Das Training, das die Sinne schärft
In der Physiotherapie-Praxis Hand in Hand von Alicia Vandenbergen und Baptist Polman gibt es seit Kurzem den Skillcourt, der kognitive und motorische Prozesse fördert. RP-Redakteur Marvin Wibbeke hat den Test gemacht.
Um die Einheit zu starten, muss ich nur den rechten Fuß nach vorne strecken, den Punkt kurz halten, und los geht es. Gespannt schaue ich nach vorne auf den großen Bildschirm vor mir. Um mich herum sind acht kleine Quadrate auf dem Boden, angeordnet in einem großen Viereck. Vorne rechts leuchtet das Feld auf dem Bildschirm auf, also schnell zwei große Schritte nach vorne und das Feld „austreten“.
Schon leuchtet das Feld auf dem Bildschirm nicht mehr, dafür das hinten in der Mitte. Mit flinken Schritten eile ich im Rückwärtsgang zu der Stelle, den Blick immer auf den Bildschirm gerichtet, um schnell zu sehen, wo als nächstes ein Feld aufleuchtet. So geht es immer weiter, nach einer Minute vor und zurück, links und rechts, schräg und gerade bin ich ganz schön außer Puste. Physiotherapeut Baptist Polman steht nur daneben und lacht. Ein paar anerkennende Worte, schon wählt er die nächste Übung aus. Weiter gehts.
Das Trainingsprogramm, das ich hier in der Physiotherapie-Praxis Hand in Hand in Wegberg absolviere, ist kein reines Sportprogramm – auch wenn es sich im ersten Moment so anfühlt, schließlich steht mir schnell der Schweiß auf der
Stirn. Es handelt sich bei der Matte, auf der die Quadrate und Kreise aufgemalt sind, um den sogenannten Skillcourt. Das ist ein Diagnostikund Trainingssystem, das mit Hilfe künstlicher Intelligenz und spezieller Sensorik die Bewegung von Menschen erfassen kann und dank gezielter Übungen visuelle, kognitive und motorische Fähigkeiten der Nutzer testet und trainiert.
Dass in der PhysiotherapiePraxis Hand in Hand von Baptist Polman und Alicia Vandenbergen in Wegberg ein solcher Skillcourt zu finden ist, sorgt für ein Alleinstellungsmerkmal in der Region. Als er das Konzept auf einer Messe gesehen hat, war der Wegberger von Anfang an begeistert und hat sich intensiv mit dem Gedanken beschäftigt, dies auch seinen Kunden
anbieten zu können. Durch die Erweiterung der Praxisräume im vergangenen Jahr war es dann möglich, das Skillcourt-System zu leasen. Da sich die Technologie
ständig weiter entwickle, sei ein Kauf nicht rentabel. Sobald eine neuere Version zur Verfügung stehe, werde das System auch auf den neusten Stand gebracht.
Manche Trainingseinheiten, wie etwa die, die ich absolviert habe, erinnern an Spiele aus Unterhaltungsshows wie „Schlag den Raab“. Auch dort wurden Stefan Raab und die Kandidaten über verschieden aufleuchtende Felder gescheucht und die Reaktionsfähigkeit getestet. Auch für andere Fähigkeiten kann das Training sinnvoll sein, ist Baptist Polman überzeugt. Beispiel Konzentrationsfähigkeit. Der Alltag erfordere kognitive Höchstleistungen, die das Gehirn aber auch überfordern können. Gerade deshalb sei es so wichtig, auch diese Komponente zu trainieren.
Mit der neuen Trainingsmöglichkeit lässt sich auch das mentale Alter bestimmen, berichtet der Physiotherapeut. Um das aber wirklich effizient machen zu können, brauche
es mehr als die eine Stunde, die er mich auf dem Skillcourt trainieren lässt. Aber ein paar der Übungen darf ich noch machen. Da ist die eine Übung, bei der ich Formen erkennen muss und so schnell wie möglich den Fuß auf das richtige Feld setzen muss. Auch Buchstaben und Farben zu erkennen zählen zu diesem Übungsbereich. Die Reaktionsfähigkeit ist entscheidend.
Und das nicht nur im Training, sondern auch Tag für Tag im Leben. Im Straßenverkehr könne eine verspätete Reaktion über Leben und Tod entscheiden, betont Baptist Polman. Und da die Reaktionsfähigkeit im Alter tendenziell abnehme, sei es gerade für ältere Menschen wichtig, am Ball zu bleiben. „Nur Sudoku lösen reicht da nicht aus.“Ein regelmäßiges Training von zwei Mal zehn Minuten in der Woche soll auch demenzvorbeugend wirken, berichtet Polman.
Nicht nur im Profisport können mithilfe dieser Mischung aus kognitivem, visuellem und motorischem Training Erfolge erzielt werden. „Bei unseren Kunden sehen wir, dass sie im Training 12 bis 15 Prozent mehr Effektivität erzielen, wenn sie sich hiermit aufwärmen“, sagt Polman. Ich bin allerdings sehr froh, dass ich nach diesem „Aufwärmen“die Einheit beenden darf.