Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Erst der Schokoriegel, dann die Drogen: Lange Haft für Haupttäter
Die Fahnder der Polizei kamen einer kriminellen Bande nach langer Telefonüberwachung und Scheinkäufen auf die Schliche.
KLEVE/EMMERICH (aflo) Zwölf, sieben und fünfeinhalb Jahre Gefängnis sowie der Entzug von über 3,6 Millionen Euro für die beiden Hauptorganisatoren: So lautete am Ende das Urteil gegen zwei 32- und 28-jährige Niederländer sowie einen 30-jährigen Mann aus Nettetal. Nach sieben Verhandlungstagen sah es das Gericht am Ende als erwiesen an, dass die drei bereits vorbestraften Männer zusammen mit zwei weiteren bereits verurteilten niederländischen Komplizen bandenmäßig mit aus China eingeführten Betäubungsmitteln und neuen psychoaktiven Stoffen über das benachbarte Holland Handel getrieben hatten – hauptsächlich nach Deutschland.
Dabei ging es sogar noch über die Anträge der Staatsanwaltschaft Köln hinaus. Der Nettetaler wurde dabei „nur“wegen Beihilfe verurteilt. Bei seinem Urteil berücksichtigte die Kammer, dass die beiden niederländischen Hauptorganisatoren 2014 in Kleve wegen ähnlicher Geschäfte schon zu zehn und sechs Jahren neun Monate Haft verurteilt worden waren. Die Strafe war damals nur abgemildert worden, weil sie danach in die Niederlande überstellt wurden und dort in den offenen Vollzug und unter Bewährung frei kamen.
Der 32-jährige Niederländer habe als „Kopf und Ideengeber“sein vorheriges Konzept spätestens seit dem Juli 2016 „nahtlos und mit weiteren Verbesserungen weitergeführt“, selbst über Bulgarien das Ganze abgewickelt. Sein 28-jähriger Komplize hatte als „Nummer zwei“das Ganze in Holland überwacht, so der Richter. Mit seinem Geständnis habe er sich vor einer „zweistelligen Haftstrafe“bewahrt. Für die Taten war ein Netz aus Scheinfirmen gegründet worden.
Dabei hätte die Bande „den Trick erfunden“, erst die Bestellung via Internet aufgeben zu lassen, dann per Post einen Schokoriegel mit einem Code – auch über Emmerich – zu versenden. Darüber wurde der Betrag gezahlt, das Rauschgift übersandt. Der Nettetaler war dabei an Verpackung und Versand beteiligt, habe gegenüber der Polizei zugegeben, dass er für seine Dienste 1.200 Euro verdiente. „Er hatte also eine recht permanente Tätigkeit als Angestellter in diesem Verbrechersyndikat“, sagte der Richter.
Die Polizei war den Männern über monatelange Telefonüberwachung und über Scheinkäufe auf die Schliche gekommen, hatte den Nettetaler im Juni 2019 an der deutsch-niederländischen Grenze erwischt. Insgesamt waren 33.361 Einzelverkäufe nach Deutschland, neun Sendungen an den Flughäfen Leipzig und Köln, sowie Rauschgift bei Durchsuchungen im niederländischen Almere festgestellt worden.
Der Richter übte in seinem Urteil auch harte Kritik an den Ermittlungen der Kölner Staatsanwaltschaft, die die Anklage vertrat. Sie habe weder in der Anlage noch im Plädoyer ein Wort darüber verloren, über welche Mengen man konkret sprechen kann und welcher Wirkstoffgrad diese Stoffe haben. „Das kann ich nicht im luftleeren Raum lassen“, wurde er deutlich. Man habe sich das mühsam selbst erarbeitet und „zugunsten der Angeklagten Sicherheitsabschläge und Begrenzungen“eingeführt.
Entsprechend wurden bei dem Urteil nur über die über 30.000 Verkäufe nach Deutschland und das Rauschgift berücksichtigt worden. Ein Internetportal wurde ganz fallen gelassen. Seitens der Verteidiger der beiden Männer war zuvor von einer „Breitband-Anklage“ohne konkrete Belege und „Fehlberechnungen“der ermittelnden Beamten die Rede gewesen. Der Anwalt des 32-Jährigen hatte sogar Freispruch gefordert, beim 28-Jährige von stabileren sozialen Verhältnissen in seinem Umfeld gesprochen und eine milde Strafe gefordert.