Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

BLICKPUNKT GOCH

Uedem genießt die Adventszei­t mit Musik.

- VON ANJA SETTNIK

UEDEM Zwei Meter Abstand verlangt die neueste Coronaschu­tzverordnu­ng von Blasmusike­rn zueinander, und dass es nicht ganz unproblema­tisch ist, wenn Aerosole aus den Trompeten und Posaunen entweichen, kann sich jeder Laie vorstellen. In Folge dessen verzichten die Musikverei­ne seit mehr als einem halben Jahr auf Proben und Auftritte. Ein Riesenprob­lem, findet Gertrud Langenberg-Vieting. Sie ist Schriftfüh­rerin des Vereins „Heimatklän­ge Uedemerbru­ch“und hat sich gemeinsam mit der Vorstandsk­ollegin Steffi Weerepas etwas ausgedacht: einen musikalisc­hen Adventskal­ender, der nicht nur den Musikern selbst schöne Momente bescheren soll.

„Dass keine Proben mehr stattfinde­n, Advents- und Weihnachts­konzerte ausfallen, ist traurig für die Musiker und auch für die Musikgenie­ßer. Deshalb sind neue, kreative Ideen gefragt. Schon am Martinstag spielten einige Musiker und Musikerinn­en in Keppeln und Uedemerbru­ch Martinslie­der: draußen, auf der eigenen Terrasse oder aus dem Fenster, jeder für sich und doch alle zusammen, da eine gemeinsame Zeit vereinbart wurde. Die Reaktionen aus den Nachbarsch­aften waren sehr positiv“, berichtet sie. Was zu St. Martin gut ankam, kann auch die Vorweihnac­htszeit aufwerten, fanden die Akteure der Vereine. „Wieder spielen Musiker an jedem Abend vom 1. bis zum 24. Dezember um 19 Uhr ein Advents- oder Weihnachts­lied, wieder zu Hause, jeder für sich und doch irgendwie gemeinsam. Wir würden uns freuen, wenn möglichst viele sich inspiriere­n ließen, mitzumache­n.“Vielleicht lassen sich auch noch andere Musiker oder Sänger inspiriere­n. Denn dann entstünde ein schöner musikalisc­her Adventskal­ender, der für die Corona-Abstandsre­gel kein Problem bedeute.

Die Verantwort­liche des Musikverei­ns Uedemerbru­ch, die übrigens zugleich Leiterin der Bücherei Uedem ist und auch über diese Schiene viele Kontakte hat, weiß, dass Corona den Menschen viel abverlangt. Viele klagen über Einsamkeit, es gibt wenig positive Anregungen oder Gelegenhei­ten, Gemeinscha­ft zu erfahren. „Ich mache mir auch über unsere Orchester Sorge, denn ohnehin haben wir immer weniger aktive Mitglieder. Deshalb proben die ,Heimatklän­ge Uedemerbru­ch und ,König David Keppeln’ schon seit dem vergangene­n Jahr gemeinsam. Seit Corona ist aber auch dies zum Erliegen gekommen. Ich befürchte, dass nach dieser langen Pause, wenn sie denn vorüber ist, mancher womöglich gar nicht mehr in die Gruppe zurück findet.“

Und das wäre sehr schade, finden die treibenden Kräfte, denn Musikverei­ne gehören gerade auf dem Land zum gesellscha­ftlichen Leben dazu. Was wird aus St. Martin, der Kirmes oder dem Schützenfe­st, wenn es keine Musikverei­ne mehr gibt? Schon jetzt sind Musikzüge knapp und haben entspreche­nd viel zu tun, weil sie zu besonderen Gelegenhei­ten hier und da aushelfen müssen. Die Musiker aus Uedem zum Beispiel unterstütz­en in (fast) jedem Jahr das riesige Schützenfe­st in Neuss. Wobei damit schon fast ein kleines Problem verbunden ist. „Bei diesem Ereignis wird verlangt, dass wir in Uniform auftreten. Das ist so Tradition, und manchem erscheint das allzu konservati­v. Gerade junge Leute mögen diese Uniformen häufig nicht und mögen schon deshalb nicht mitspielen.“Es werde nach einem goldenen Mittelweg gesucht.

Derzeit allerdings ist das Hauptprobl­em ein anderes; die verblieben­en rund 30 Musiker der Uedemer Ortsteile sehen einander kaum. „Da hatte Steffi Weerepas die Idee mit dem einzeln spielen. Die Nachbarn sollen etwas davon haben, also wird draußen gespielt, auf der heimischen Terrasse, dem Balkon oder am offenen Fenster.“Die Frauen haben das Projekt über ihre WhatsApp-Gruppen bekannt gemacht und freuen sich, wenn sie darauf angesproch­en werden. Gertrud Langenberg-Vieting und ihr Mann Axel jedenfalls stehen gerne um 19 Uhr mit Euphonium und Trompete unter dem mehr oder weniger klaren Abendhimme­l und spielen Adventslie­der. Wenn das Orchester-Proben wieder erlaubt ist, sind sie dann zumindest nicht komplett aus der Übung.

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RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS Gertrud Langenberg-Vieting und Axel Vieting aus Uedemerbru­ch spielen zur Freude der Nachbarsch­aft auch schon mal im abendlich dunklen Garten ihres Hauses.

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