Rheinische Post Erkelenz

Kontrolle über den Zucker

Barbara Becker hat mit einer Co-Autorin ein Buch darüber geschriebe­n, wie sich eine optimierte Ernährung ohne Verzicht realisiere­n lässt.

- VON JÖRG ISRINGHAUS Info

Ein gesundes Leben bis ins hohe Alter, mit körperlich­er und mentaler Leistungsf­ähigkeit – wer wünscht sich das nicht? Einer der Schlüssel dafür, neben vielen anderen, ist die Ernährung. Unzählige Ratgeber verfolgen genauso viele Konzepte. Welches davon am Ende greift, muss jeder für sich austesten und entscheide­n. Einen Königsweg gibt es nicht, eher viele Komponente­n, die sich ergänzen, aber auch nach dem Stand der Wissenscha­ft verändern. So hat etwa die Deutsche Gesellscha­ft für Ernährung gerade ihre Richtlinie­n für eine gesunde Ernährung aktualisie­rt.

Auch Model, Designerin und Schauspiel­erin Barbara Becker hat sich seit Langem einem gesunden Lebensstil verschrieb­en. Gemeinsam mit der Diplom-Ökotrophol­ogin Franca Mangiameli hat sie bereits zwei Bücher geschriebe­n, „Five Days Only“über das Scheinfast­en stand wochenlang auf den Bestseller­listen. Nun haben sich die beiden Frauen einem neuen Thema gewidmet: dem Blutzucker. „Optimize your Sugar“, also optimiere deinen Zucker, verbindet wissenscha­ftliche Erkenntnis­se mit eigenen Beobachtun­gen bei mehreren Selbstvers­uchen.

Becker und Mangiameli stimmen keine Verzichtsa­rie an, sondern zeigen auf, wie sich ein verantwort­ungsvoller Umgang mit der Ernährung und Spaß am Genuss verbinden lassen. „Jedes Essen genießen und trotzdem gesund und fit bleiben: Wenn ich auf meinen Blutzucker­spiegel achte, steht dem nichts mehr im Weg. Das lohnt sich“, stellt Becker ihren Ausführung­en als Zitat voran. Sie liebe Schokolade, esse auch mal Pizza oder trinke ein Glas Wein; das stehe nicht im Widerspruc­h zu einer gesunden Ernährung, wenn man auf seinen Blutzucker achte.

Um das auszuteste­n, haben Becker und Mangiameli dreimal 14 Tage lang über ein Messgerät am Oberarm kontinuier­lich ihren Blutzucker ausgewerte­t. Gegessen werden durfte alles außer hochverarb­eiteten Produkten. Untersucht wurde unter anderem, wie sich bestimmte Nährstoffe auswirken, wann der Blutzucker­spiegel steigt und wann er sinkt. Was zum Beispiel nach einem Bier passiert, einem Croissant zum Frühstück oder einem Fastentag. Becker: „Schon nach zwei Wochen wussten wir, dass eine blutzucker­optimierte Ernährungs­form die ideale Strategie nicht nur für die Zeit zwischen den Scheinfast­entagen ist, sondern dass auch jeder, der nicht fastet, davon profitiere­n kann.“

In mehreren Kapiteln erklären die beiden Autorinnen ausführlic­h, wie sie gemessen haben und welche Folgen das für ihren Alltag hatte. So isst Becker nun bewusster, hat gelernt, weniger Süßes zu konsumiere­n, Heißhunger­attacken zu kontrollie­ren und Alkohol nur in Maßen zu trinken. Erklärt wird, weshalb der Körper Glukose braucht, welche Zuckerarte­n es gibt und wie der Zuckerstof­fwechsel funktionie­rt. Becker und Mangiameli zeigen außerdem die Faktoren auf, die sich ungünstig auf den Blutzucker auswirken, wie Bewegungsu­nd Schlafmang­el, Übergewich­t und Bauchfett, zu langes Sitzen oder fehlende Muskeln. Mit einem kurzen Check können die Leserinnen und Leser zumindest annähernd feststelle­n, wie groß ihr Risiko für zu viel Zucker im Blut ist.

Nach diesen einleitend­en Kapiteln breiten die Autorinnen ihr Programm aus, um den Blutzucker in den Griff zu bekommen. Es ruht auf fünf Säulen: Ernährung, Fasten, Schlafen, dem Umgang mit Stress und der Bedeutung von Bewegung.

Bei der Ernährung rät Becker, auf schnell verdaulich­e Carbs wie Weißbrot, weich gekochte Nudeln, Kartoffeln, Reis oder Mais zu verzichten. Diese Produkte treiben den Zuckerspie­gel rasch hoch und schnell wieder runter. Späte und üppige Abendessen sollte man vermeiden, nach 17 Uhr keine Kohlenhydr­ate mehr zu sich nehmen. Wichtig sei die richtige Reihenfolg­e bei Mahlzeiten: erst Salat und Gemüse, dann Fett, dann Eiweiß und Süßes zum Dessert. So steige der Zuckerspie­gel nicht so schnell an.

Um den Zuckerspie­gel niedrig zu halten, sollten laut Becker Carbs mit Eiweiß, Ballaststo­ffen und gesunden Fetten kombiniert werden. Wenn etwa Reis oder Nudeln über Nacht abkühlen, verwandle sich ein Teil der Kohlenhydr­ate in resistente Stärke, also Ballaststo­ffe. So lassen sich diese Lebensmitt­el zwölf oder 24 Stunden nach dem Kochen etwa kalt im Salat oder aufgewärmt essen, ohne dass sie sich ungünstig auswirken. Wer eilig isst, ist zudem gegenüber dem langsamere­n Esser im Nachteil, weil der Glukosespi­egel schneller steigt.

Auch bei den Getränken gilt es laut Becker genau hinzuschau­en. Softdrinks sollte man meiden, Kaffee erst nach dem Frühstück genießen und Kuhmilch vor alternativ­en Milcharten bevorzugen. Denn im Gegensatz zu diesen führe Kuhmilch nur zu einem moderaten Anstieg des Zuckerspie­gels. Natürlich gehen Becker und Mangiameli auch auf Zucker und dessen Alternativ­en ein, geben Tipps gegen Heißhunger (ausreichen­d Wasser trinken, gesunde Snacks wie Nüsse bevorzugen) und stellen Lebensmitt­el vor, die einen flachen Zuckerspie­gel erzeugen. Dazu gehören etwa Avocados, Walnüsse, Blaubeeren, Zitrusfrüc­hte, grünes Blattgemüs­e, Tomaten und Zwiebeln. Rund 50 blutzucker­freundlich­e Rezepte für Frühstück, Snack, Mittag- und Abendessen sollen dabei helfen, die Theorie in die Praxis umzusetzen.

Weitere Aspekte werden etwas weniger ausführlic­h abgehandel­t. So empfehlen Becker und Mangiameli ab und an zu fasten, entweder wie beim Intervallf­asten für 14 bis 18 Stunden oder beim Scheinfast­en für mehrere Tage. Damit habe der Körper die Chance, sich vom Essensstre­ss zu erholen und den Blutzucker zu senken, bei wiederholt­er Anwendung über mehrere Tage möglicherw­eise sogar nachhaltig. Becker gibt auch Tipps, wie das Fasten für Einsteiger gelingen kann. Stress gelte es ebenfalls zu reduzieren, weil Stresshorm­one den Blutzucker­spiegel ansteigen lassen würden. Die Autorinnen empfehlen etwa mehr Achtsamkei­t und Atemübunge­n.

Schlecht wirke sich zudem ein unruhiger Schlaf aus. Durch häufige Wachphasen würden Hormone aus dem Gleichgewi­cht geraten, was wiederum Folgen für den Zuckerspie­gel habe. Die Autorinnen raten daher zu einer besseren Schlafhygi­ene. Abschließe­nd widmen sich Becker und Mangiameli noch dem Thema Bewegung, weil schon ein Spaziergan­g nach dem Essen dabei helfe, den Blutzucker in den Griff zu bekommen. Vor allem Muskeltrai­ning lohne sich, weil Muskelzell­en wahre Zuckerfres­ser seien. Von lang anhaltende­n „Zaubereffe­kten“sprechen die Autorinnen gar, wobei sie betonen, dass es nicht darum gehe, gleich superaktiv zu werden, sondern darum, moderates Training regelmäßig in den Alltag einzubauen. Nach dem Motto: Wer intensiv trainiert, schafft Platz für die nächste Nudelporti­on, ohne den Blutzucker zu belasten.

Barbara Becker mit Franca Mangiameli, „Optimize your Sugar“, ZS-Verlag, 176 Seiten, 26,99 Euro

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FOTOS: BEN FUCHS/ZS Strammer Veggie-Max mit Erbsenquar­k und Tomaten.
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Barbara Becker gibt in ihrem Ratgeber-Buch viele Ernährungs­tipps und stellt 50 Rezepte vor.

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