Vietnam ist erstmals Billard-Weltmeister
In einem Herzschlagfinale sichert sich Vietnam nach der Verlängerung gegen Spanien seine erste WM-Medaille und dabei direkt die Goldene. Die Asiaten haben die Gunst des Festhallen-Publikums auf ihrer Seite. Deutschland war bei den K.o.-Spielen nicht mehr
BILLARD-WM Am Sonntagabend hat sich Vietnam beim Finale der Dreiband-WM der Nationalmannschaften in der Viersener Festhalle zum neuen und erstmaligen Weltmeister gekrönt. Das Team gewann gegen Spanien mit 2:1-Gewinnsätzen. Nach dem Turnierverlauf war es ein verdienter Titelgewinn für die Südostasiaten.
Das deutsche Team um Ronny Lindemann und Amir Ibraimov war bereits am Freitag in der Vorrunde ausgeschieden. Neben den Gruppengegnern Belgien und Schweden, kamen außerdem die USA, Frankreich, Vietnam und Südkorea ins Viertelfinale.
Im ersten Viertelfinale traf am Samstag das französische Team auf die USA. Im sogenannten Scotch Double, einem Verlängerungsdurchgang, in dem die Teams gemeinsam im Doppel spielen und der bis 15 Punkte geht, setzte sich die USA durch. Im zweiten Viertelfinale standen sich parallel Vietnam und Belgien gegenüber. Nachdem sich beide Teams je ein Einzel sichern konnten, musste auch in diesem Match die Verlängerung per DoppelEntscheidungssatz entscheiden. Vietnam erreichte das Ausspielziel von 15 Punkten und zog somit ins Semifinale ein. Des Weiteren konnte sich Japan gegen Schweden durchsetzen, während Spanien Südkorea auch erst nach Verlängerung im letzten Viertelfinalmatch besiegte.
Vietnam stand das erste mal im Halbfinale und musste im Spiel gegen die USA in die Verlängerung gehen. Im Scotch Double gewann man knapp mit 15:13 und zog ins Finale ein. Spanien im zweiten Halbfinale konnte wie Japan ein Einzelmatch gewinnen, auch hier ging es also in den Entscheidungssatz, den Spanien mit 15:5 gewann.
Das Finale zwischen Vietnam und Spanien war also angerichtet. Rund 120 Zuschauer kamen noch mal in die nicht ganz ausverkaufte Festhalle. Angesichts des frühen Ausscheidens der Deutschen kam euphorische WM-Stimmung nicht mehr auf, die verblieben Zuschauer fieberten aber beim hochklassigen Finale dennoch begeistert mit.
In diesem übernahm Vietnam schnell das Ruder und zog in der ersten Einzelpartie in Form des Spielers Tran Quyet Chien und einer Elfer-Aufnahme erst davon, doch der Spanier Ruben Legazpi konterte und ging seinerseits mit 13:11 in Führung, erhöhte danach auf 18:11. Legazpi überzeugte durch überaus präzises Bandenspiel. In der Mitte der Partie verließ ihn seine Stärke etwas, nach einer komfortablen Führung
verkürzte der vietnamesische Gegner auf 30:32. Legazpi musste gegenhalten. Jetzt entwickelte sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Nach einem Gleichstand von 36:36 konnte sich Legazpi die 40 Punkte holen, Tran konterte nicht mehr.
In der Parallelpartie lag Bao Phuong Vinh schnell mit 13:5 gegen Sergio Jimenez vorne und konnte diese Führung beibehalten. Eine ElferAufnahme brachte den 29-jährigen Vietnamesen weit mit 29:11 in Front. Er spielte weiter starke Aufnahmen, während der Gegner nicht so recht in sein Spiel fand. Beim Stand von 38:18 gab er die Aufnahme ab, kurz vorm Ziel zum Matchgewinn. Gegner
Jimenez kam noch mal auf 22 Zähler heran, da Bao bei seiner nächsten Aufnahme auch lediglich auf 39 erhöhte. Mehrmals scheiterte er sehr knapp, die 40 zum Sieg vollzumachen, sicherlich waren jetzt auch die Nerven im Spiel. Der Gegner schlug aber seinerseits kein Kapital daraus, schließlich schaffte Bao die 40.
Mit dem Gleichstand ging es in die Finalrunde. Hier startete Spanien stark, doch Vietnam konterte und erarbeitete sich einen 9:4-Vorsprung. Spanien kam aber immer wieder zurück, im Schneckentempo näherten sich beide Teams der 15-Punkte-Marke, beim Stand von 12:11 aus Sicht von Vietnam, konnte beide Teams einige Male nicht mehr beständig punkten. Der junge Bao hatte mittlerweile die Gunst des Publikums hinter sich, begeisterte er doch mit seinem jovialen Auftreten und risikoreichen sowie spektakulären Stößen. Vietnam lag bereits mit 14 Punkten kurz vorm Titelgewinn, vergab aber mehrere Matchbälle. Schließlich glich Spanien aus, erreichte aber seinerseits die 15 Punkte nicht.
So gab es die erneute Chance für Vietnam, das Publikum hielt den Atem an. Im Trudeltempo und äußerst knapp berührte der Spielball den zweiten Objektball und vollendete
die finale Karambolage. Vietnam war mit dem 15:14 Weltmeister und jubelte frenetisch. „Bisher noch nie eine Medaille erreicht in Viersen, heute ist es direkt die goldene, wow“, entfuhr es da auch Moderator Frank Schiffers.
Die Bronzemedaillen für die Unterlegenen in den Halbfinals ging jeweils an Japan und die USA.