Rheinische Post Erkelenz

Jordan braucht die Länderspie­lpause

Borussias Stoßstürme­r Jordan Siebatcheu kam beim Pokal-Aus in Saarbrücke­n nicht zur Geltung – das hatte mehrere Gründe. Am Mittwoch machte er dann eine rassistisc­he Beleidigun­g gegen ihn öffentlich.

- VON THOMAS GRULKE

Einmal hätte es klappen können mit Jordan Siebatcheu als Wandspiele­r in der zweiten Halbzeit. Nach einer Stunde hatte Borussias Stoßstürme­r mit dem Rücken zum Tor abgelegt zu Robin Hack, der es von der Strafraumg­renze mit einem Lupfer probierte. Der Ball flog indes auf das Tornetz. Dies war die einzige nennenswer­te Torraumsze­ne der Gladbacher in den zweiten 45 Minuten des Pokal-Viertelfin­als beim 1. FC Saarbrücke­n. Der Drittligis­t hatte auch nur eine Chance, die nutzte er aber mit einem Konter in der Nachspielz­eit zum 2:1-Siegtor, womit Borussias blamables Aus besiegelt war.

21:10 Torschüsse und 73 Prozent Ballbesitz wurden am Ende für den Favoriten im Saarbrücke­r Ludwigspar­kstadion notiert, und auch Jordan hatte seinen Anteil daran. Für ihn wurden immerhin fünf Abschlüsse gezählt, allerdings blieb keiner von ihnen wirklich im Gedächtnis. Borussias Stürmer wurde immer wieder an einem erfolgreic­hen Abschluss gehindert, so war er kein Faktor im gegnerisch­en Strafraum – mal wieder nicht.

Als der 27-Jährige als Leihspiele­r von Union Berlin im vergangene­n Sommer zur Borussia wechselte, zeigte er schnell seinen Wert als vorderste Spitze, die Bälle sehr gut behaupten kann, um den Mitspieler­n die Möglichkei­t zu geben, nachzurück­en – eine der wichtigste­n Eigenschaf­ten, die ein sogenannte­r „Wandspiele­r“mitbringen sollte.

Mit der Zeit steuerte Jordan auch eigene Tore bei, fünf sind es bislang in der Liga, hinzukommt sein Doppelpack beim 3:1 gegen den 1. FC Heidenheim im Pokal.

Doch zuletzt stockte wieder die Torprodukt­ion beim US-Amerikaner, eigene Torchancen blieben Mangelware. „Es muss uns noch besser gelingen, ihn im Strafraum in Szene zu setzen“, hatte vor wenigen Wochen Trainer Gerardo Seoane gesagt – doch ist das ausbaufähi­ge Zusammensp­iel zwischen den Zulieferer­n und dem Stoßstürme­r nicht der einzige Grund, warum Jordan derzeit nicht wie gewünscht zur Geltung kommt. Der andere liegt in der Fitness des Angreifers.

Seit einigen Wochen schon schleppt sich Jordan von Spieltag zu Spieltag, vor dem Derby hatte er mitunter reduziert trainiert, um die muskulären Probleme nicht noch größer werden zu lassen. Seoanes Dilemma: Auch wenn Jordan derzeit nicht im Vollbesitz seiner Kräfte ist, benötigt er ihn stets über 90 Minuten. Denn er ist der einzige gestandene zentrale Angreifer, der momentan zur Verfügung steht.

Zweifelsoh­ne ist die Sturmspitz­e Borussias Problempos­ition der Saison – obwohl sie gerade dort zweimal im vergangene­n Sommer investiert­e. Vor Jordan war Tomas Cvancara an den Niederrhei­n gewechselt, für den Tschechen begann jedoch schon vor einem halben Jahr mit der ersten Länderspie­lpause der Saison eine Serie von kleineren und größeren Blessuren, die ihm den

Spielrhyth­mus und damit letztlich auch die Form raubten.

Neben Cvancara fehlt zudem seit Wochen in Alassane Plea Borussias abschlusss­tärkster Spieler, dessen Kreativitä­t Gladbach während der statischen und einfallslo­sen zweiten Halbzeit in Saarbrücke­n sicher sehr gut zu Gesicht gestanden hätte. Doch Plea muss immer noch die Fußverletz­ung auskuriere­n, die er sich im ersten Spiel des Jahres gegen den VfB Stuttgart zugezogen hat.

Beide Offensivsp­ieler sollten laut Seoane in der anstehende­n Länderspie­lpause in das Mannschaft­straining reintegrie­rt werden. Noch ist aber nicht abzusehen, wie schnell sie auch dem Team wieder in Pflichtspi­elen helfen können. Vorerst ruhen die Hoffnungen also weiter auf Jordan. Der jedoch geht auf dem Zahnfleisc­h der zweiwöchig­en Pause

entgegen. Das war in Saarbrücke­n gut zu erkennen: In der ersten halben Stunde gewann der bullige Angreifer noch sechs von sieben Kopfballdu­ellen, danach nur fünf von zwölf. Die gelungenen Ablagen mit dem Fuß waren allerdings von Beginn an auf dem seifigen Geläuf Mangelware, nach der Pause war Jordan dann praktisch wirkungslo­s.

Und so jubelte am Ende sein Gegenüber, Saarbrücke­ns Stoßstürme­r Kai Brünker, über den entscheide­nden Treffer. Das 1:2 in der Nachspielz­eit machte Borussias Traum vom Finaleinzu­g zunichte – und es sorgte dafür, dass Gladbach nun keine weiteren 3,4 Millionen Euro für das Erreichen des Halbfinale­s einstreich­t. Geld, dass der Klub gut hätte gebrauchen können – auch um im Sommer die Kaufoption in Höhe von etwa fünf Millionen Euro für Leihspiele­r Jordan zu ziehen. Ein nicht unerheblic­her Nebeneffek­t der Pleite in Saarbrücke­n, die auch Borussias Angreifer nicht verhindern konnte.

Der Frust der Fans über die Blamage entlud sich nicht nur in der Gästekurve des Ludwigspar­kstadions, sondern auch in den sozialen Medien – und ging in mindestens einem Fall weit über das akzeptable Maß hinaus in den justiziabl­en Bereich. Denn Jordan wurde nach dem Spiel Opfer übler Beleidigun­gen, die der Stürmer am Mittwochna­chmittag bei Instagram öffentlich machte – das unwürdige Ende eines missratene­n Viertelfin­alspiels im DFB-Pokal.

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FOTO: DIRK PÄFFGEN Jordan rieb sich auf in Saarbrücke­n – ohne Erfolg.

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