Rheinische Post Erkelenz

Relaxen wie ein Pharao

- VON ELFI VOMBERG

Ein Mund, ein gebeugter Unterarm und drei Striche. Eindeutig. Aber was macht man mit dem T-Shirt, der Krone und der Wunderlamp­e? Wie soll aus diesen Zutaten am Ende duftendes Lavendelöl werden? Hamdi Youssef legt den Finger nochmal an die eingemeiße­lten Zeichen und erklärt geduldig: „Achtung – von oben nach unten lesen! Hier Lavendelbl­üten, die werden vermischt mit Öl aus dieser Flasche; dann in der Wüste eingraben – das Zeichen ist keine Krone, das bedeutet sandiges Hügelland. Und nach 63 Nächten haben wir hochkonzen­triertes Lavendelöl.“

Rund 150 Rezepte für duftende Salben und Öle sind hier im Edfu-Tempel in Tonnen von Sandstein eingemeiße­lt: Minzöle, Weihrauchm­ischungen, aromatisch­e Essenzen mit Myrrhe, Zimt, Zitronengr­as und Harzen, die für Zeremonien, Rituale und zur Einbalsami­erung der Mumien im alten Ägypten verwendet wurden.

Der Edfu-Tempel in Oberägypte­n gehört zu den am besten erhaltenen Tempeln des Landes – man sieht noch Farbreste, die die Jahrtausen­de überdauert haben, massive Falkenstat­uen und Spalier stehende Säulen, deren Inschrifte­n stundenlan­ge Geschichte­n erzählen können. Der Ägyptologe und Reiseleite­r Hamdi Youssef könnte auf jeden Fall noch ewig die Zeichen an den Wänden für seine Gruppe entziffern. Doch gerade kommt eine ordentlich­e Brise auf, also schnell zurück aufs Segelschif­f.

Tamer El-Noby hat bereits die Segel gehisst und schaut in die Ferne. „Jetzt sind die Bedingunge­n perfekt zum Segeln – wir haben Zeit, keine Brücken in Sicht und ein schöner Wind“, freut sich der Kapitän der Dahabeya „Mariam“. Schon die alten Pharaonen bewegten sich auf dem Nil auf diesen großen Segelschif­fen fort.

Insgesamt vier Nächte dauert die Tour von Assuan nach Luxor – fast 300 Kilometer vorbei an Sandfelsen, Dünen, saftigen Feldern und grünen Palmen

und Bananenhai­nen, hinter denen karge Wüstenland­schaft lauert. Dazu der Sound von vergnügt-planschend­en Kindern am Nilufer, störrisch-maulenden Eseln auf den Feldern und Postkarten-Ausblicke auf Fischer, die auf kleinen Bötchen ihre Netze auswerfen. Also Liegestuhl auf Deck wählen, Beine hochlegen, den Fahrtwind genießen – und wie ein Pharao relaxen.

Drei Stunden später kommt die nächste Anlegestel­le in Sicht: die Felsengräb­er von ElKab. Die altägyptis­chen Gräber aus der Zeit des Neuen Reiches sind in den Sandstein eines Felshangs gehauen und erzählen vom prallen Leben der höheren Schichten. Zum Beispiel das Grab von Fürst, Priester und Schreiber Paheri – groß und reich verziert. „Das war seine Eintrittsk­arte ins

Jenseits und gleichzeit­ig seine Landkarte durch die Ewigkeit“, erklärt Hamdi und deutet auf Reliefs und Zeichen an den Wänden.

Szenen des landwirtsc­haftlichen Lebens im alten Ägypten, Weinproduk­tion, Jagd bis hin zur Totenproze­ssion, die mit der Anbetung des Osiris durch Paheri selbst endet. Eine Art Schritt-für-SchrittAnl­eitung für ein gutes Leben. „Man musste zeigen, was man im Leben geleistet hat, wie loyal und fleißig man war, um in der Ewigkeit von den Göttern aufgenomme­n zu werden“, erklärt Hamdi Youssef und ergänzt: „Das Grab war wichtiger als das Wohnhaus, denn im Grab lebst du länger.“

Der 35-jährige Ägyptologe hat schon von klein auf eine ganz besondere Faszinatio­n für altägyptis­che Grabstätte­n

– kein Wunder, ist er doch selber mit der Geschichte der alten Ägypter auf schicksalh­afte Art verbunden: So stand sein Familienha­us mitten im Gebiet der heutigen „Gräber der Adligen“gleich neben dem berühmten „Tal der Könige“. Eines der Adels-Gräber war für seine Oma Vorratskam­mer und Hühnerstal­l zugleich. Bis die Unesco die archäologi­sche Stätte rund um die Westbank von Luxor räumte und die Bevölkerun­g umsiedelte.

„Die Bewohner bauten ihre Häuser damals auf den vermeintli­chen Hügeln, um vor der Flut des Nils geschützt zu sein. Aber zu den Hintergrün­den ihrer reich verzierten Höhlen und Vorratskam­mern wusste niemand was“, erzählt Youssef. Ihn haben die wundersame­n Schriftzei­chen schon immer fasziniert, sodass für ihn klar war, dass er Ägyptologe wird. Aber vielleicht war ihm dieser Weg auch wegen seines ganz frühen Vorfahrens schon in die Wiege gelegt: „Ich habe mal diesen DNA-Test gemacht. Zu 79 Prozent bin ich ein Nachfahre Tutanchamu­ns“, erklärt er und ergänzt lachend: „Wie wohl fast alle Ägypter.“

Die Redaktion wurde eingeladen von erlebe Fernreisen.

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Anreise
Kreuzfahrt­en
FOTOS: ELFI VOMBERG Auf dem Segelschif­f Dahabeya Mariam kann man entspannt den Nil entlangsch­ippern. Anreise Kreuzfahrt­en
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Hamdi Youssef zeigt, wie die Hieroglyph­en im Edfu-Tempel zu lesen sind.

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