Aktivistin über Rettungsversuche
Unter dem Motto „Die Würde des Menschen ist antastbar“gab es im Pfarrzentrum St. Gangolf ein vielfältiges Programm mit Erfahrungsberichten, Musik und Kabarett.
Menschen retten, die auf überfüllten Schlauchbooten auf dem offenen Meer treiben. Den völlig entkräfteten Flüchtenden Trinkwasser und etwas zu essen geben, für medizinische Versorgung sorgen. Jutta Nagel berichtete beim Aktionstag des Bündnis gegen Rechts unter dem Motto „Die Würde des Menschen ist antastbar“von ihren freiwilligen Einsätzen an Bord großer Rettungsschiffe wie der Sea-Eye 4 im Mittelmeer. Die aus Erkelenz stammende Politologin, die in Berlin studiert hat, zog ihre zahlreichen Zuhörer im gut gefüllten katholischen Pfarrzentrum St. Gangolf mit ihren packenden Schilderungen in ihren Bann.
Dabei machte die junge Aktivistin deutlich, worum es ihr und ihren Mitstreitern geht: Sichere Fluchtwege und eine Möglichkeit, Asylanträge zu stellen, nannte sie als Forderungen ebenso wie das ehrliche Bekämpfen der Fluchtursachen sowie ein Ende der Zusammenarbeit der EU mit der libyschen Küstenwache, die sie als gewalttätige Miliz bezeichnete. „Diese Leute bedrohen und morden. Ihrem Namen wird die libysche Küstenwache nicht gerecht“, machte Nagel deutlich. „Oft schießen sie und behindern damit unsere Rettungsaktionen.“Aus privatem Engagement der Zivilgesellschaft seien Gegenbewegungen entstanden, zum Beispiel die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen oder mehrere kleinere Schiffe, die die in Seenot geratenen Menschen aufnähmen. „Es ist beruhigend, dass es solche Leute gibt.“Seenotrettung zu betreiben, sei mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden. Oft sei es nicht möglich, in den sicheren Hafen einzulaufen. Dann müssten die Flüchtlinge an Bord wochenlang auf hartem Stahl schlafen. „Indem unsere Schiffe an die Kette gelegt werden, werden wir kriminalisiert“,
erklärte Jutta Nagel.
Die ehrenamtlichen Missionen seien sehr häufig nicht planbar, weil man gar nicht absehen könne, wie lange der Einsatz dauern werde. Beim anstrengenden Blick durch das Fernglas erkennt die Erkelenzerin oft nur kleine Punkte am Horizont. Es sind winzige Boote, die auf dem offenen Meer schaukeln. Ein Radar erfasse sie nicht. „Unser Schiff ist viel zu groß, um an die wackligen Schlauchboote heranzufahren“, berichtete die Referentin. Mit zwei Beibooten nähere man sich deshalb. Wenn sich unterwegs ausgelaufenes Benzin mit Salzwasser vermische, führe das zu furchtbaren Verätzungen. In den „libyschen Folterlagern“würden die Frauen vergewaltigt. Was Jutta Nagel und die anderen Helfer zunächst tun: Rettungswesten verteilen, um die Passagiere vor dem Ertrinken zu schützen. Wenn die
libysche Küstenwache auftauche, komme es immer wieder vor, dass Menschen in Panik ins Wasser fielen, weil hektisch agiert werde. Sie schilderte die Aufnahme von rund 400 Flüchtenden von einem doppelstöckigen Holzboot. „Wir verteilen Wasser, aber wir haben für so viele
Menschen nicht genug Essensvorräte, sodass es keine 2000 Kalorien pro Tag sind, die aufgenommen werden.“
Der erste stellvertretende Landrat Erwin Dahlmanns verwies in seiner Ansprache auf die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation, auf die auch die Menschen im Kreis Heinsberg mit großer Sorge blickten. Die Menschenrechte hätten schon lange nicht mehr so stark unter Druck gestanden wie in der heutigen Zeit, so Dahlmanns. „Wir erleben, dass Ideologien über das Wohl der Gesellschaft und das Streben nach Macht über die Menschlichkeit gestellt werden.“Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine oder die Verbrechen der Hamas an israelischen Frauen, Kindern und Männern seien nur einige Beispiele dafür. Der Kreis-Vertreter erinnerte an den Anfang der 2000er-Jahre, als
es auch in der Region Aufmärsche der NPD und Angriffe auf jüdische Friedhöfe gegeben habe. 2009 sei daraufhin das Bündnis gegen Rechts gegründet worden.
Er ist der Erfinder des Worts „Biodeutscher“, das inzwischen sogar in den Duden aufgenommen wurde, eine Art Wanderer zwischen zwei Welten, der seinen Zuhörern gern einen Spiegel vorhält: Muhsin Omurca geht neue Wege mit seinem „Migranten-Kabarett“, das der 64-Jährige mit deutschem Pass, der im türkischen Bursa geboren wurde und im Alter von 20 Jahren als junger Student zunächst in Frankfurt landete, mit seinen eigenen Karikaturen und Cartoons anreichert. Beim Aktionstag verwies er mit seinem Kabarettprogramm „Integration à la IKEA“auf Klischees und Ressentiments, die er bei Deutschen und Türken bemerkt.