin Hack womöglich zu viel gewollt und die Kompaktheit vernachlässigt?
„Was wir auf keinen Fall wollen, ist, dass die Mannschaft aufhört, Fußball zu spielen und sich passiv verhält. Einige Situationen haben wir nicht gut ausgespielt, doch mein Gefühl war, dass die Mannschaft aktiv geblieben ist, auch in der gegnerischen Platzhälfte. Diese Einstellung, auf dem Vorderfuß zu bleiben und aktiv zu verteidigen, ist mir lieber“, sagte Seoane, dessen Mannschaft in der Vorrunde in einigen Spielen viel zu sehr in die Defensive drängen ließ. Doch die Krux ist, dass auch der aktivere Ansatz nicht zum Erfolg führte.
Die Borussen sind weiter auf der Suche nach der defensiven Stabilität – unabhängig vom Personal in der hintersten Reihe. Das kann sich nun für das anstehende Viertelfinale im DFB-Pokal beim 1. FC Saarbrücken wieder ändern. Denn Wöber hatte nach 70 Minuten der Bank signalisiert, dass es für ihn nicht weitergehe und sich an den hinteren Oberschenkel gefasst. „Er war muskulär angeschlagen, hinter seinem Einsatz steht sicher ein Fragezeichen“, sagte Seoane. Allerdings steht eine genaue Diagnose noch aus.
So könnte Itakura in die Startformation rücken, er war auch m Derby für Wöber aufs Feld gekommen – und hatte Borussia mit seiner finalen Rettungstat noch vor Schlimmerem bewahrt. Er habe in der Abwehr grundsätzlich derzeit eine sehr gute Personalsituation, und er vertraue allen Spielern, betonte Seoane abschließend am Samstagabend. Er wird für Dienstag wieder nach der bestmöglichen Variante suchen – und hoffen, dass die gesamte Mannschaft beim Drittligisten kompakter auftritt als nun gegen ansonsten so offensivschwache Kölner.