„Für Sie ist Armut abstrakt, für mich ist das Alltag“
Thomas Wasilewski war zu Gast bei „Hart aber fair“. Dort sprach der Bürgergeld-Empfänger mit Politikern über eine Sozialstaat-Reform.
Den entscheidenden Satz kann er zum Ende der Sendung anbringen: „Wenn man den Schwächsten in dieser Gesellschaft durch Sanktionen das letzte Hemd nehmen will, dann sollte man so fair sein und den Stärksten in dieser Gesellschaft das abverlangen, was die Gesellschaft braucht – nämlich höhere Steuern.“Damit fasste Thomas Wasilewski am Montagabend, 25. März 2024, vor einem Millionenpublikum seine Sicht auf die Gerechtigkeit im Sozialstaat und die „Bürgergeld-Debatte“zusammen. Der Mönchengladbacher war da unter anderem mit Philip Amthor (CDU), Ricarda Lang (Grüne) und Anke Rehlinger (SPD) zu Gast in der ARD-Talkrunde „Hart aber fair“.
Wasilewski selbst ist Sozialleistungsempfänger, befindet sich krankheitsbedingt in Frührente und stockt diese mit Bürgergeld auf. „Ich hätte nie gedacht, dass ich selbst mal von Transferleistungen abhängig werde“, sagte der 60-Jährige in der Sendung. Er habe mehr als drei Jahrzehnte gearbeitet und drei Kinder großgezogen. Doch davon bekomme er „im Grunde gar nichts“.
Er sei „lebenslänglich arm“.
Thema des Polit-Talkformats am Montag war die Frage, ob eine Reform des Bürgergelds und härtere Sanktionen für Leistungsempfänger, die nicht kooperieren wollen, sinnvoll sind. Die CDU hat einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt, will aus dem Bürgergeld eine neue Grundsicherung machen. Dabei nimmt sie sogenannte „Totalverweigerer“in den Fokus. So werden Menschen bezeichnet, die Bürgergeld empfangen, aber eine zumutbare Arbeit ohne Grund ablehnen, das System also bewusst ausspielen wollen. Wie hoch die Zahl dieser Menschen ist, bleibt dabei unklar. In der Talkrunde sprachen die Politiker von etwa 13.000 Personen – also weniger als einem Prozent der arbeitsfähigen Bürgergeld-Empfänger.
In der Debatte warf Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger der CDU vor, den Diskussionsschwerpunkt zu verschieben und einen Fokus auf den „weitaus geringeren Teil“der Sozialleistungsempfänger
zu legen. „Wir müssen uns um die kümmern, die unverschuldet dort gelandet sind“, sagte Rehlinger.
Und zumindest da besteht Konsens bei den Gästen – und das, obwohl Ricarda Lang und Philip Amthor qua Sendungskonzept immer wieder aneinandergeraten. Sie alle sind sich aber einig, dass der Staat Menschen wie Thomas Wasilewski unterstützen muss. Der hatte klare Worte an die Politiker: „Was Sie hier machen, ist eine sehr technische Diskussion. Die Leute haben Hunger, weil das Bürgergeld nicht ausreicht.“
Der Mönchengladbacher arbeitet selbst ehrenamtlich für die Tafel und die Suppentanten, die immer samstags Essen und mehr an Bedürftige ausgeben. Das seien oft Rentner, Alleinerziehende, Erwerbsfähige, die kommen müssten, weil die Unterstützung des Staates nicht ausreiche, sagte Wasilweski. An seine Gesprächspartner gewandt betonte er: „Für Sie ist die Armut eine abstrakte Sache, für mich ist das konkreter Alltag.“
Er selbst habe in seinem Berufsleben keine „Totalverweigerer“getroffen. „Aber über die reden Sie permanent“, so sein Vorwurf an die Politik, vornehmlich die CDU. Der hielt er auch vor, Leute sanktionieren zu „wollen“. Zudem drehe es sich bei der Diskussion ständig um den „fleißigen Arbeitnehmer“und den „faulen Arbeitslosen“. Dieses Bild werde den Menschen dann suggeriert.
Doch auch aus seinem Privatleben und von den Sorgen des Geldmangels sprach Wasilewski. Der Regelsatz von 563 Euro Bürgergeld für einen alleinstehenden Erwachsenen
reiche nicht aus. Deshalb klage er auch gegen den Regelsatz. Die Erhöhungen seien nicht ausreichend gewesen. Rechnungen zufolge braucht der Bürger 813 Euro monatlich. Er sehe aber auch ein Problem bei den viel zu niedrigen Löhnen. Und da müsste die Politik etwas tun.
Das bringe das nächste Problem mit sich, wie Philip Amthor betont: „Irgendwo muss das Geld ja herkommen.“Dem Sozialstaat ginge die Finanzierung aus, um Mittel so zu verteilen, wie die Politik suggeriere. Während Rehlinger der CDU „Sozialstaat nach Kassenlage“vorwarf, sprach Amthor vom „Sozialstaat nach Schlaraffenland“und von einer „Traumwelt“der Ampel.
Wo Geld herkommen könnte, war zum Schluss noch Thema. Eine Form von Leistungsgerechtigkeit sei, Steuergerechtigkeit reinzubringen, sagte Lang. Also: höhere Steuern auf Erbschaften, niedrigere auf Einkommen. Und auch da stimmte Wasliweski zu, der noch betonte, dass ein Mindestlohn – egal wie hoch er nun ausfalle – am Ende seinen Namen nur verdient habe, wenn er auch reiche, um im Land zu überleben.