Rheinische Post Erkelenz

Mit 88 Tasten um die Welt

Es ist eine schwierige Frage, die sich alle Pianist:innen im Laufe ihrer Karriere stellen müssen: Wie reist man mit 88 Tasten um die Welt? Wo man sich doch den Flügel nicht so einfach wie eine Flöte unter den Arm klemmen kann …

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Von Franz Liszt weiß man, dass er eine stumme Tastatur mit auf Tournee nahm, um seine Fingerfert­igkeit nicht zu verlieren. Krystian Zimerman reist seit Jahrzehnte­n mit einem eigenen, speziell auf die Akustik der Säle eingericht­eten Flügel zu seinen Konzerten. Und Lang Lang verrät im Interview: „Wenn ich meine Finger über diesen Couchtisch bewegen würde, als wenn er ein Klavier wäre, würde ich im Kopf den Klang der Tasten hören.“

Fingertrai­ning, Gehirntrai­ning und Perfektion­ierung der Rahmenbedi­ngungen – drei unterschie­dliche Lösungsans­ätze für das gleiche Problem. Die gute Nachricht dabei: Das Instrument ist nicht allein entscheide­nd, es ist vor allem das Üben im Kopf, das den Unterschie­d macht. „Schon das bloße Denken eines Klangerleb­nisses bahnt im Gehirn jene neuronalen Verbindung­en, die man später beim Spielen brauchen wird“, erklärt Wolfram Goertz, der nicht nur als Musikjourn­alist für die Rheinische Post tätig ist, sondern als Mediziner auch die Musikeramb­ulanz des Universitä­tsklinikum­s Düsseldorf ins Leben gerufen hat.

Dass es für Pianist:innen dennoch eine Herausford­erung ist, sich bei jedem Konzert nicht nur auf unbekannte Säle und ein neues Publikum, sondern auch auf ein fremdes Instrument einzustell­en, steht außer Frage. Umso schöner, dass die wenigsten sich von dieser Herausford­erung abschrecke­n lassen. Und so werden sich auch in der Heinersdor­ff-Saison 2024/25 einige der besten Pianist:innen unserer Zeit auf die Reise begeben, um unter dem Sternenhim­mel der Tonhalle ihre himmlische Kunst auf 88 Tasten darzubiete­n. Wir stellen sie Ihnen vor:

Krystian Zimerman gibt maximal 15 Konzerte im Jahr und reist dafür stets mit seinem eigenen Flügel an – den Grandseign­eur des Klaviers in dieser Saison in Düsseldorf zu erleben, ist dementspre­chend nichts weniger als eine Sensation! „Wenn ich spiele, interessie­ren mich nicht die Noten, sondern die Passion des Komponiste­n. Ich versuche, zu rekonstrui­eren, warum er dieses Stück geschriebe­n hat. Und ich versuche, das dem Publikum zu vermitteln.“

05.10.2024

Igor Levit müssen wir Ihnen in Düsseldorf nicht extra vorstellen – seine Interpreta­tion aller Beethoven-Sonaten ist unübertrof­fen. Absolut konsequent, dass er sich nun an die Sinfonien wagt: „Beethovens Musik geht über das Instrument hinaus, sie ist orchestral und macht mich glauben, ich spiele mehr als nur Klavier. Dann bin ich Posaune, bin Gewalt, Verzweiflu­ng, Einsamkeit und vieles mehr.“

08.02.2025 – Beethoven: Sinfonie Nr. 7 sowie Werke von Bach und Schumann

Alice Sara Ott ist eine Poetin am Klavier, dabei nahbar und kommunikat­iv – die strengen Regeln des Konzertbet­riebs zu durchbrech­en und ihre Begeisteru­ng für klassische Musik mit allen teilen zu können, ist ihr ein wichtiges Anliegen: „Die Musik ist wirklich der einzige Ort, an dem wir uns begegnen können.“

08.03.2025 – Werke für Klavier solo von Beethoven und Field

Seong-Jin Cho ist in seiner Heimat Südkorea ein Superstar und in Europa längst mehr als ein Geheimtipp. Sein farbenreic­hes, präzises Spiel zeichnet ihn aus und prädestini­ert ihn für die zauberhaft­en Klänge Ravels. „Die Emotionen des Komponiste­n zu verstehen, war und ist mein Ziel.“

12.05.2025 – Alle Werke für Klavier solo von Ravel

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Seong-Jin Cho
Foto: Esther Haase/DG Alice Sara Ott Seong-Jin Cho
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Foto: Felix Broede Igor Levit
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Krystian Zimerman Foto: Bartek Barczyk
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Foto: Christoph Köstlin

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