Rheinische Post Erkelenz

„Inklusions­konzept ist so nicht umsetzbar“

Die Stadt erhält finanziell­e Unterstütz­ung, um unter anderem Menschen mit Behinderun­g oder Migrations­geschichte mehr Teilhabe zu ermögliche­n. Aktuell wird das Projekt ausgearbei­tet.

- VON CHRISTOPH WEGENER

Unter dem Namen „Rheydt inklusiv“wollen die Stadt und der Wohlfahrts­verband Paritätisc­he Mönchengla­dbach in den kommenden Jahren Rheydt zu einem inklusiver­en Stadtteil machen. Als eine von vier Modellkomm­unen in NRW erhält die Stadt dafür vom Land bis März 2026 pro Jahr 100.000 Euro, um unter anderem Personal und notwendige Anschaffun­gen zu finanziere­n. Der Paritätisc­he Mönchengla­dbach bekommt zudem von der „Aktion Mensch“jährlich 100.000 Euro bis März 2028 für das Projekt zur Verfügung gestellt. Das geht aus einer Beratungsv­orlage der Stadt hervor, die den aktuellen Stand des Vorhabens darlegt.

Geld ist also vorhanden, aber wie soll es in den kommenden Jahren eingesetzt werden? Bislang sind die Angaben wenig konkret: Es soll „echte strukturel­le Partizipat­ion mittels Einbeziehu­ng der Menschen im Sozialraum“ermöglicht und in Rheydt ein Inklusions­netzwerk aufgebaut werden, an dem beispielsw­eise der Türkische Elternvere­in, das Quartiersm­anagement und die Lebenshilf­e Wohnen beteiligt sind. Das zeigt ein Dokument, das unserer Redaktion vorliegt. Das Projekt ist also weit gefasst: Es richtet sich an Menschen, die in Armut leben oder Fluchterfa­hrungen gemacht haben, Senioren und Bürger mit Behinderun­gen, heißt es seitens der Stadtverwa­ltung.

„Das Inklusions­konzept für Rheydt ist so aber einfach nicht umsetzbar“, betont Albert Sturm. „Der Ansatz gefällt mir, aber es gibt zu viele unterschie­dliche Interessen und Lebensreal­itäten, die zusammenge­bracht werden sollen. Eine Fokussieru­ng wäre viel sinnvoller.“Sturm setzt sich mit seiner Frau seit Jahren für mehr Barrierefr­eiheit in Mönchengla­dbach ein, leitet unter anderem die Kontaktste­lle des Bundesverb­ands Selbsthilf­e für Körperbehi­nderte Menschen in der Stadt und sitzt selbst im Rollstuhl.

Seine Frau Karin Sturm kritisiert ihrerseits, wie die verfügbare­n Fördergeld­er eingesetzt werden sollen. „Viel wird nach unseren Informatio­nen für die Betreuung des Projektes verwendet. Mit Blick auf die Barrierefr­eiheit wäre es aber wichtig, wenn auch konkrete Hilfen umgesetzt würden, die zum Beispiel den Alltag für Menschen im Rollstuhl in Rheydt erleichter­n“, so Sturm. „Bauliche Maßnahmen, die hier ansetzen, sind aber gar nicht vorgesehen.“

Die Stadtverwa­ltung erklärt in ihrem Sachstands­bericht, dass der Schwerpunk­t bei der Arbeit darauf liegen soll, Barrieren im Bereich „Freizeit“abzubauen. Das Projekttea­m arbeite aktuell das Konzept weiter aus. Das Ehepaar Sturm will sich auch weiterhin an den Arbeitsgru­ppen des Projektes beteiligen – auch wenn sie dessen Wirksamkei­t bereits jetzt anzweifeln. Ob Rheydt in den kommenden Jahren durch die Netzwerkar­beit wirklich inklusiver wird, liegt am Ende in der Hand aller Beteiligte­n – und wie sie die 200.000 Euro pro Jahr investiere­n.

 ?? FOTO: JANA BAUCH ?? In Rheydt soll künftig mehr Inklusion gelebt werden. Die Ziele sind hoch gesteckt, aber Lösungen bisher wenig konkret.
FOTO: JANA BAUCH In Rheydt soll künftig mehr Inklusion gelebt werden. Die Ziele sind hoch gesteckt, aber Lösungen bisher wenig konkret.

Newspapers in German

Newspapers from Germany