Leben retten im Simulationszentrum
Es ist das erste seiner Art in der Stadt: Im Simulationszentrum am ElisabethKrankenhaus können Pflegekräfte, Ärzte, Studierende und Notfallsanitäter trainieren, was in medizinischen Ernstfällen zu tun ist. Geübt wird an KI-gesteuerten Puppen.
MÖNCHENGLADBACH Im 250 Quadratmeter großen Simulationszentrum und der Akademie für multidisziplinäre Notfalltrainings (Sam) auf dem Gelände des Elisabeth-Krankenhauses an der Hubertusstraße in Rheydt kann mithilfe von täuschend echt aussehenden Puppen, die mit künstlicher Intelligenz ausgestattet sind, so einiges trainiert werden: im simulierten Kreißsaal zum Beispiel Geburten mit Komplikationen. „Lebensbedrohliche Situationen werden im Schockraum oder in einem Intensivzimmer simuliert“, erklärt Thorsten Celary, Geschäftsführer des „Eli“. Auch ein echter Rettungswagen ist im Sam fest installiert: Darin können der sichere Transport von Unfallopfern und die Notfallübernahme zwischen Fahrzeug und Klinik geübt werden.
All diese Situationen, bei denen es immer um das richtige Handeln in nur wenigen Sekunden geht, sollen für die an den Szenarien teilnehmenden Pflegekräfte, Ärzte, Studierenden und Notfallsanitäter so echt wie möglich wirken. Und so sind die Puppen, die Babys, Erwachsene und Kinder imitieren, mit Technik ausgestattet, die über Notebooks und Monitore gesteuert werden kann. Die Steuerung übernimmt ein Übungsleiter. Die Technik ist bis ins kleinste Detail den realen Bedingungen angepasst.
Bei der Erwachsenenpuppe im Schockraum beispielsweise kann der Übungsleiter eine Pupille erweitert, die andere verkleinert einstellen. „Diese Simulation bedeutet, dass der Patient ein Kopftrauma erlitten hat. Er muss schnellstens in die Neurochirurgie verlegt werden“, erklärt Marc Deußen, Ärztlicher Leiter des städtischen Rettungsdienstes und Oberarzt im „Eli“. „In einer solchen Situation zählt wirklich jede Sekunde“, betont er. „Mit jeder Minute in unbehandeltem Zustand verliert der Patient ein Schuljahr an geistigen Fähigkeiten, so sagt man.“
Im Kreißsaal hilft Hebamme Simone Göbels gerade, eine Babypuppe zur Welt zu bringen. Zunächst verläuft die Geburt ganz normal, dann kommt sie plötzlich zum Stillstand. Denn: Die Schulter des Babys ist hinter dem Schambein der Mutter eingeklemmt. Eine unerwartete Komplikation, die zwar sehr selten vorkommt, auf die eine Hebamme aber vorbereitet sein muss.
Einige Meter daneben liegt im Wärmebett ein zu früh geborener Säugling mit Atemnot, der Simulator lässt das Frühchen zunächst blau anlaufen, stellt dann einen Herzstillstand und die Verschlechterung des Allgemeinzustands dar. Wie man in so
einem Fall handelt, auch das lernen die Teilnehmenden im Sam.
Das Angebot richtet sich an das Personal des „Eli“, das Sam soll aber auch Interessierte von außerhalb ansprechen. So werden beispielsweise Kenntnisprüfungen bei Hebammen durchgeführt. Und die städtische Feuerwehr lässt ihre Beamten und Auszubildenden bereits im Zentrum trainieren. Der Betrieb läuft zwar schon, offiziell eröffnet wird das Sam aber erst, wenn die Gründung als gGmbH erfolgt ist.
Die Idee für das Zentrum hatten Petra Coenen, Pflegedienstleiterin des „Eli“, und ihre Kollegin Julia Scholz, die Hebamme ist. Die beiden sind Projektleiterinnen des Sam. „Das Zentrum zielt nicht zuletzt darauf ab, das eigene Personal zu halten und fortzubilden“, sagt Scholz. Und für zugewanderte Pflegekräfte und Hebammen, die mit finanziellem Aufwand vom „Eli“
akquiriert, dann vor Ort fachlich ausgebildet würden und auch die Sprache lernen müssten, sei das Sam ebenfalls sinnvoll, so Coenen.
Alle Räume sind jeweils mit einer verglasten, blickdichten Kanzel für den Übungsleiter ausgestattet. Von dort kann er die Szenen von oben verfolgen, die Trainings können auch aufgezeichnet werden, um sie später in der Gruppe aufzuarbeiten. Das geschieht nach den Trainings in angrenzenden Räumen.
Der komplette Bau des Simulationszentrums hat 3,3 Millionen gekostet, die medizinische Technik in den Räumen noch einmal 1,3 Millionen. Trainiert wird anhand von acht Puppen, eine Puppe kostet zwischen 50.000 und 80.000 Euro. Teils wurde das Projekt vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Förderprogramm EU-React unterstützt.