So klingt Helge Schneiders Katzeklo auf Rädern
Helge Schneider, von seinen Fans liebevoll „Singende Herrentorte“genannt, lud zu einem vergnüglichen Abend ins rote Krokodil im Kunstwerk nach Wickrath ein. Anlässlich des mit „Katzeklo auf Räder“betitelten Programms fragte man sich, ob der gebürtige Mülheimer etwa auf dem Dreirad zu seinen Fans fahren würde. Bei Helge Schneider ist zwar fast alles möglich, doch noch ist er auf vier Räder angewiesen, um seine Auftritte mit all den Musikinstrumenten und dem ganzen Kladderadatsch zu bewältigen.
Als Schneider die Bühne betritt, brandet Applaus auf, und es beschleicht einen die Ahnung, dass er an diesem Abend nichts falsch machen kann. Er setzt sich ans Piano, und schon weht der Jazz durch die dicht besetzten Stuhlreihen. Als während des ersten Stücks sein Hocker nach unten fährt, hat er schon den ersten Lacher auf seiner Seite.
Helge Schneider begegnet seinem Publikum eben nicht von oben herab. Dass es keine One-ManShow werden würde, wird schnell klar, als Schneider seine Band „Travelling Stars“zu sich auf die Bühne bittet. Bei „Autumn Leaves“, ursprünglich ein Chanson und späterer Jazzstandard, präsentiert sich mit Reinhard Glöder (Kontrabass), Sandro Giampietro (Gitarre) und Willy Ketzer (Schlagzeug) ein Trio, das Frontmann Helge nicht nur ergänzt, sondern die Rampensau aus dem Ruhrpott in ein musikalisches Gesamtbild einbettet. Zu „Die Trompeten von Mexiko“hat Schauspieler und Tänzer Sergej Gleithmann seinen ersten Auftritt.
Bei Helge Schneiders Konzerten darf „Katzeklo“nicht fehlen. Dabei zeigt der Multiinstrumentalist sein Können am Xylophon. Aus der Ballade „She’s Gone“der Hardrocker Black Sabbath macht Schneider einen Jazzableger, der seine Genrenbreite und seinen treffsicheren Witz offenbart. Der Song handelt davon, wie ein Mann seine Mutter aus dem Haus ekelt, sich dann aber nach ihrer Rückkehr sehnt: Denn er verspürt keine Lust, den Haushalt selbst zu machen.
Beim „Telefonmann“erntet Helge Schneider noch einmal kräftigen Applaus – spielt er doch mit links
Piano und mit rechts Trompete. Schließlich turnt „Schlangentänzer“Gleithmann im Vordergrund, und Helge gönnt sich noch einen Tee von „Dauerpraktikant“Bodo Oesterling. Und das musikalischkomödiantische Kunstwerk Schneider besticht nochmal mit seinem schrägen Humor: „Die Leute werden heute so schnell aggressiv, wenn ich auf der Autobahn anhalte.“
Schon in früher Kindheit zeigte sich Helge Schneiders Talent. Nach zwei Semestern Klavierstudium am Duisburger Konservatorium entdeckte Schneider im Jazz eine neue Leidenschaft. Diese führte ihn zu Jamsessions in Clubs, in denen er mit dem Jazzpianisten George Maycock auftrat. Als regelmäßiger Besucher von Stehcafés entwickelte er eine steigende Neugier am Verhalten seiner Zeitgenossen.
Mit der Zeit prägte sich Helge Schneider die Gesten und Gespräche der Besucher ein. Besonders unterhaltsam fand er es, dass insbesondere die älteren Männer trotz ihrer Unzulänglichkeiten nach außen stets souverän blieben. Diese „Oppas“wurden Schneider zum Vorbild.
Ende der 1970er-Jahre startete er eigene Bandprojekte und sammelte erste Erfahrungen als Studiomusiker und Komponist. Erste kleine Sketche gab es ab 1990. Nun lernte er weitere Instrumente zu spielen, ging vermehrt auf die Bühne und kreierte allmählich seinen persönlichen, unverwechselbaren Stil der „Antikomik“, der sich vor allem durch kindischen Unsinn und dem Spagat zwischen Banalem und Anspruchsvollem auszeichnet.
Mit seiner Mischung aus absurden Geschichten, parodistischen Schlagern und guter Jazzmusik füllt er seit drei Jahrzehnten beständig eine klar umrissene Marktlücke: Die des mehrfach begabten Musikers, der die Menschen unterhält und stets aufs Neue zum Lachen bringt. So wie am Dienstagabend im Roten Krokodil.