Schüler kämpfen für besseres Lernen
Marode Schulgebäude, zu wenige Lehrkräfte und zu große Klassen: Die Liste der Kritikpunkte am Schulsystem ist lang. Zahlreiche Kinder und Jugendliche protestierten nun dagegen in Mönchengladbach. Was sie fordern und wie sie ihre Situation beschreiben.
Mit selbst gebastelten Plakaten und Schlachtrufen wie „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Zukunft klaut“demonstrierten am Mittwochmorgen Hunderte Schülerinnen und Schüler für mehr Investitionen und eine bessere Bildungspolitik.
Angeführt wird der Protestzug durch die Gladbacher Innenstadt unter anderem von Thaddäus Hildemann, der Mitglied im Vorstand der Landesschülervertretung NRW ist. „Wir sind regelmäßig mit Schülern überall im Land in Kontakt und die Probleme sind immer die gleichen. Schulgebäude sind marode, die Digitalisierung kommt nur schleppend voran, und Lehrer bekommen viel zu viele Aufgaben zugeteilt“, sagt der 18-Jährige. „Wenn sich nicht schnell etwas ändert und die Politik mehr in das Bildungssystem investiert, können wir diesen Rückstand nicht mehr aufholen. Seit Jahrzehnten werden Probleme ignoriert.“Er freut sich über die rege Teilnahme bei der Demonstration. Laut Schätzungen der Polizei sind 500 Kinder und Jugendliche dabei. „Es haben sich heute Schülerinnen und Schüler aus fast allen Mönchengladbacher Schulen versammelt“, so Hildemann. „Das ist ein starkes Zeichen.“
Mit dabei ist auch der 13-jährige Jakob. Der Schüler von der Gesamtschule Hardt möchte, dass das Schulsystem in Zukunft besser funktioniert. Dafür braucht es seiner Meinung nach kleinere Klassen. „Ein relativ großes Problem ist auch, dass viele Sachen kaputt sind und nicht repariert werden können, weil nicht so viel Geld dafür da ist“, sagt er. So könne zum Beispiel das Waschbecken im Klassenzimmer des Schülers wegen fehlender finanzieller Mittel nicht ausgetauscht werden.
Ähnliches berichten auch eine 15-Jährige und eine 14-Jährige. Beide beklagen sich über alte, kaputte und dreckige Tische und Stühle in ihren Klassenräumen der Geschwister-Scholl-Realschule, die dringend ausgetauscht werden müssten. Außerdem sind ihrer Meinung nach neue Toiletten notwendig. Einmal habe sie sogar gesehen,
wie eine der Toiletten übergelaufen sei. Ebenso regt die 15-Jährige an, Binden und Tampons Schülerinnen kostenlos zur Verfügung zu stellen.
Wie vielfältig die Sorgen der Kinder
und Jugendlichen sind, zeigen auch die Schilder, die beim Protestzug durch die Innenstadt in die Luft gehalten werden. Ein Mädchen trägt die Forderung „Kein Zeitdruck!“vor
sich her, ein Problem, das auch von Lilli Steigels auf der Bühne, die auf dem Sonnenhausplatz aufgebaut wurde, thematisiert wird. „Untersuchungen zeigen, dass rund 50 Prozent aller Schüler unter Stress leiden und etwa ein Drittel regelmäßig mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hat“, sagt die 17-Jährige, die Landesdelegierte für die Bezirksschülervertretung ist. „Es braucht dringend neue Prüfungsformen, die nicht auf stumpfes Auswendiglernen und Leistungsdruck abzielen. Stattdessen sollten Talente mehr gefördert werden.“
Das sieht auch eine zwölfjährige Schülerin so, die auf die Gesamtschule Hardt geht. „Wer zum Beispiel sehr gut in Kunst ist, sollte unterstützt werden und mehr Zeit für das Fach bekommen.“Der 17-jährige Finn Horak schlägt zur Entlastung mehrere kleine Leistungsüberprüfungen vor, die dafür
in einem geringeren Maße die Notengebung beeinflussen. So könne der Stress bei wichtigen Klausuren reduziert werden.
Aber auch das Thema Digitalisierung liegt einigen der anwesenden Schülerinnen und Schülern am Herzen. So wie der elfjährige Sophie, die zusammen mit ihrem Vater André zur Demonstration gekommen ist. Mit selbst gebastelten Plakaten zeigen sie der Landesregierung, wie sie sich die Digitalisierung mit Hilfe von Tablet-Geräten an den Schulen vorstellen. „Wir arbeiten mit altmodischen Methodiken und versuchen, damit die modernen Herausforderungen zu bewältigen“, sagt der Vater. Es müsse allgemein mehr in die Bildung investiert werden, so seine Forderung.
Da der Protest während der regulären Schulzeit stattgefunden hat, konnten sich die jungen Demonstrierenden im Anschluss die Teilnahme am Protest bestätigen lassen, damit konnten sie ihrer Schule zeigen, dass sie dabei waren und nicht unentschuldigt dem Unterricht fernblieben.