Luxus-Stadtvilla zieht nach: Auch Haus Spiess wird barrierefrei
(cpas) Das Thema Barrierefreiheit spielt im Erkelenzer Stadtrat zuletzt immer häufiger eine Rolle. Am Alten Rathaus ist bereits eine Aufzuganlage installiert worden, als nächstes werden die Erkelenzer Burg, die Leonhardskapelle und Haus Hohenbusch folgen, wo ebenfalls Aufzüge installiert werden. Und auch am Haus Spiess soll sich etwas tun. Einstimmig wurde im Bauausschuss ein entsprechender Antrag der Grünen angenommen.
Demnach sollen vor Haus Spiess, das den Erkelenzern vor allem als Standesamt, aber gelegentlich auch als Ausstellungsort bekannt ist, Umbaumaßnahmen stattfinden, die auch Rollstuhlfahrern den Zugang ermöglichen. Das Problem: Eine entsprechende Rampe im hinteren Bereich des Hauses gibt es zwar bereits, der Bereich ist allerdings mit Kopfsteinpflaster versehen. Das wiederum ist für Rollstuhlfahrer ein großes Problem – nicht nur vor Haus Spiess, sondern auch im Bereich des Johannismarkts oder Marktplatzes.
Stefan Bethke von den Grünen weiß das besser als die meisten, denn er ist selber Rollstuhlfahrer. Im Bauausschuss berichtete er, dass ihm und anderen Rollstuhlfahrern wegen der Unebenheiten auf Kopfsteinpflaster regelmäßig die Achsen brechen. Und auch am Haus Spiess habe er schon eine unangenehme Situation erlebt: „Ich habe die Geburtsurkunde
für mein Kind draußen im Regen entgegennehmen müssen. Das war kein besonders würdevoller Moment, wie sie sich vorstellen können“, sagte Bethke.
Auf Kopfsteinpflaster drohe Sturzgefahr, er sprach auf diesem Untergrund sogar von einem „Rodeo-Ritt für Rollstuhlfahrer“.
Die Grünen hatten argumentiert, dass das Haus Spiess als geschichtsträchtige Erkelenzer Stätte mit mehreren sozial relevanten Funktionen der gesamten Öffentlichkeit zugänglich werden müsse. Es begleite „als Ort der Begegnung und kulturellen Bildung die Bürgerinnen und Bürger von Erkelenz ein Leben lang“, hieß es in dem Antrag. In der Stadt lebten aktuell mehr als 2000 Menschen mit Gehbehinderung, derzeit sei von keiner Seite
ein passender Zugang gewährleistet. Dieser Argumentation stimmte der Bauausschuss geschlossen zu, in der Vorlage hatte die Stadtverwaltung lediglich auf die „hinreichende“Begründung im Grünen-Antrag verwiesen.
Das 1806 als Luxus-Stadtvilla gebaute Haus am Franziskanerplatz war einst Domizil des wohlhabenden Johann Joseph Spiess, der unter der französischen Herrschaft die Kantone Erkelenz und Odenkirchen verwaltete. 1978 übernahm die Stadt das Gebäude. Mit Unterstützung des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege wurde es bis 1986 restauriert. Zu den Maßnahmen zählte auch der Wiederaufbau des linken Seitenflügels, der im zweiten Weltkrieg durch eine Bombe völlig zerstört worden war.