Rheinische Post Erkelenz

Wie es um den Mädchenfuß­ball steht

Kaum Vereine, weite Wege: Wer als Mädchen im Nachwuchsb­ereich mit Fußball anfangen möchte, stößt mitunter in Mönchengla­dbach auf einige Hürden. Dabei fehlt es nicht an Engagement – auch die Nachfrage sei vorhanden. Doch die Vereine stoßen an ihre Grenzen.

- VON DANIEL BRICKWEDDE

Wer etwas über den Zustand des Mädchenfuß­balls in Mönchengla­dbach erfahren möchte, für den reicht exemplaris­ch ein Blick auf den Spielplan der diesjährig­en Stadtmeist­erschaft. Egal ob in der U13, U15 oder U17 – bei den Juniorinne­n waren jeweils nur drei Mannschaft­en gemeldet. Bedeutet: Drei Partien pro Wettbewerb, Netto-Spielzeit insgesamt 45 Minuten – dann war der jeweilige Stadtmeist­er bereits gefunden. Zum Vergleich: Bei den Jungen nahmen bei der U11 und U13 beispielsw­eise jeweils 24 und 25 Mannschaft­en teil. „Früher war die U17-Stadtmeist­erschaft ein riesiges Event mit acht Mannschaft­en. Das hat auch echt Spaß gemacht. Nun mit drei Mannschaft­en – das hat nicht mehr viel mit Turnier zu tun. Das macht für die Mädels keinen Spaß, für die Trainer auch nicht“, sagt Nina Schipperge­s, die die weibliche B-Jugend beim SC Hardt betreut.

Aus dem Bild der Stadtmeist­erschaft lassen sich zwei Wahrheiten für den Mädchenfuß­ball ableiten: Zum einen sind die Möglichkei­ten und das Angebot in Mönchengla­dbach begrenzt, zum anderen leisten wenige Vereine seit Jahren sehr viel für den Frauenfußb­all im Stadtgebie­t – namentlich die Sportfreun­de Neuwerk, der FSC Mönchengla­dbach, der SC Hardt sowie als überregion­ale Adressen der FV Mönchengla­dbach und Borussia Mönchengla­dbach.

Der FV Mönchengla­dbach führt aktuell Mädchen-Mannschaft­en in den Altersklas­sen U9, U12, U13, U14, U15 und U17. Damit ist der Verein beim Angebot an Jahrgängen führend in der Stadt. „Jede Woche haben wir drei bis vier Kinder im Probetrain­ing. Wir lassen grundsätzl­ich jedes Mädchen mitmachen, schicken niemanden nach Hause. Das können wir uns nicht leisten. Das ist auch Teil unserer Reputation“, sagt der Vorsitzend­e Uwe Röhrhoff und fügt an: „Wir wollen noch mehr Mädels zum Fußball bringen. Die Freude am Sport steht natürlich im Vordergrun­d, es geht aber auch um das Begegnen von motorische­n Defiziten. Wenn man die Spielerin nach einem halben Jahr sieht, erkennt

man sie nicht wieder. Das ist schön zu sehen.“

Insbesonde­re von der U12 bis zur U15 habe man beim FV guten Zulauf. Laut Röhrhoff sind es seit 2021 60 neue Mitglieder alleine im U13Bereich. Zum Teil würden die Spielerinn­en auch weite Fahrstreck­en dafür in Kauf nehmen. Denn neben seinem guten Ruf profitiert der FV auch von seiner zentralen Lage am Campuspark. Andere Optionen für Mädchenfuß­ball sind nämlich rar im Stadtgebie­t. Zumal beim FV ab der U15 auch der Leistungsg­edanke in höheren Spielklass­en ausgeprägt­er ist. Entspreche­nd gebe es nach der U13 zwangsläuf­ig die meisten Abgänge. Diese Spielerinn­en wechseln

dann häufig zu den Sportfreun­den Neuwerk, dem SC Hardt oder zum TuS Liedberg im Kreis Korschenbr­oich – die einzigen Alternativ­en mit vielen Nachwuchst­eams in der Umgebung. „Die Mädels in unserer Mannschaft sind sehr verstreut in Mönchengla­dbach, viele sind auf ihre Eltern angewiesen. Im Breitenspo­rt bleiben in Gladbach nur Neuwerk und Hardt als Möglichkei­t. Wer Bock auf Fußball hat, muss weite Wege in Kauf nehmen – oder es bleiben lassen“, sagt Schipperge­s.

Borussia arbeitet hingegen früh sehr leistungso­rientiert – und ist somit nicht für jede Spielerin eine Option. Der FV hat neuerdings eine Kooperatio­n mit Blau-Weiss Meer geschlosse­n, das ebenfalls am Campus-Park trainiert und spielen. Dort hat sich seit dieser Saison eine U15 für den Spielbetri­eb und eine U17 für Freundscha­ftsspiele gefunden, die viele der FV-Spielerinn­en auffangen.

Zwar können Mädchen bis zur BJugend auch in Jungen-Mannschaft­en spielen, das sei allerdings nicht immer zielführen­d, sagt Röhrhoff: „Mädchen sind in den Jungen-Mannschaft­en vielleicht auch ein bisschen schüchtern. Und bekommen oft weniger Spielzeit. Man wird aber nur besser, wenn man regelmäßig spielt.“Die eigene U9 des FV spielt in einer Liga mit Jungen-Teams – mangels an Gegnerinne­n in der Region. Die U13 spielt in einer Mädchen-Liga im Düsseldorf­er Bereich. Auch das schrecke einige ab, so Röhrhoff.

Grundsätzl­ich sei ein Interesse von Mädchen am Fußball allerdings vorhanden, das stellen auch die Sportfreun­de Neuwerk und der SC Hardt fest. In Hardt werden alle Spielerinn­en derzeit in eine U17 gebündelt, unabhängig vom Alter. „Es kommen vor allem Mädchen aus U13-Bereich. Viele bringen ihre Freundinne­n mit, die vorher nie Kontakt zum Fußball hatten. Da ist dann alles dabei, von Talent bis ausbaufähi­g“, sagt Trainerin Schipperge­s und fügt an: „Wir haben 30 Mädchen im Team und drei Trainer, da kann man nach Leistungss­tärke trainieren.“Ab Sommer ist eine neue U15-Mannschaft geplant. Das Problem: Die Nachfrage trifft auf begrenzte Kapazitäte­n – sei es von den Platzverfü­gbarkeiten im Verein oder aufgrund fehlender Trainer. In Hardt hören im Sommer zwei von drei Jugendtrai­nern auf, inklusive Schipperge­s. De facto würde es dann nur noch einen Übungsleit­er geben, das stehe der Gründung einer U15 derzeit im Weg. „Es wird schwierig, einen ordentlich­en Trainer zu finden – oder eine Spielerin, die als Co-Trainerin einsteigt“, sagt Schipperge­s.

Vergleichs­weise luxuriös ist indes die Situation beim FV Mönchengla­dbach: Laut Röhrhoff stehen jedem Nachwuchst­eam zwei Trainer zur Verfügung, dazu zwei Torwarttra­iner, einen Fitnesstra­iner und Kooperatio­nen mit externen Anbietern. Trotzdem möchte sich der Verein bei Personal und Abläufen den Nachwuchsb­ereich künftig noch profession­eller aufstellen. Dafür versucht man unter anderem die eigenen Spielerinn­en enger an den Verein zu binden, immerhin absolviere­n derzeit sechs Spielen von der U17 bis zur ersten Mannschaft eine Trainer-C-Lizenz, um sich im Nachwuchs zu engagieren.

„Die Spielerinn­en sind für die Kleinen schon Vorbild“, sagt Röhrhoff. Auf der anderen Seite möchte der Verein dem Nachwuchs aber auch ermögliche­n, sich über den FV für größere Mannschaft­en zu empfehlen – sei es die Borussia oder die SG Essen. „Das ist Teil unserer DNA, Talente zu entwickeln, das gehört dazu“, sagt Röhrhoff.

Vom 2. bis 5. April bietet der FV nun ein Oster-Trainingsl­ager an. Neuwerk will im Sommer zudem ein Nachwuchst­urnier nur für Mädchentea­ms veranstalt­en. An Ideen fehlt es zumindest nicht. Ob das Teilnehmer­feld der Hallenstad­tmeistersc­haft indes künftig wächst, ist fraglich.

„Wer Bock auf Fußball hat, muss weite Wege in Kauf nehmen – oder es bleiben lassen“Nina Schipperge­s Trainerin SC Hardt

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FOTO: HEIKO VAN DER VELDEN Der FV Mönchengla­dbach hat derzeit die meisten weiblichen Jugendmann­schaften in der Stadt.

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