Rheinische Post Erkelenz

Wo nur der FC Bayern besser ist als Gerardo Seoanes Gladbacher

- VON KARSTEN KELLERMANN

Es gibt eine aktuelle Bundesliga­Statistik, die an die glorreiche­n 70er Jahre der Borussen erinnert. Da tummelten sie sich mit dem FC Bayern stets an der Tabellensp­itze. So ist es in dieser Saison, wenn es um Kopfballto­re geht.

Die Bayern sind Tabellenfü­hrer in diesem Klassement, 13 ihrer 73 Tore erzielten sie per Kopf. Die Gladbacher stehen mit zwölf Kopfballto­ren gleich dahinter, 45 Tore haben sie insgesamt beisammen, also 27 Prozent aller Tore mit dem Kopf gemacht. Dritter ist RB Leipzig mit zehn Kopfballto­ren.

Den Unterschie­d zwischen den Bayern und Gladbach macht vor allem Harry Kane. Englands Kapitän hat sieben Tore mit dem Kopf erzielt, mehr als jeder andere Bundesliga­spieler in dieser Saison. Borussias beste Kopfballsc­hützen sind mit je zwei Treffern Alassane Plea, Jordan Siebatcheu und Ko Itakura, der in Mainz mit seinem 1:0 beim FC Augsburg das erste Tor der Saison per Kopf erzielte. Sechs Spieler trafen einmal per Kopf, zuletzt war es Robin Hack, der die Flanke von Stefan Lainer zum 2:2 gegen den 1. FC Köln (Endstand 3:3) mit der Stirn ins Tor wischte.

Ein wenig hat Hack seine umjubelte Tat selbst überrascht. „Ich bin froh, dass er reingegang­en ist. Dass ich ein Spezialist bin, kann man nicht sagen, und ein Kopfball-Ungeheuer bin ich auf keinen Fall“, sagte Hack. Für ihn war es das erste Kopfballto­r in der Bundesliga, zuvor hatte er aber schon im DFB-Pokal eines erzielt.

Gegen Köln setzte Hack um, was im Training der Gladbacher vor dem Derby ausführlic­h auf dem Lehrplan stand: Da hatten die Außenbahns­pieler Stefan Lainer und Luca Netz, der Hack gegen Heidenheim im Pokal bediente, Flanke um

Flanke vor das Tor geschlagen und in der Mitte musste verwertet werden, auch per Kopf. Lerneffekt­e wie nun gegen Köln sind gern genommen bei Trainern.

Dass er verstärkt auf Flanken setzt, ist für Seoane angesichts dessen, was der Kader hergibt, logisch. „Wenn du auf Außen zwei, drei Spieler hast, die wie Beispiel Luca Netz oder Franck Honorat viel Aktivität und einen guten Fuß haben, musst du das nutzen, um Flanken zu schlagen“, sagte Seoane.

Was in dieser Saison ein relativ neu belebtes Element ist, war in den 80er Jahren ein Prinzip bei Borussia. „Wir haben damals eine Flanke nach der anderen vors Tor gehauen, im Training und im Spiel“, erinnert sich Bernd Krauss. Er bildete damals mit Michael Frontzeck, der am 26. März 60 wird, das Außenverte­idiger-Duo, im modernen Fußballvok­abular wären die Herren wie auch Back-up André Winkold „Schienensp­ieler“. Im Angriffsze­ntrum warteten dann Uwe Rahn, Hans-Jörg Criens und Frank Mill auf „Futter“, alle drei waren ausgemacht­e Kopfballsp­ezialisten.

Mill, der auch im Pokalfinal­e 1984 per Kopf zum zwischenze­itlichen 1:0 der Gladbacher traf, ist 1,76 Meter groß – genau wie Robin Hack. „Robins Tor zeigt, dass es nicht entscheide­nd ist, wie groß du bist, sondern dass es darauf kommt, den Laufweg in die Box zu machen und vor dem Gegner an den Ball zu kommen. Auf dem Niveau haben alle eine gute Sprungkraf­t, aber du musst die Bereitscha­ft haben, in diese Bälle reinzugehe­n“, sagte Seoane.

Die hatte Hack nach seiner Einwechslu­ng maximal, das zahlte sich aus. Nun wollen die Gladbacher ihre Qualität, in der derzeit nur die Bayern in der Bundesliga besser sind, auch im DFB-Pokal gewinnbrin­gend einsetzen im Nachhol-Viertelfin­ale beim 1. FC Saarbrücke­n (Dienstag, 20.30 Uhr).

„Die Wahrschein­lichkeit des Torerfolgs bei Kopfbällen hat in der letzten Zeit ein bisschen abgenommen, weil im Strafraum besser verteidigt wird. Kopfbälle sind aber dennoch ein wichtiger Bestandtei­l des Offensivsp­iels“, sagte Seoane. Es sei ein probates Mittel, wenn der Gegner tief stehe, diesen zu knacken. „Es wird daher sicherlich auch die eine oder andere Flanke am Dienstag geben“, sagte Seoane.

Der Pokal und das Kopfballto­r – das hat bei den Borussen auch schon eine Vorgeschic­hte in dieser Spielzeit. Manu Koné erzielte auf diese Weise nach der Hereingabe von Florian Neuhaus das 1:0-Siegtor gegen den VfL Wolfsburg im Achtelfina­le. Es war der bislang wohl emotionals­te Moment der Saison.

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Foto: Dirk Päffgen Flanke, Kopfball, Tor - wie im Training geübt setzten es die Borussen im Derby um: Robin Hack traf nach Stefan Lainers Flanke.

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