Streit um Drohneneinsätze der Behörden
Ein Urteil aus Bayern hat einer Gemeinde verboten, Gebäude auf Privatgrundstücken aus der Luft zu erfassen. NRW will keine eigene Rechtsgrundlage für solche Einsätze schaffen. Die Opposition im Landtag kritisiert das scharf.
In NRW ist ein Streit entbrannt, ob der Einsatz von Drohnen durch Behörden über Privatgrundstücken rechtlich zulässig ist. Auslöser ist ein Urteil des bayerischen Verfassungsgerichtshofes (Az.: 4 CE 23.2267). Der hatte jüngst einem Bürger recht gegeben, der Drohnenflüge über seinem Grundstück abgelehnt hatte. Die Verwaltung der bayerischen Gemeinde wollte für die Abwassergebühren Gebäudemaße durch den Einsatz der Fluggeräte ermitteln. Die Aufnahmen auch privater Bereiche des Grundstücks verletzten aber die Rechte der Eigentümer.
Die FDP im NRW-Landtag pocht seit Jahren darauf, dass es eine gesetzliche Regelung für den Einsatz geben müsse, konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Ihr rechtspolitischer Sprecher Werner Pfeil sagte unserer Redaktion, die Haltung der Landesregierung stelle „einen alarmierenden Schritt in Richtung einer unkontrollierten Überwachungsgesellschaft“dar. Dass Schwarz-Grün keine Rechtsgrundlage für solche Einsätze schaffen wolle, ignoriere die grundlegenden Rechte und die Privatsphäre der Bürger, indem es Behörden erlaube, ohne klare gesetzliche Einschränkungen Drohnen für Beobachtungszwecke einzusetzen.
Der Landesregierung ist das Thema offenbar nicht genehm. Eine Anfrage unserer Redaktion vom 4. März an das Innenministerium von Herbert Reul und das Kommunalministerium von Ina Scharrenbach (beide CDU) ließen diese zunächst unbeantwortet, verwiesen später auf unklare Zuständigkeiten. Mehrere Fristen ließ das Land verstreichen, obwohl es zur Auskunft gegenüber den Medien rechtlich verpflichtet ist. Nach zwei Wochen konnten sich die Häuser immer noch nicht einigen, sodass die Anfrage am Dienstag zurück zur Staatskanzlei wanderte – ebenfalls ohne Effekt. Zwischenzeitlich hieß es, das Verkehrsministerium von Oliver Krischer sei zuständig.
Diese Sprachlosigkeit wirft ihrerseits Fragen auf. Warum will das Land weder dazu Auskunft erteilen, wie verbreitet der Drohneneinsatz durch Behörden ist und wie dieser ausgeweitet werden soll, noch zu rechtlichen Fragen Stellung nehmen?
Die Landesdatenschutzbeauftragte Bettina Gayk hatte damit weniger Probleme. Ein Sprecher erklärte, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nicht grundsätzlich über den Einsatz von Drohnen durch Kommunen entschieden habe. Das Urteil betreffe einen speziellen Fall aus dem kommunalen Abgabenrecht, bei dem es um die Bemessung von Abwassergebühren gegangen sei. Er fügte allerdings hinzu: „Zentral ist die Feststellung des Gerichts, dass es im Abgabenrecht keine spezielle Rechtsgrundlage für eine solche Datenerhebung gibt.“Im Anschluss habe das Gericht festgestellt, dass der Eingriff in die Privatsphäre durch eine fotografische Erfassung der Grundstücke mit Drohnen zu schwerwiegend sei, um über die datenschutzrechtliche Generalklausel des Bayerischen Datenschutzgesetz gerechtfertigt werden zu können.
Fälle, in denen ein Drohneneinsatz im Rahmen des kommunalen Abgabenrechts erfolge, seien der Landesdatenschutzbehörde nicht bekannt. Aber: „Auch in NRW ist eine spezielle Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von Daten durch und aus Drohneneinsätzen für diesen Zweck nicht erkennbar, insbesondere hinsichtlich der sich im Sichtbereich der Drohne möglicherweise aufhaltenden Personen und deren Privatsphäre.“
Da zudem die bayerische und die nordrhein-westfälische Generalklausel aus den jeweiligen Datenschutzgesetzen ähnlich seien, halte man die Interessenabwägung des bayerischen Gerichts „für sachgerecht und das Ergebnis für gut nachvollziehbar“. Falls Kommunen die Erstellung von Drohnen-Luftbildern von privaten Grundstücken in anderen Bereichen beauftragen sollten, sei entscheidend, für welchen genauen Zweck die Aufnahmen erfolgten und ob dafür eine Ermächtigungsgrundlage vorliege.
FDP-Politiker Pfeil warnte davor, dass die Vielfalt der möglichen Einsatzbereiche – von der Überprüfung von Bauvorschriften bis hin zur Überwachung von Schulhöfen – Tür und Tor für einen massiven Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung öffne. „Die Entscheidung des Innenausschusses, eine gesetzliche Regelung abzulehnen, ist nicht nur eine Missachtung der Empfehlungen von Sachverständigen.“Sie sei ein direkter Angriff auf die Grundrechte der Menschen in Nordrhein-Westfalen.