In 159 Kommunen steigt die Grundsteuer
Der Anteil der nordrhein-westfälischen Städte und Gemeinden, die die Abgabe erhöhen, liegt bei 40 Prozent. Der Städte- und Gemeindebund sieht die Anhebungen als Folge der langjährigen Unterfinanzierung durch Bund und Land.
Ein Jahr vor dem Inkrafttreten der vom Bundesverfassungsgericht erzwungenen Reform der Grundsteuer erhöhen viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen die Grundsteuer B – und zwar zum Teil deutlich. Nach einer Umfrage des Steuerzahlerbunds NRW, die unserer Redaktion vorliegt, planen 159 Städte und Gemeinden, die Steuer zu erhöhen; das entspricht einem Anteil von etwa 40 Prozent. In 110 Kommunen ist das bereits entschieden, in den anderen steht der offizielle Beschluss noch aus.
Rik Steinheuer, Chef des Steuerzahlerbunds NRW, sagte unserer Redaktion, in diesem Jahr erhöhten nicht nur viele Kommunen die Grundsteuer B, sondern die Anhebungen fielen vielerorts auch sehr hoch aus. „Nordrhein-Westfalen hatte im bundesweiten Vergleich bisher schon die höchsten Grundsteuer-B-Hebesätze unter den Flächenländern. Angesichts der Entwicklung, die sich für dieses Jahr abzeichnet, dürfte unser Bundesland diesen negativen Spitzenplatz behalten“, so Steinheuer.
Um gegenzusteuern, sei Zurückhaltung gefordert, wenn es darum gehe, den Kommunen neue Aufgaben aufzubürden. Steinheuer schlug unter anderem eine drastische Verringerung verwaltungsaufwendiger Förderprogramme vor. „In Zeiten höherer Zinsen rächt es sich auch, dass für die hohen Altschulden vieler NRW-Städte immer noch keine tragfähige Lösung gefunden worden ist“, kritisierte der Chef des Steuerzahlerbunds. Die Kommunen müssten sich aber auch an die eigene Nase fassen: „Die Möglichkeiten, zum Beispiel durch interkommunale Zusammenarbeit und konsequente Digitalisierung Einsparpotenziale zu heben, sind bei Weitem noch nicht ausgereizt.“
Besonders eklatant sehen die Zahlen in 19 Kommunen aus, in denen die Steigerungsrate gegenüber dem Vorjahr mehr als 35 Prozent ausmacht. Zu ihnen gehören unter anderem Rheinberg, Hamminkeln,
Xanten, Wipperfürth, Leichlingen, Jüchen und Gronau. Der Städte- und Gemeindebund in Nordrhein-Westfalen (StGB NRW ) nimmt dafür auch die Politik in die Verantwortung. „Dass viele Kommunen die Hebesätze für die Grundsteuer B erhöhen, ist eine zwangsläufige Folge der vielen Krisen und der langjährigen Unterfinanzierung durch Bund und Land.
Den Gemeinden bleibt oft gar nichts anderes übrig, wenn sie ihrer gesetzlichen Pflicht nachkommen wollen, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen“, sagte Christoph Landscheidt, Präsident des StGB und Bürgermeister in Kamp-Lintfort. Man habe gegenüber der Landesregierung mehrfach klargemacht, dass Erhöhungen der Grundsteuer in NRW als Flächenland mit den bundesweit höchsten Hebesätzen eigentlich nicht mehr zumutbar seien. „Echte Hilfen sind dennoch ausgeblieben“, so Landscheidt, „wenn Städte und Gemeinden vor Ort nicht mehr gestalten können und dauerhaft am Tropf hängen, haben wir einen Fehler im System. Korrigieren können das nur Bund und Land.“
Zuletzt hatte das NRW-Finanzministerium entschieden, dass Kommunen die Hebesätze für Wohn- und Gewerbeimmobilien splitten und damit die Eigentümer von Wohngrundstücken entlasten können, wenn sie wollen. Der StGB hatte nach der Ankündigung von Landesfinanzminister Marcus Optendrenk
(CDU) bereits kritisiert, die Zuweisung dieser Aufgaben an die Kommunen komme mit Blick auf möglicherweise komplexe IT viel zu spät. Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetags NRW, sagte, Optendrenk wolle den Kommunen „das Problem vor die Füße kippen“. Statt einer simplen landesweiten Lösung würde der Konflikt über die Grundsteuer in jede einzelne Stadt getragen. „Das lehnen wir ab. Differenzierte Hebesätze für Geschäfts- und Wohngrundstücke sind aus unserer Sicht weder ein rechtssicheres noch ein geeignetes Instrument, um die Lastenverschiebung zu verhindern“, so Dedy.
Steuerzahlerbund-Chef Steinheuer meinte, es sei gut, dass sich die Politik der Problematik jetzt annehme. Die von Finanzminister Optendrenk vorgeschlagene Einführung gesplitteter Hebesätze bürde den Kommunen die Verantwortung auf, ermögliche aber auch zielgenaue, „der jeweiligen örtlichen Situation gerecht werdende Lösungen“.