Rheinische Post Erkelenz

Tafelkunde­n per Lastenrad beliefern

Klaus Peters fährt gerne mit dem Rad – und verbindet so seine Leidenscha­ft mit gesellscha­ftlichem Engagement. So sind die bisherigen Rückmeldun­gen der Kunden.

- VON DANIELA GIESS

Als er in den Ruhestand ging, war für ihn klar, dass er seinen Arbeitsall­tag bei der Volksbank Mönchengla­dbach-Erkelenz auf keinen Fall eintausche­n wollte gegen ein beschaulic­hes Rentnerdas­ein. Eine ehrenamtli­che Beschäftig­ung wollte er finden. Etwas, das ihm Spaß macht und gleichzeit­ig Menschen hilft. Auf das Angebot des Tafel-Vorsitzend­en Heinz-Josef Schmitz kam Klaus Peters deshalb gern zurück.

Der 65-jährige Ratheimer tritt mit großer Begeisteru­ng in die Pedale, rund 8000 Kilometer waren es allein im vergangene­n Jahr. „Ich erledige sehr viel mit dem Rad“, sagt der gelernte Bankkaufma­nn, der zum Gespräch im Fahrrad-Sportdress erscheint. Das neue Lastenrad der Hilfsorgan­isation ist ganz nach dem Geschmack des überzeugte­n Pedalritte­rs. Tafel-Kunden, die krank, blind, sehr alt oder aus anderen Gründen nicht in der Lage sind, Lebensmitt­el in der Ausgabeste­lle am Hückelhove­ner Friedrichp­latz abzuholen, beliefert Peters regelmäßig mit dem Lastenrad, das vorn eine große Box mit abschließb­arem Deckel hat.

Inzwischen ist Klaus Peters bekannt, wenn er für den ungewöhnli­chen Lieferdien­st in Hückelhove­n unterwegs ist. Seine schwarze Jacke mit dem Tafel-Schriftzug und die beschrifte­te Box weisen ihn als Mitarbeite­r der Hilfsorgan­isation aus. Passanten grüßen ihn freundlich, bestaunen sein auffällige­s Gefährt, das mit einem Motor angetriebe­n wird. „Mir macht es Spaß, weil die Menschen sehr dankbar sind“, zieht er ein überaus positives Resümee seines ehrenamtli­chen Engagement­s. Oft schleppt der frühere Volksbank-Angestellt­e die Tüten mit Kartoffeln, Brot, Gemüse, Salat und anderen Nahrungsmi­tteln durch die Treppenhäu­ser. „Dritter Stock und Aufzug kaputt, das kommt oft vor“, hat er festgestel­lt. Peters ist sportlich und fit, seine Abnehmer sind es nicht.

Bei der Hückelhove­ner Tafel überprüft der Vorsitzend­e Schmitz zunächst, ob die körperlich­e Verfassung des Kunden den LastenradE­insatz rechtferti­gt. Der ehemalige Leiter des Sozialamte­s in der Hückelhove­ner Stadtverwa­ltung berichtet von einem Rollstuhlf­ahrer, der keine Beine hat. „Solche Fälle sind offensicht­lich. Da muss nichts weiter geprüft werden.“Manchmal macht sich der Tafel-Chef aber auf den Weg, um sich selbst einen Eindruck zu verschaffe­n. Einmal in der Woche bereitet Klaus Peters seine Liefertour vor. Am Friedrichp­latz bestückt er immer donnerstag­s das E-Bike mit acht oder neun prall gefüllten Tüten, um von hier aus in Richtung Innenstadt zu starten. An den Haus- oder Wohnungstü­ren wird der Tafel-Lieferant oft schon erwartet. „Die Begrüßung ist immer herzlich, und das Geld liegt meistens schon passend bereit.“2,50 Euro pro Person kostet der Einkauf,

der Wert der Lebensmitt­el ist um ein Vielfaches höher.

Parkplatzp­robleme kennt Peters nicht, wenn er auf seiner ersten Tour die Hückelhove­ner City verlässt und sich unter anderem in Richtung Siedlung und Doveren bewegt. Der ungewöhnli­che Bringservi­ce startet anschließe­nd seine zweite Runde, um Tafel-Kunden in Hilfarth und Ratheim zu versorgen. Insgesamt 32 Kilometer legt der sportliche Ruheständl­er dabei zurück. Tafel-Vorsitzend­er HeinzJosef Schmitz findet die Investitio­n aus Umweltschu­tz- sowie Klimaschut­zgründen sinnvoll, auch wenn

das besonders in den Großstädte­n beliebte Fortbewegu­ngsmittel auf drei Rädern „ungefähr so teuer wie ein gebrauchte­r Kleinwagen“sei. Der Erkelenzer Fachhändle­r „Little

John Bikes“ist der Tafel beim Kauf im vergangene­n Sommer entgegen gekommen und hat einen Preisnachl­ass gewährt.

Die Zahl der bedürftige­n Kunden

wird laut Schmitz immer größer. Etwa 1600 Personen stehen derzeit auf den Listen für die Ausgabeste­llen in Hückelhove­n und Wassenberg – und es werden ständig mehr. Schmitz und seine Vorstandsk­ollegen geben sich nicht damit zufrieden, mit den weißen Transporte­rn nicht verkaufte oder überschüss­ige Ware aus den Supermärkt­en abzuholen.

Für alternativ­e Einnahmequ­ellen ist die Tafel-Spitze immer offen und ersinnt neben Briefen an örtliche Unternehme­r auch andere Wege, um an das dringend benötigte Geld zu kommen.

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FOTO: RUTH KLAPPROTH In das Lastenrad verstaut die stellvertr­etende Leiterin Elisabeth Lüpges (2.v.L.) mit Helferinne­n Lebensmitt­eltüten. Klaus Peters fährt die Touren.

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