So viel kostet die 112
Die Zahl der Notrufe im Kreis Heinsberg steigt – und die Einsätze selbst werden immer teurer. Derzeit laufen harte Verhandlungen zwischen der Kreisverwaltung und den Krankenkassen.
Notrufeinsätze sind teuer – doch wie teuer genau, darüber führen die Behörden mit den Krankenkassen hinter den Kulissen intensive Verhandlungen. Der Kreis Heinsberg hat nun im Kreistag über eine neue Gebührensatzung verhandelt, die ab dem 1. April dieses Jahres in Kraft treten soll – dabei ergeben sich erhebliche Steigerungen.
Eine einzelne Rettungswagenfahrt wird demnach fortan mit satten 872 Euro abgerechnet, bisher waren es 851 Euro, vorgesehen war in der Planung sogar zunächst ein Anstieg auf 918 Euro. Deutlich größer ist der Anstieg noch bei den Krankentransportwagen (KTW ): Statt wie bisher 336 Euro werden künftig 458 Euro pro Fahrt fällig – ein Anstieg um 36,3 Prozent. Der Einsatz eines Notarzteinsatzfahrzeugs wird künftig 568 statt 527 Euro kosten, der Notarzt hingegen wird günstiger: Nur noch 410 statt wie bisher 499 Euro soll ein Einsatz dort kosten.
Bürger müssen die Rettungswagen grundsätzlich nicht bezahlen, das übernehmen die Krankenkassen. Es muss also niemand Angst davor haben, sich aus finanziellen Gründen das Wählen der 112 nicht leisten zu können. Je nach Kasse gibt es lediglich eine Kostenbeteiligung von bis zu zehn Euro.
Ausnahmen davon gibt es nur ganz selten: Ist ein Patient krank, weigert sich aber, mitgenommen zu werden und ruft dann zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal den Krankenwagen, muss der Patient für diese Fahrt tatsächlich selber aufkommen. Wird die 112 missbraucht, ein Rettungswagen also nur „zum Spaß“gerufen, bleibt der Verursacher des Einsatzes ebenfalls auf den Kosten sitzen. Darüber hinaus ist es gut möglich, dass er im Nachhinein auch noch bei der Polizei angezeigt wird.
Wie hart die Verhandlungen zwischen Kreis und Krankenkassen laufen, darüber hatte Landrat Stephan Pusch in der jüngsten Sitzung des Kreistags berichtet. Bis Anfang Januar konnten die beiden Parteien
keine Einigung erzielen, Klarheit brachte erst eine Telefonkonferenz am 11. März – zumindest in weiten Teilen. Denn von einer einhundertprozentigen Einigung kann nach wie vor keine Rede sein, auch wenn die wesentlichen Rahmenbedingungen nun feststehen. „Einige unserer Kalkulationen sind von den Kostenträgern nach wie vor nicht angenommen worden“, berichtete Stephan Pusch.
Denn dass der Kreis beziehungsweise sein Rettungsdienst anfallende Kosten für etwa Fortbildungen, den Personalrat oder auch sogenannte Fehlfahrten nicht übernehmen will, stößt in der Kreisverwaltung auf wenig Verständnis. „Die Kostenträger argumentieren so, dass sie nur die wirklich fahrtgebundenen Kosten anerkennen wollen, alles andere nicht“, sagte Pusch. Der Kreis sieht das freilich anders: Denn auch die Kosten, die
rund um die Fahrten für die Bereitstellung eines Rettungsdienstes anfallen, seien ja nicht aus der Luft gegriffen sondern maßgeblich notwendig, um einen funktionierenden Rettungsdienst betreiben zu können. „Wir werden das noch nachverhandeln, zunächst wird diese Lücke aber zu Lasten des Kreises gehen“, sagte Pusch. Zunächst aber entstehe eine Finanzierungslücke in Höhe von knapp 100.000 Euro.
Dezernent Reinhold Lindt erklärte:
„Wir werden diesbezüglich auch noch ein Rechtsgutachten anfertigen lassen. Wir haben eine andere Rechtsauffassung als die Kostenträger, denn diese zusätzlichen Kosten entstehen ja ebenfalls durch Rettungseinsätze und sollten deshalb auch von den Kassen übernommen werden.“Der Rettungsdienst wird durch die Tochtergesellschaft des Kreises Heinsberg, der RDHS gGmbH, sichergestellt. Bisher habe die gGmbH auskömmlich wirtschaften können. In den Vorjahren sei jeweils ein Plus im Jahresergebnis erzielt worden, erklärte Pusch auf Nachfrage der Grünen-Abgeordneten Jutta Schwinkendorf. Doch die enormen Kostensteigerungen in allen Bereichen des Lebens machten eben auch vor dem Rettungsdienst keinen Halt.
Mehr als 30.000 Einsätze fährt der Rettungsdienst pro Jahr – Tendenz steigend. Geschäftsführer Ralf Rademacher hatte unserer Redaktion im vergangenen Jahr berichtet, dass die Zahl der Notrufe massiv zugenommen habe – und in immer mehr Fällen niemand mit ins Krankenhaus genommen werde. Bei fast 20 Prozent aller Einsätze sei dies der Fall gewesen, es seien also sogenannte Leerfahrten entstanden. Nur verständlich also, dass genau diese Leerfahrten bei der Verhandlung zwischen Kreis und Kassen nun einer der Knackpunkte sind.