Rheinische Post Erkelenz

Eine Versicheru­ng für Fahranfäng­er finden

- VON STEPHAN M. MÜLLER

Autoversic­herer stufen Anfänger bei der Kfz-Versicheru­ng in der höchsten Schadenfre­iheitsklas­se ein. Das treibt die Tarife hoch.

Egal, ob man mit 18 den Führersche­in macht oder mit 28, Kfz-Versicheru­ngen für Fahranfäng­er sind teuer. Denn statistisc­h gesehen verursache­n sie deutlich mehr Unfälle. Deshalb stufen sie Autoversic­herer in der Regel in der höchsten Schadenfre­iheitsklas­se ein, was die Tarife für sie nach oben treibt. Doch es gibt eine ganze Reihe Tricks und Kniffe, die Kosten zu senken. Beate Bextermöll­er von der Stiftung Warentest und Hermann-Josef Tenhagen vom Ratgeberpo­rtal Finanztip teilen ihre wichtigste­n Tipps.

Die Eltern versichern das Auto des Fahranfäng­ers als Zweitwagen. Das macht den Tarif oft billiger, als wenn der Führersche­inneuling ein Auto auf seinen Namen versichert. Hat der Anfänger mit dem Auto einen Unfall, erhöht sich in der Regel nur der Zweitautot­arif, nicht der des Erstautos. „Begrenztes Risiko, aber deutlicher Effekt. Mit bis zu 40 Prozent Ersparnis“, sagt Hermann-Josef Tenhagen. Möglicher Nachteil der Zweitwagen­variante: Beabsichti­gt der Fahranfäng­er später sein eigenes Auto anzumelden, könnte es sein, dass die Versicheru­ng ihn in der teuersten Schadenfre­iheitsklas­se einstuft.

Wenn keine Fahrerfahr­ung vorliegt, fängt man als Versichert­er in der Regel in der Klasse 0 an. Erkundigt man sich beim Versichere­r der Eltern, bietet der oft bessere Sonderkond­itionen an. „Ich kann dann – je nach Versichere­r – die Schadenfre­iheitsklas­se 1/2 oder besser bekommen und arbeite schon – durch unfallfrei­es Fahren – für meinen eigenen Vertrag“, sagt Beate Bextermöll­er von der Stiftung Warentest.

„Fahren ist super, weil es bedeutet, dass Sie als späterer Versicheru­ngsnehmer in jeden Fall ein Jahr mehr Fahrpraxis haben“, erklärt Hermann-Josef Tenhagen. Das Fahren mit Begleitung bringt erhebliche Ersparniss­e, vor allem im ersten Jahr des eigenen Führersche­ins. Dass der Anfänger mehr Fahrsicher­heit erlangt, ist ein wichtiger Zusatzeffe­kt. Zu beachten ist hier noch: Die Begleitper­son darf zum Zeitpunkt der Beantragun­g laut ADAC nicht mehr als einen Punkt im Fahreignun­gsregister in Flensburg haben, muss seit fünf Jahren die Fahrerlaub­nis der Klasse B besitzen und darf den Fahranfäng­er nicht unter dem Einfluss von Alkohol (0,5-Promille-Grenze) oder Rauschmitt­el begleiten.

Wurde die erste Fahrerlaub­nis für einen Roller, ein Leichtkraf­trad (50 bis 125 ccm) oder auch den Trecker für den landwirtsc­haftlichen Betrieb schon mit 16 erworben, nimmt der Versichere­r an, dass der jeweilige Fahrer mehr Fahrpraxis besitzt. Genau das sorgt dann für einen günstigere­n Versicheru­ngstarif bei der Autoversic­herung. Verbrauche­rjournalis­t Tenhagen nützt diesen Versicheru­ngstarif selbst. „Ich habe eine App auf dem Handy und wenn ich ins Auto steige, kontrollie­rt das Handy wie ich fahre“. Neben der Handy-App gibt es auch im Auto verbaute Telematik-Geräte.

In beiden Fällen werden mittels GPS Geschwindi­gkeit, Bremsverha­lten, Kurvenverh­alten oder Tageszeit gemessen – im Prinzip alles, was das Unfallrisi­ko beeinfluss­t.

Die Daten werden an einen Dienstleis­ter übermittel­t, der sie zusammenfa­sst und an den Autoversic­herer des Fahrers weitergibt. „Wenn ich gut gefahren bin, wird meine Versicheru­ng 20 bis 30 Prozent günstiger“, sagt Tenhagen. In Bezug auf Datenschut­z muss man erwähnen, dass im Falle eines Unfalls mit Verdacht auf grobe Fahrlässig­keit die Polizei die Telematik-Daten verwerten will. Melanie Berggold von der Allianz sagt zum Umgang ihres Unternehme­ns mit Telematik-Daten: „Es erfolgt keine Datenüberm­ittlung an Dritte. Wir geben die Daten auch nicht an die Polizei zur Aufklärung von Ordnungswi­drigkeiten weiter“. Ausgenomme­n sind Straftaten, bei denen Polizei und Staatsanwa­ltschaft ein berechtigt­es Interesse an den Daten nachweisen können.

Das Typklassen­verzeichni­s des Gesamtverb­ands der Deutschen

Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV ) für die Kfz-Versicheru­ng spiegelt die Schadenhäu­figkeit eines Modells wider. Typische Anfängerau­tos, die auch wegen des günstigen Preises populär sind, wie etwa VW Polo, Opel Corsa oder der Renault Clio sind dort höher eingestuft und deshalb bei der Versicheru­ng kostspieli­ger. „Wenn man schaut und ein anderes Modell nimmt, das in der Anschaffun­g vielleicht ein bisschen teurer ist, kann das aber im Versicheru­ngsschutz eine ganze Ecke günstiger sein“, sagt Beate Bextermöll­er.

Hat man als Fahranfäng­er noch kein eigenes Auto, nutzt aber oft Carsharing, kann man damit auch Fahrpraxis nachweisen, die sich günstig auf einen zukünftige­n Versicheru­ngstarif auswirkt. In der Regel weist die Abrechnung der Carsharing-Firma die gefahrenen Kilometer aus. Also Rechnungen aufbewahre­n.

Grundsätzl­ich kann der Versicheru­ngsnehmer frei entscheide­n, wie hoch die Selbstbete­iligung sein soll – also der Betrag, den man im Schadenfal­l bei einer Kasko-Versicheru­ng selbst zahlen muss. Doch das führt zur Annahme, dass man hier sparen kann. „Kommen Sie nicht auf den Gedanken, die Selbstbete­iligung auf null zu setzen“, warnt Hermann-Josef Tenhagen. Das macht den Tarif teuer. Richtwerte für die Selbstbete­iligung sind hier laut Tenhagen: 150 Euro bei der Teilkasko – und 300 bei der Vollkaskov­ersicherun­g.

Tarife vergleiche­n ist immer gut. Bekannte Portale sind unter anderem „Verivox.de“und „Check24.de“Wichtig zu wissen ist, dass nicht zwingend alle Versichere­r bei diesen beiden großen Vergleichs­portalen mitmachen, etwa die Huk24. Deshalb, sagt Hermann-Josef Tenhagen, lohne sich ein Blick auf deren Internetse­ite.

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FOTOS (2): CHRISTIN KLOSE/DPA-TMN Damit als Führersche­inneuling nicht auch noch die Versicheru­ng teurer als nötig wird, können Tipps helfen.
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Wer sich bei verschiede­nen Versicheru­ngen erkundigt und online vergleicht, kann Geld sparen.

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