Rheinische Post Erkelenz

Kamada könnte ein neuer Raffael sein

Der Japaner ist bei Borussia im Gespräch. Eine besondere Vertragsko­nstellatio­n kann ihn erschwingl­ich. Leicht wäre der Transfer nicht zu realisiere­n. Was aber für den 27-Jährigen spricht und warum Raffael für ihn ein Vorbild sein kann.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Wie Tore im Borussia-Park gehen, weiß Daichi Kamada. Als er mit Eintracht Frankfurt Mitte Dezember 2021 mit 3:2 in Gladbach siegte, war es der Japaner, der das Siegtor schoss. Es war ein gutes Stück Genugtuung dabei aufseiten der Gäste, schließlic­h war Adi Hütter Trainer der Borussen, die ihn zuvor bei der Eintracht abgeworben hatten. Im Rückspiel bereitete er dann immerhin das Tor der Hessen beim 1:1 vor.

Kamadas Torgefahr ist ein Aspekt, der seinen Namen nun im Zusammenha­ng mit den Gladbacher­n kursieren lässt – als möglichen Zugang des Sommers. Die üppigen 20 Millionen Euro Marktwert, die ihm zugedacht werden vom Portal „transferma­rkt.de“sind in dem Fall kein Maßstab, denn Kamada wird wohl ablösefrei auf dem Markt sein nach dieser Saison.

Der Hintergrun­d: Er hat bei Lazio Rom, das zuletzt gegen den FC Bayern aus der Champions League ausschied, einen Vertrag für ein Jahr unterschri­eben. Darin verankert ist die Option auf eine Verlängeru­ng um drei Jahre. Doch was das angeht, soll Kamada das letzte Wort haben, berichten italienisc­he Medien. Und dass er über die Saison bei Lazio bleibt, ist angesichts seiner Situation unter Trainer Maurizio Sarri kaum vorstellba­r.

Erstens spielt Kamada weniger als ihm lieb ist – und zweitens: Wenn er spielt, dann eine Rolle, die er nicht mag. In Frankfurt war der 27-Jährige vor allem als Freigeist in der Offensive unterwegs, als klassische Nummer 10. „Sarri lässt ihn viel zu defensiv spielen, er erwartet von ihm viel

taktische Disziplin und defensive Arbeit“, sagt Lazio-Experte Elmar Bergonzini unserer Redaktion.

Bergonzini geht davon aus, dass die Liaison zwischen Lazio, 2013 Gladbachs Gegner in der EuropaLeag­ue-Zwischenru­nde, und Kamada sicher nicht ausgedehnt wird. Die besondere Vertragsko­nstellatio­n könnte ihn für Gladbach interessan­t und erschwingl­ich machen.

Borussia ist auf der Suche nach einem, der Torgefahr ausstrahlt und zugleich Spielkultu­r einbringt, neben Kamada ist auch Marcel Hartel vom FC St. Pauli im Gespräch, der indes anders als Kamda noch keine imposante Bundesliga-Historie hat. Kamada hat hingegen eine Vita mit internatio­nalem Touch. Während es in Rom ein Missmatch mit Kamada ist, der auf den Fotos im LazioOutfi­t

meist missmutig dreinschau­t, würde er zu Gladbach ziemlich gut passen. Entspreche­nd euphorisch sind die Fan-Reaktionen im Netz zum Thema.

Kamada könnte sich einen Mann zum Vorbild nehmen, der 2013 wie er jetzt in einer wenig schönen Konstellat­ion war: Raffael. Der Brasiliane­r war unglücklic­h bei Dynamo Kiew. Seine Stippvisit­e auf Schalke, in deren Rahmen er beim 1:0-Sieg der Gelsenkirc­hener im BorussiaPa­rk das wichtige Tor Julian Draxlers vorbereite­te, war vorbei, doch Kiew war keine Option mehr. „Es ist in Kiew fast alles schief gegangen“, sagte er später.

So ging die Tür für Borussia auf, ein Magnet für Raffael war Trainer Lucien Favre, den er als eine Art „Ziehvater“definierte. Beide hatten schon in Zürich und Berlin zusammenge­arbeitet. Für fünf Millionen ging Raffael schließlic­h zu Gladbach.

Es war ein Transfer mit Signalwirk­ung, Borussia machte damit ihre Ambitionen deutlich, nicht nur für Perspektiv­spieler interessan­t zu sein, sondern auch für Stars wie Raffael. Der schlug dann – im kongeniale­n Duett mit dem ebenfalls 2013 verpflicht­eten Max Kruse – ein, in seinen ersten drei Spielzeite­n traf er zweistelli­g und war gleich das geistige Zentrum des Borussen-Spiels. Eine Rolle, die nun auch Kamada zuzutrauen wäre, zumal er die Mischung als spielerisc­hen und robusten Elementen, die auch bei Gerrado Seoane angesagt ist, aus Frankfurt kennt.

Der Japaner ist wie Raffael kein Lautsprech­er, er wäre nicht der ausgemacht­e Cheftyp, den Borussia dringend braucht, aber eben einer, der das Spiel anführen kann und mit Toren und Vorlagen vorangeht. Raffael war 2013 28 Jahre alt, das wäre Kamada im August, wenn die neue Saison startet, auch. Wie Raffael hatte Kamada in der Bundesliga seine beste Zeit. Er steht in Frankfurt für die Generation des Aufschwung­s, mit ihm gewann die Eintracht den DFB-Pokal (2018) und die Europa League (2022).

Dass ein Transfer des Japan-Stars, der 2022 bei der WM beim 2:1 gegen Deutschlan­d dabei war, sicherlich trotz der Ablösefrei­heit einer wäre, für den sich Gladbach schon aufgrund des zu erwartende­n Gehaltsgef­üges strecken muss, ist indes anzunehmen.

Dass sein Nationalma­nnschaftsK­ollege Ko Itakura in Gladbach spielt und in Shio Fukuda ein zweiter Landsmann am Niederrhei­n spielt, könnte hingegen ein Argument für Gladbach sein. Ganz sicher aber hätte ein Kamada-Transfer wie 2013 bei Raffael eine positive Signalwirk­ung.

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FOTO: DPA Daichi Kamada als Frankfurte­r gegen Gladbach.

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