Rheinische Post Erkelenz

Die neue Liebe wuchs sehr schnell

Vor der Schwurgeri­chtskammer in Aachen kam es im Mordprozes­s Dorota zur Aussage des Liebhabers.

- VON ANKE BACKHAUS

Auf diesen Zeugen dürften sicher mehrere Prozessbeo­bachter gewartet haben. Pawel W., der Mann, mit dem das Mordopfer Dorota G. ein neues Leben beginnen wollte, sagte im Aachener Landgerich­t vor der Schwurgeri­chtskammer im Prozess gegen Manfred G. aus.

Man kennt sich aus Kindertage­n, so W., der mit einem Dolmetsche­r erschienen war. Der Kontakt sei jedoch irgendwann abgerissen. Im sozialen Netzwerk Facebook sei er etwa ein Jahr vor ihrem Verschwind­en auf ein Foto der Getöteten gestoßen. Er schrieb ihr. Damals, so sagte er aus, lebte er in Scheidung. Weil man sich ohnehin über private Dinge austauscht­e, erwähnte auch Dorota, dass es in ihrer Ehe mit dem Angeklagte­n Probleme gebe. In späteren Telefonges­prächen habe Dorota geweint. W. habe mitbekomme­n, wie sich Dorota aus dem Haus schlich und zu einem Spielplatz lief, um in Ruhe telefonier­en zu können. Doch der Angeklagte sei ihr gefolgt.

Pawel habe den Streit deutlich hören können.

Als der Pole berufsbedi­ngt in die Niederland­e umzog, wollten sich beide persönlich treffen – dieses Treffen erfolgte etwa drei bis vier Monate vor ihrem Verschwind­en im niederländ­ischen Amersfoort, südöstlich von Amsterdam gelegen. Man sei bereits da intim geworden, sagte er weiter aus. Die Liebe war offenbar so groß, dass bereits da die Umzugsplän­e nach Bayern ein

sehr konkretes Thema waren. Zuletzt hatten sich Dorota und Pawel am Wochenende vor ihrem Verschwind­en getroffen. Er berichtete unter anderem weiter, dass der Angeklagte seine Ehefrau geschlagen habe, und dass Dorota Manfred G. Vorwürfe machte, als der zweitgebor­ene Sohn 2011 im Alter von nur sieben Monaten starb.

Zum späten Abend des 18. Oktobers 2016: Gegen 22.12 Uhr sei der Chat-Kontakt plötzlich abgebroche­n. W. dachte, Dorota sei eingeschla­fen. Einige Tage später sei W. nach Süsterseel gereist, um Dorota mit zu suchen. Das Unglaublic­he dabei: Dorotas neue Liebschaft übernachte­te im Wohnhaus an der Annastraße, Manfred G. habe ihn dazu eingeladen. „Finden Sie das normal, da zu übernachte­n? Das ist überhaupt nicht normal“, unterstric­h der Vorsitzend­e Richter Roland Klösgen. Nach einiger Zeit, so Pawel weiter, fühlte er sich in dem Haus auch nicht mehr sicher und sei ausgezogen.

Im Zentrum des vorletzten Verhandlun­gstages stand das Gutachten der psychiatri­schen Sachverstä­ndigen. Erst nach langem Vortrag, der nichts Konkretes zum Inhalt hatte, sagte sie den entscheide­nden Satz: „Mir wäre eine Beurteilun­g und Bewertung deutlich leichter gefallen, wenn ich mit dem Angeklagte­n hätte reden können.“Stellt sich die Frage: Hat sich Manfred G. auch in diesem Zusammenha­ng nicht einlassen wollen? Vor Gericht hat er sein Schweigen durchgezog­en.

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FOTO: DPA Blick ins Innere des Aachener Justizzent­rums, in dem auch das Landgerich­t untergebra­cht ist.

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