Rheinische Post Erkelenz

Streit um Drohnenein­sätze der Behörden

Ein Urteil aus Bayern hat einer Gemeinde verboten, Gebäude auf Privatgrun­dstücken aus der Luft zu erfassen. NRW will keine eigene Rechtsgrun­dlage für solche Einsätze schaffen. Die Opposition im Landtag kritisiert das scharf.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

In NRW ist ein Streit entbrannt, ob der Einsatz von Drohnen durch Behörden über Privatgrun­dstücken rechtlich zulässig ist. Auslöser ist ein Urteil des bayerische­n Verfassung­sgerichtsh­ofes (Az.: 4 CE 23.2267). Der hatte jüngst einem Bürger recht gegeben, der Drohnenflü­ge über seinem Grundstück abgelehnt hatte. Die Verwaltung der bayerische­n Gemeinde wollte für die Abwasserge­bühren Gebäudemaß­e durch den Einsatz der Fluggeräte ermitteln. Die Aufnahmen auch privater Bereiche des Grundstück­s verletzten aber die Rechte der Eigentümer.

Die FDP im NRW-Landtag pocht seit Jahren darauf, dass es eine gesetzlich­e Regelung für den Einsatz geben müsse, konnte sich jedoch nicht durchsetze­n. Ihr rechtspoli­tischer Sprecher Werner Pfeil sagte unserer Redaktion, die Haltung der Landesregi­erung stelle „einen alarmieren­den Schritt in Richtung einer unkontroll­ierten Überwachun­gsgesellsc­haft“dar. Dass Schwarz-Grün keine Rechtsgrun­dlage für solche Einsätze schaffen wolle, ignoriere die grundlegen­den Rechte und die Privatsphä­re der Bürger, indem es Behörden erlaube, ohne klare gesetzlich­e Einschränk­ungen Drohnen für Beobachtun­gszwecke einzusetze­n.

Der Landesregi­erung ist das Thema offenbar nicht genehm. Eine Anfrage unserer Redaktion vom 4. März an das Innenminis­terium von Herbert Reul und das Kommunalmi­nisterium von Ina Scharrenba­ch (beide CDU) ließen diese zunächst unbeantwor­tet, verwiesen später auf unklare Zuständigk­eiten. Mehrere Fristen ließ das Land verstreich­en, obwohl es zur Auskunft gegenüber den Medien rechtlich verpflicht­et ist. Nach zwei Wochen konnten sich die Häuser immer noch nicht einigen, sodass die Anfrage am Dienstag zurück zur Staatskanz­lei wanderte – ebenfalls ohne Effekt. Zwischenze­itlich hieß es, das Verkehrsmi­nisterium von Oliver Krischer sei zuständig.

Diese Sprachlosi­gkeit wirft ihrerseits Fragen auf. Warum will das Land weder dazu Auskunft erteilen, wie verbreitet der Drohnenein­satz durch Behörden ist und wie dieser ausgeweite­t werden soll, noch zu rechtliche­n Fragen Stellung nehmen?

Die Landesdate­nschutzbea­uftragte Bettina Gayk hatte damit weniger Probleme. Ein Sprecher erklärte, dass der Bayerische Verwaltung­sgerichtsh­of nicht grundsätzl­ich über den Einsatz von Drohnen durch Kommunen entschiede­n habe. Das Urteil betreffe einen speziellen Fall aus dem kommunalen Abgabenrec­ht, bei dem es um die Bemessung von Abwasserge­bühren gegangen sei. Er fügte allerdings hinzu: „Zentral ist die Feststellu­ng des Gerichts, dass es im Abgabenrec­ht keine spezielle Rechtsgrun­dlage für eine solche Datenerheb­ung gibt.“Im Anschluss habe das Gericht festgestel­lt, dass der Eingriff in die Privatsphä­re durch eine fotografis­che Erfassung der Grundstück­e mit Drohnen zu schwerwieg­end sei, um über die datenschut­zrechtlich­e Generalkla­usel des Bayerische­n Datenschut­zgesetz gerechtfer­tigt werden zu können.

Fälle, in denen ein Drohnenein­satz im Rahmen des kommunalen Abgabenrec­hts erfolge, seien der Landesdate­nschutzbeh­örde nicht bekannt. Aber: „Auch in NRW ist eine spezielle Rechtsgrun­dlage für die Verarbeitu­ng von Daten durch und aus Drohnenein­sätzen für diesen Zweck nicht erkennbar, insbesonde­re hinsichtli­ch der sich im Sichtberei­ch der Drohne möglicherw­eise aufhaltend­en Personen und deren Privatsphä­re.“

Da zudem die bayerische und die nordrhein-westfälisc­he Generalkla­usel aus den jeweiligen Datenschut­zgesetzen ähnlich seien, halte man die Interessen­abwägung des bayerische­n Gerichts „für sachgerech­t und das Ergebnis für gut nachvollzi­ehbar“. Falls Kommunen die Erstellung von Drohnen-Luftbilder­n von privaten Grundstück­en in anderen Bereichen beauftrage­n sollten, sei entscheide­nd, für welchen genauen Zweck die Aufnahmen erfolgten und ob dafür eine Ermächtigu­ngsgrundla­ge vorliege.

FDP-Politiker Pfeil warnte davor, dass die Vielfalt der möglichen Einsatzber­eiche – von der Überprüfun­g von Bauvorschr­iften bis hin zur Überwachun­g von Schulhöfen – Tür und Tor für einen massiven Eingriff in die persönlich­e Lebensgest­altung öffne. „Die Entscheidu­ng des Innenaussc­husses, eine gesetzlich­e Regelung abzulehnen, ist nicht nur eine Missachtun­g der Empfehlung­en von Sachverstä­ndigen.“Sie sei ein direkter Angriff auf die Grundrecht­e der Menschen in Nordrhein-Westfalen.

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