Wo Mundart noch gepflegt wird
Mit „Dat jöff et doch net“drückt man auf Plattdeutsch das Erstaunen über bestimmte Situationen und Geschichten aus. Im Rahmen des Mundartnachmittags im Beecker Flachsmuseum kamen jede Menge Besucherinnen und Besucher zusammen, um die rheinländische Mundart zu zelebrieren und sich von teils unglaublichen Erzählungen berieseln zu lassen. Manch einer von ihnen konnte sich ein leises „Dat jöff et doch net“wohl kaum verkneifen. Klara Schlömer vom Beecker Heimatverein erzählte von einem Mordfall, der sich 1896 in Holtum begeben haben soll: Im benachbarten Stadtteil – mit einer leicht hämischen Haltung begegnete man der Geschichte scheinbar – sei vor über 120 Jahren eine Bauersfrau tot in der Scheune gefunden worden. Wer den Mord begangen hat, konnte bis zuletzt nicht geklärt werden, doch Heinz Schlömer brachte ein wenig Licht ins Dunkle: Der Holtumer Bauer und seine Geliebte, eine angestellte Magd, seien nach einem langwierigen Prozess, bei dem über 80 Zeugen befragt worden sein sollen, zu einer Zuchthausstrafe verurteilt worden sein – die ursprünglich angedachte Todesstrafe konnte damit abgewendet werden.
Die erstaunten Gesichter der Zuhörer ließen das „Dat jöff et doch net“in ihren Köpfen nur erahnen – über eines schienen sich alle von ihnen einig zu sein: Sowas kann auch nur in Holtum passieren. Mit gleich zwei Beiträgen zum Thema stand Manni Müchen auf der kleinen Bühne des Flachsmuseums. Die „Elfmetergeschichte“kündigte der Klinkumer als „halbwegs wahre Geschichte“an – in Zeiten von „Fake News“und „alternativen Fakten“schien diese Verkündung das Publikum sichtlich zu amüsieren. Der Mundartkünstler erntete mächtig Applaus von den zahlreich erschienenen Besuchern, die es sich bei Kaffee und Kuchen im Beecker Erlebnismuseum gemütlich gemacht hatten. Bei den Mundartnachmittagen in Beeck steht besonders der Erhalt der heimischen Mundart im
Vordergrund. Klara Schlömer erklärte im Vorfeld: „Für mich ist die Mundart ein Stückchen Heimat. Im Platt gibt es Sachen, die man so auf Hochdeutsch gar nicht sagen könnte.“ Der Erhalt des lokalen Dialekts und der Beecker Redensarten verbindet die Menschen – das war auch während der Veranstaltung im Flachsmuseum deutlich spürbar: Während sich anfangs noch viele Leute zurückhielten und zunächst „stille Beobachter“waren, tauten die meisten von ihnen je länger der Nachmittag andauerte immer weiter auf. Durch den lebhaften Austausch entwickelten einige Zuhörer den Mut, die auf der Bühne vorgetragenen Geschichten durch kleine Anekdoten zu ergänzen. Mundartnachmittage finden zweimal im Jahr im Flachsmuseum Beeck statt.