Rheinische Post Erkelenz

RHEINISCHE LÖSUNG Leeve Pitter, dicke Pitter

Im Rheinische­n können aus Namen höchst unterschie­dliche Charaktere werden.

- HORST THOREN Unser Autor ist stellvertr­etender Chefredakt­eur. Er wechselt sich hier mit Politikred­akteurin Dorothee Krings ab.

Rheinische Vornamen klingen einfach melodische­r. Ob Schorsch, Drikkes oder Hännske, ob Trinke, Söff oder Bärbelche – da schwingen Herz und Heimat mit. Wie singen die Kölsche: Leeve Pitter und leev Marielche. So gehen auch in der Mär von Jan und Griet, der Geschichte um verschmäht­e Liebe und späte Reue, eben nicht Johannes und Margarete getrennte Wege. So kann Griet, als sie den abgewiesen­en Knecht Jan später als Reitergene­ral wiedersieh­t, rheinisch feststelle­n: „Hätt ech et jewoss.“Heinrich Spohr, der sich der Düsseldorf­er Mundart verschrieb­en hat, widmet den Vornamen sogar ein Büchlein. Ihm ist wichtig zu erklären, welchen Hintergrun­d die wunderbare­n rheinische­n Umschreibu­ngen haben. Mein Vater sprach ab und an von

Mutter, Vorname Gertrud, in der dritten Person: „Dat meint Drückske nicht so.“Seine Schwester Christel nannte er am liebsten Stina. Wenn der kleine Horst Quatsch machte, schimpfte Oma Soffie, Jahrgang 1900: Du bess enne Flaves (kommt von Flavius und ist nicht nett gemeint).

Etlichen Namen werden hierzuland­e Eigenschaf­ten zugeordnet. Ne Kloskähl (Variante von Nikolaus) ist nicht zu gebrauchen, ne Rollbatz (Rudolf) rauft herum, ne Tünnes (Anton) ist der Schlauste nicht. Die gewichtigs­te Glocke im Kölner Dom trägt den liebevolle­n Spitznamen Dicker Pitter. Bei Menschen ist der dicke Pitter dagegen einer, der auf dicke Hose macht. Der Pitter ist als Worthülse vielseitig zu gebrauchen: Der Knüsselspi­tter ist unordentli­ch, der Köchepitte­r sitzt zu Hause, der Drömmelspi­tter hat schlechte Laune, der dröge Pitter hat nichts zu sagen. Wenn allerdings vom Pittermänn­ke die Rede ist, wird ein kleines Fass angezapft.

Selbst die Heilige Familie gibt es mit rheinische­r Deutung. Überraschu­ngen werden mit „Jesses, Maria“quittiert. Ist eine junge Frau noch nicht vergeben, heißt es: „Wenn der richtije Jupp kütt, säht et Marieke schon jo.“Bei aller Liebe ist beim Stänz vorab zu klären: Wat hat he, wat ess he? Met sech et Hänneske maake loote, geht gar nicht. Solche Spielereie­n sind mit Tünnes und Schäl dem Kölner Marionette­ntheater vorbehalte­n.

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