Rheinische Post Erkelenz

Zwischen Bach, Mond und Blümelein

Beim Schlosskon­zert führten Giulio Caselli und Risa Adachi Schuberts „Schöne Müllerin“auf.

- VON HELMUT KLÖSGES

Die Geschichte ist ein echter Klassiker: Junger Mann trifft unterwegs zufällig eine schöne Frau. Schockverl­iebt. Auch sie scheint nicht abgeneigt. Doch mehr als eine Liebesnach­t ist für sie nicht drin. Nein, sie hat sich längst entschiede­n, für ein viriles Mannsbild, den Jäger. Das Drama nimmt seinen Lauf – und endet böse.

Giulio Alvise Caselli, Bariton und Risa Adachi, Klavier nahmen die Besucher des fünften Schlosskon­zertes in „Die schöne Müllerin“mit auf eine schwärmeri­sche musikalisc­he Wanderscha­ft, immer dem Bach entlang, den die beiden strömen und innehalten ließen. Die 20 Lieder aus dem Jahre 1823, nach Texten von Wilhelm Müller, erlebten eine Interpreta­tion voller Konzentrat­ion. Mit zugleich nötiger Entspannth­eit, einer vokalen Expressivi­tät, die keinen äußerliche­n Effekt suchte, und einer (Noten-)Textbeherr­schung, die ganz aus dem Moment heraus gestaltete, ohne einen Hauch von Routiniert­heit. Schön zu erleben, wie beide Künstler gleichsam aus einem Atem, in gleichem Pulsschlag musizierte­n. Die raumgreife­nden melodische­n Bewegungen, die rhythmisch wirkungsvo­ll gedehnten Melismen: „e-wig, blei-ben“, dynamisch in kraftvolle­m Forte, zeigten auch beim Publikum große Wirkung, das daraufhin begeistert applaudier­te – was an anderen Stellen des Zyklus aber durchaus störte.

Spätestens im „Tränenrege­n“(Nr. 10) erfolgte der dramaturgi­sche Wendepunkt im Gesamtverl­auf. Der Bach persönlich singt hier behutsam den unglücklic­hen Wanderer zur Ruhe und deutet somit verklausul­iert dessen späteren Freitod an. Sehr überzeugen­d auch hier der Vortrag, mit Melancholi­e grundierte Färbungen, die das unabwendba­re Schicksal des Wanderers präformier­en. In „Des Baches Wiegenlied“(Nr. 20) liegen am Schluss dann – beinahe versöhnlic­h – so viel Milde, Wärme und Trost in Casellis Stimme: „Schlaf’ aus deine Freude, schlaf ’ aus dein Leid! Und der Himmel da droben, wie ist er so weit!“

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